Anke Engelke und die Medien – das gehört schon immer zusammen. Ihre Karriere begann früh. Als Moderatorin von Kindersendungen, als Chorsängerin, im Radio – seit Ende der 70er Jahre ist die inzwischen 52-Jährige nicht mehr aus der Öffentlichkeit wegzudenken. Ende der 90er Jahre machte sie vor allem mit ihrem komödiantischen Talent bei der „Wochenshow“ auf sich aufmerksam – eine der Rollen, die sie dort gespielt hat – „Ricky“ – ist heute immer noch eines ihrer Markenzeichen. Seither hat sie viele weitere Stationen durchgemacht: Von eigenen Serien, über Late-Night-Formate und Sketchshows bis hin zu Zeichentrick-Synchronisation, bietet Anke Engelke ein breites Spektrum. Längst kann man sie nicht mehr nur auf lustige Rollen reduzieren. In zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen beweist sie immer wieder ihr schauspielerisches Talent, auch in nachdenklichen Rollen. So auch am nächsten Montag, 26. Februar, um 20.15 Uhr, im ZDF. Im Film „Südstadt“ geht es um drei befreundete Paare, die alle mit (Alltags-)Problemen zu kämpfen haben und ihre Beziehungs- und Lebenskonzepte auf den Prüfstand stellen müssen.

Der Film „Südstadt“ spielt in Köln – Ihrer Heimatstadt. Was macht die Stadt zu etwas Besonderem?

Anke Engelke: Ja, Köln ist meine Heimatstadt – die mag ich sehr. Ich bin mit dieser Stadt sehr verbunden und habe sie während des Studiums sehr lieb gewonnen. Ich mag es, dass alles sehr schnell erreichbar ist, und zwar auch ohne Auto. So gut es geht, vermeide ich es, mit dem Auto unterwegs zu sein, das ist ja ökologisch einfach nicht mehr tragbar. Also nutze ich sehr viel die öffentlichen Verkehrsmittel, was hier in Köln total gut funktioniert. Köln hat im Zweiten Weltkrieg leider viel abbekommen und ist deswegen an vielen Stellen sehr hässlich – die Architektur ist manchmal wirklich Grütze. Aber es gibt, wie so oft, auch hier einfach ein schönes Gesamtbild, wo sich alles zusammenfügt. Am Offenbachplatz gibt es einen sehr schönen Schriftzug: „Liebe deine Stadt“ und jedes Mal, wenn ich da vorbei gehe, denke ich: „Ja, das mache ich!“ Dass der Film hier spielt und sich auch so manifestiert im Umgang der Figuren miteinander, finde ich sehr spannend.

Dann können Sie mir bestimmt erklären, warum der Film diesen Titel trägt.

Anke Engelke: Das kann Ihnen Magnus, der Autor, besser beantworten! Der Stadtteil steht für viel Offenheit. Hier ist alles vereint – Jung und Alt, prachtvolle, aufwendig restaurierte Häuser mit unbezahlbaren Mieten treffen auf günstige WG-Wohnungen. Die Südstadt bietet eine große Vielfalt. Und das Wort „Süden“ impliziert das auch: Offenheit, Miteinander. Und genau so ist auch die Gesellschaft hier. Vielleicht ist das der Hintergrund, warum der Film so heißt.

„Südstadt“: Ein Haus, drei Wohnungen und drei Paare, die ihre verschiedenen Beziehungs- und Lebenskonzepte auf den Prüfstand stellen müssen. Saskia (Bettina Lamprecht), Anne (Anke Engelke), Martin (Matthias Matschke). (Foto: Martin Valentin Menke / ZDF)

Die Stimmung des Films ist allerdings oft bedrückend – als Zuschauer möchte man den Charakteren gerne einen Schubs geben. Hat sich diese Beklommenheit auch hinter den Kulissen widergespiegelt?

Anke Engelke: Es gab tatsächlich Situationen beim Dreh, wo wir im Team gespürt haben, dass wir dagegenhalten müssen. Also waren wir, wenn die Kamera gerade nicht lief, besonders zugewandt zueinander – während in der Szene, die wir gerade gespielt hatten, genau das Gegenteil der Fall war. Es war wirklich ein Gemeinschaftsgefühl, das da entstand, und wir haben gemerkt: Die Geschichte ist gerade sehr tragisch und es geht ans Eingemachte, genau deswegen müssen wir im Miteinander etwas freier sein. Manchmal war es aber auch umgekehrt: In eher beschwingten Szenen, wie beispielsweise der Chorprobe, waren wir hinter den Kulissen extrem konzentriert und ruhig.

Im Film spielt das Thema „Arbeitslosigkeit“ eine Rolle – wie beurteilen Sie das persönlich? Wie wichtig ist eine feste Arbeit im Leben?

Anke Engelke: Das ist sehr spannend. Ich habe jetzt gerade in vielen Interviews darüber gesprochen und es kam die Frage auf: Gehen Männer anders damit um, wenn sie ihren Job verlieren? Im Film kann er sich nicht offenbaren, er kann es nicht kommunizieren. Ist das typisch männlich? Würde eine Frau offener damit umgehen? Vielleicht gar nicht vordergründig, um Hilfe zu bekommen, sondern, um sich von der Last zu befreien? Sich erstens einzugestehen, dass es einem nicht gut geht, dass man den Boden unter den Füßen verliert, und zweitens, dass man etwas dagegen tun muss – diese beiden Dinge zu kommunizieren, das fällt wohl vielen Männern schwer. Ich bin ganz vorsichtig mit Geschlechts- und Rollenklischees, aber es hat sich in den letzten Gesprächen so ein wenig gezeigt, dass mit einer solchen Situation ganz unterschiedlich umgegangen wird.

Redakteurin Anne Herder traf sich mit Anke Engelke in Köln. (Foto: privat)

Wie ist es denn bei Ihnen persönlich – in Ihrem Job müssen Sie von Projekt zu Projekt denken, sich immer wieder neu Arbeit verschaffen. Ist das belastend? Oder macht es Spaß?

Anke Engelke: Ich kann nur für mich sprechen und ich empfinde es als das Gegenteil von belastend! Es ist unplanbar und auf die schönste Weise überraschend. Ich kann nicht antizipieren, was als nächstes kommt, und kann mir auch nichts wünschen. Aber ich kann durch meine Arbeit signalisieren, was alles möglich ist, was meine Interessen und Talente sind. Daraus entwickeln sich dann Ideen und Projekte, weil andere Menschen mit anderen Zuständigkeiten in meinem Können ein Potential erkennen. Und ich mag genau das sehr an meinem Beruf: Dass ich die Möglichkeit habe, andere zu überzeugen und mich dadurch weiterzuentwickeln. In vielen anderen Berufen gibt es das nicht, da spielt das Gleichbleibende und Zuverlässige eine größere Rolle – das wäre nichts für mich.

Klar, das ist eine Typfrage. Für Sie ist Ihre Branche also genau das Richtige.

Anke Engelke: Ich glaube, ja. Oder genau umgekehrt: Entweder ich bin die Richtige für den Beruf oder der Beruf ist das Richtige für mich. Das kann man wahrscheinlich erst in der Retrospektive sehen. Man lebt das Leben jetzt, aber man versteht es erst am Ende.

Wie haben Sie es denn geschafft, dem digitalen Trend zu widerstehen?

Anke Engelke: Das kann ich natürlich auch nur für mich selbst beantworten: Ich finde das Leben zu kurz und die Zeit zu wertvoll, um an der Oberfläche zu bleiben. Man erkennt eigentlich leicht, was ein wahrhaftiges Bedürfnis ist und was ein Scheinbedüfnis ist. Und sobald man etwas einmal genauer betrachtet hat, kann man sich selbst fragen: Brauche ich das wirklich? Muss ich das besitzen? Muss ich das trinken? Muss ich mir das anhören? … Und wenn ja, woher kommt dieses „müssen“? Von außen oder von innen? Kommt es wirklich von innen – „Ich muss jetzt einen Schluck Wasser trinken, weil ich Durst habe.“, „Ich muss dieses Buch lesen, weil mich das Thema wirklich interessiert.“ –, dann tue ich es. Das klingt jetzt alles viel ernster, als es eigentlich ist, im Alltag haben diese Gedanken meist eine Leichtigkeit. Ich habe aber einfach für mich festgestellt, dass ich das sehr ernst nehmen muss und auch auf die kleinsten Dinge achten möchte. Sonst wäre mir mein Leben zu oberflächlich.

„Ich liebe meine Stadt“, sagt Anke Engelke. (Foto: hea)