Auf ein Gläschen Wein mit Angelo Kelly

Unter vier Augen: Angelo Kelly über Landauer Engel, Rampensäue und Erziehung

Landau. Gemütlich auf einer Steintreppe sitzend beantwortet Angelo Kelly vollkommen entspannt die Fragen von Yvonne Myszkowski. Nach seinem Konzert bei den 30. Weintagen der Südlichen Weinstraße ist der Musiker, der zusammen mit The Kelly Family 2017 wieder auf Platz 1 der Charts stand, zwar durchgeschwitzt, aber gut gelaunt. „Die Sonne hat mich geschafft“, erklärt er lachend. „Ich komme ja aus Irland. Wir haben keine Sonne. Nur unterschiedliche Variationen von Regen“, schmunzelt er. Schon während seines Konzertes – gemeinsam mit Musiker, Komponist und Multiinstrumentalist Matthias Krauss präsentierte er sein Projekt „Mixtape“ – im Frank-Loebsches-Haus schaffte er es, mit seinem Humor und den Anekdoten, die er zwischen den Songs zum Besten gab, das Publikum zu begeistern. Als Weinliebhaber und -kenner waren die Weintage für Angelo Kelly ein perfektes Ambiente – und er war voll des Lobes für den guten Pfälzer Weißwein.

Wie fandest du es hier in Landau? 

Angelo Kelly: Es hat Spaß gemacht! Es war für mich etwas Außergewöhnliches, denn ich bin zurzeit ja auch nicht mehr oft solo unterwegs. Dieses Projekt mit Matthias haben wir vor zwei, drei Jahren angefangen und hatten kleine Touren. Das war ein Leidenschaftsprojekt von mir. Und wir haben überlegt: Wenn es sich anbietet, dann versuchen wir hier und da einen kleinen Teil davon zu spielen. Und hier in Landau kam die Anfrage von der Südlichen Weinstraße. Sie fanden das Projekt toll und wir haben uns gefreut. Man passt sich an als Künstler. Das ist erstmal ein ganz anderer Rahmen in diesem fantastischen Innenhof. Es ist ein wundervolles altes Gebäude, auch geschichtlich geprägt – und dann diese ganzen Engel! Das war total unerwartet, ich wusste das bis vor dem Auftritt nicht, aber ich fand es direkt toll.  Da mussten wir ja quasi „An Angel“ spielen! (lacht) Die Leute waren sehr offen und das Publikum war bunt durchmischt. Ein paar Fans haben davon Wind bekommen, was völlig in Ordnung und superschön ist, aber letztlich war dieser Auftritt ja mehr für Fachpublikum, für Wein-Interessierte. Alles in allem war es ein tolles Publikum und es hat viel Spaß gemacht, hier zu spielen.

Yvonne Myszkowski traf Angelo Kelly bei den Weintagen der Südlichen Weinstraße und stieß mit ihm an. (Foto: mysz)

Ihr hattet gerade jetzt im Mai die Westfalenhalle dreimal randvoll – jetzt hast du in wirklich kleinem Rahmen gespielt. Wie empfindest du es, von einer so riesigen Halle zu einem so kleinen Event zu wechseln? 

Angelo Kelly: Das hier war ja nicht richtig öffentlich und im Verkauf, daher blieb es eher intim. Und das zu erleben, finde ich immer einen tollen Kontrast. Ich mag es, wenn man die Gesichter der Leute direkt vor sich sehen kann. Es ist manchmal auch ein bisschen krass, dass man wirklich jede Bewegung und jedes Flüstern mitkriegt, aber das ist wichtig und gehört dazu. In der Westfalenhalle mit meiner Familie zu spielen: ein Traum! Unbeschreiblich. Aber alles hat seine Berechtigung – am besten wechselt man zwischen großen und kleinen Events, damit man einfach gewisse Dinge nicht vergisst und auf dem Boden bleibt.

Das Album der Kelly Family ging ja in den Charts direkt auf Platz 1. Habt ihr damit gerechnet? 

Angelo Kelly: Man konnte damit gar nicht rechnen, denn das ist schon schwierig. Es kommen ja jede Woche neue Alben raus und die Konkurrenz ist immer enorm. Es gab einen Hip-Hop-Künstler aus Hamburg – Maxwell – der sein Debutalbum zeitgleich raus brachte  und da war der Vorlauf sehr groß, er hat eine große Fanbase. Es sah nicht so aus, als ob wir Platz 1 schaffen könnten. Aber dann haben wir in den letzten zwei Tagen dieser Woche so aufgeholt, dass wir doch die 1 geschafft haben. Und das war sensationell! Es war das erste Mal seit 1997 so, also genau 20 Jähre später. Das nimmt man nicht für selbstverständlich! Es ist eine große Gnade, so etwas zweimal erleben zu dürfen.

Du bist mit deiner eigenen Familie, deiner Frau und deinen Kindern, auf der Bühne und deine Kinder sind alle wahnsinnig musikalisch. Hast du sie bewusst so erzogen? 

Angelo Kelly: Sie wachsen in einem musikalischen Haushalt auf: Papa macht Musik und meine Frau macht auch Musik und schreibt gerne Songs, auch für sich selbst. Und wenn wir keine Musik aktiv machen, dann läuft bei uns Zuhause immer Musik. Wenn Leute zu uns zu Besuch kommen, sind manche ab und zu genervt, weil ich auch während des Essens Musik anhabe. Aber ich finde einfach, Musik ist so etwas Wichtiges! Und Musik zu hören ist genauso wichtig wie Musik zu machen, denn Musik zu hören, bedeutet, Musik zu verstehen. Sie zu entdecken, sie wirken lassen, das ist wichtig. Und dabei ist es egal, ob das Jazz, Klassik, Pop oder Rock ist – bei uns läuft alles! Und ich glaube, das prägt auch meine Kinder.

Du warst mit den Kindern und deiner Frau auch auf Europa-Tour im Bus unterwegs. War das nicht sehr anstrengend?

Angelo Kelly: In der Zeit war das super. Wir hatten damals erst drei Kinder, später kam das vierte dazu, aber das war dann ja noch ein Baby. Und wir hatten einen großen, alten Bus. Diese drei Jahre, in denen wir in diesem Bus Zuhause waren und gereist sind, waren sehr besonders und ich würde sie für nichts in der Welt missen wollen. Aber es hatte auch ein Ablaufdatum. Irgendwann wurden die Kinder größer, wollten ihr eigenes Zimmer und wollten auch wissen, wo sie Zuhause sind. Und darauf haben wir reagiert und wollten einen Ort und ein Haus finden und sind dann nach Irland gezogen. Wir sind jetzt seit vier Jahren dort und fühlen uns sehr wohl. Aber als wir jetzt in Dortmund waren, habe ich nicht im Fünfsternehotel geschlafen, sondern in unserem alten Bus, der hinter der Halle stand. Da waren wir dann nach den Konzerten drei, vier Wochen unterwegs, haben z. B. Freunde in Dänemark besucht – und es war zwar echt schön, aber auf Dauer mit fünf Kindern, die teilweise schon recht groß sind, nicht mehr machbar.

Was würdest du tun, wenn eines deiner Kinder heute sagt: „Ich will was ganz Reguliertes, will einen Bürojob von 9 bis 17 Uhr und werde Sachbearbeiter und kein Künstler!“

Angelo Kelly: Dann ist das so! Aber bis sie auf eigenen Beinen stehen, müssen meine Frau und ich auf sie achten, auf ihre Wünsche und ihre Sorgen – aber wir müssen letztendlich auch für sie entscheiden. Ich glaube, wenn man zuviel auf die Kinder hört, dann tut man ihnen nicht Unbedingt etwas Gutes. Wenn ein Kind etwa ganz viel Süßigkeiten haben will statt Obst und Gemüse, dann ist das nicht das Beste für das Kind. Letzten Endes bin ich als Elternteil dafür verantwortlich, welches Fundament meine Kinder für ihr späteres Leben haben werden.

Egal ob am Schlagzeug oder an der Gitarre: Angelo Kelly ist mit Herzblut bei der Sache. (Foto: Angelo Kelly)

Deine Tochter Emma steht ja oft auf der Bühne, singt auch „An Angel“ – und man sieht ihr richtig an, dass ihr das Spaß macht. 

Angelo Kelly: Total. Aber Helen hat auch sehr viel Spaß, bei ihr kommt das nur nicht so rüber! Sie singt den ganzen Tag und ist extrem musikalisch und kreativ, aber sie hat eine gewisse Schüchternheit, ähnlich wie ihre Mutter. Und dadurch wirkt sie oft etwas desinteressiert, ist das aber nicht.

Deine Frau ist extrem musikalisch, aber auf der Bühne selten im Vordergrund. 

Angelo Kelly: Ich finde das ganz reizvoll, wenn jemand auch zurückhaltend ist. Ich versuche, meinen Kindern musikalisch etwas beizubringen, aber ich sage ihnen nicht, wie sie sich hinstellen sollen oder dass sie dauernd lächeln müssen. Wir machen keine Übungen vorm Spiegel, um für die Bühne zu proben – so was gibt es nicht bei mir! Ich gehe da gern das Risiko ein, dass Leute ein falsches Bild bekommen oder denken, dieses Kind hat keinen Spaß. Aber das Risiko gehe ich gerne ein. Es ist auch für mich spannend, zu sehen, wo die Reise hingeht. Auch meine Frau ist eine Person, die sonst niemals auf die Bühne gehen würde, aber  ich finde, es gibt viel zu viele Leute – wahrscheinlich gehöre ich auch zu denen! – die immer auf die Bühne wollen und das ist auch anstrengend. Gerade die Leute, die  nicht auf die Bühne wollen, gehören da manchmal einfach hin! Die Bühnenkunst sollte die Gesellschaft widerspiegeln und wenn die Gesellschaft nur durch Egos und Rampensäue repräsentiert wird, ist das ja nicht das volle Bild.

Was erwartet deine Fans denn in nächster Zeit?

Angelo Kelly: Ich bin mit meinen Geschwistern sehr busy, auch wenn unsere Tour erst von Januar bis April 2018 stattfinden wird. Aber ich arbeite viel hinter den Kulissen. Eine DVD wird produziert, dann haben wir viele TV-Auftritte und viel Planung für die Tour. Ich will aber auch selber an einem neuen Album arbeiten, das eventuell nächstes Jahr erscheinen könnte – mal sehen. Aber bis das konkret wird, dauert es noch ein bisschen. Aber als Künstler schaut man ja immer voraus. Ich fände es reizvoll, mit meiner Frau und den Kids ein neues Album aufzunehmen und da werden wir jetzt im Sommer viel dran arbeiten.

Sind deine Kinder mit dabei, wenn du nächstes Jahr mit The Kelly Family auf Tour gehst? 

Angelo Kelly: Zumindest teilweise! In Dortmund waren sie dabei, weil es einfach ein schönes Erlebnis war. Wie es 2018 aussieht, müssen wir schauen. Ich fliege auf jeden Fall zwischendurch nach Hause und alles weitere wird sich ergeben.