Wörth. Fast genau 25 Jahre ist es her, dass ein paar Berliner Frauen in einer Pressekonferenz ihre Idee vorstellten, wie sie Obdachlosen und Bedürftigen in Deutschland gerne helfen würden: Aus dem Gedanken, Lebensmittel einzusammeln, die nach den Gesetzen der Marktlogik „überschüssig“ sind, und diese an bedürftige Menschen und soziale Einrichtungen weiterzugeben, entstand die erste Tafel Deutschlands. Das Konzept hat sich schnell in ganz Deutschland ausgebreitet, heute gibt es 934 Tafeln mit mehr als 2.100 Läden und Ausgabestellen. Auch in der Südpfalz können Bedürftige Tafeln für ein Zubrot zu ihrer Grundversorgung besuchen. Die älteste und größte der Tafeln in der Region findet man in Wörth, sie ist außerdem das logistische Zentrum der Tafelverbunds Vorderpfalz-Süd. Der Vorsitzende des Wörther Tafelvereins, Thomas Stuhlik, hat die Tafel in Wörth 2005 ins Leben gerufen und seither immer wieder mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Aber trotz aller Schwierigkeiten, trotz des riesigen Aufwands, der großen Verantwortung – die Leidenschaft und die Überzeugung hinter seinem Engagement hat er nie verloren.

Thomas Stuhlik hat die Tafel in Wörth 2005 ins Leben gerufen. (Foto: hea)

Vor wenigen Wochen, war die Essener Tafel groß in den Medien, weil der Vorstand dort wegen vieler, Streitigkeiten bei der Ausgabe kurzzeitig Ausländer vom Angebot der Tafel dort ausgeschlossen hat. Und auch die Landauer Tafel war vor kurzem im Fokus der Medien. Ein Foto, das in den Sozialen Medien kursierte, sorgte für Aufsehen. Beide Angelegenheiten sind inzwischen geklärt, die Wogen haben sich geglättet und die Tafeln können ihren guten Zweck weiter verfolgen. „Es brodelt in der Tafellandschaft“ ist in einer von Thomas Stuhlik verfassten Stellungnahme zum „Fall Essen“ zu lesen. Aber er stellt gleich klar: Auch wenn die Entscheidung, Ausländer von der Essenausgabe auszuschließen, unglücklich zum Ausdruck kam, sei es nicht angebracht, über die Essener Tafel zu urteilen und Ratschläge zu geben.

Natürlich habe es auch in Wörth schon Situationen gegeben, wo gedrängelt oder gestritten wurde. „Wir sind ein Auffangbecken für die Armen“, Menschen unterschiedlichster Herkunft, die aus verschiedensten Lebenssituationen kommen zu den Ausgabestellen. Manche haben ihr Leben lang nichts anderes kennengelernt, als um ihr Überleben zu kämpfen, andere waren es gewohnt, sich immer selbst versorgen zu können, und sind nun auf die Unterstützung von Fremden angewiesen – sie alle vereint aber ihre Bedürftigkeit. „Nachdem der Andrang seit Ende 2015 wirklich stark zugenommen hat, haben wir einen Türsteher eingesetzt. Jeder unserer Nutzer – ich nenne sie bewusst nicht Kunden! – bekommt eine Nummer und wir rufen immer nur ein paar auf“, erklärt Stuhlik das System. So werden Drängeleien vermieden und jeder bekommt die Chance, in Ruhe durch die Gänge mit Lebensmitteln zu gehen. Die Helfer an der Ausgabe sind gut geschult, sie wissen genau, wie viel sie jedem ausgeben können, damit auch der Letzte in der Reihe noch etwas abbekommt.

120 Ehrenamtliche packen in Wörth regelmäßig mit an. (Foto: hea)

Bei der Tafel in Wörth geht es aber nicht nur um Lebenmittelverteilung: Hier bekommen Bedürftige auch Kleidung, Spielsachen, es gibt eine Möbelbörse und ein Café. Die Tafel ist hier ein sozialer Treffpunkt, wo man auch Unterstützung bei Behördengängen bekommt, wo es sogar das Angebot eines Fahrdienstes gibt für diejenigen, die es selbst nicht schaffen, zur Tafel zu kommen.

Dankbarkeit erlebt Stuhlik hier deswegen sehr oft – seien es die Flüchtlinge, die ohne Zögern mit anpacken, wenn ein großer LKW mit Wasserkanistern angeliefert wird, oder die Rentnerin, die den Helfern mit Tränen in den Augen berichtet, noch nie so ein gutes Stück Fleisch gegessen zu haben.

Wenn man sieht, welch enormer Aufwand, welch riesige logistische Struktur und wie viele ehrenamtliche Arbeitsstunden hinter den Tafeln stecken, muss eines immer ganz klar sein: Das wichtigste und oberste Ziel der Tafeln und aller Menschen, die dort mit anpacken, ist es, armen Menschen zu helfen – und zwar ganz selbstlos und mit viel Engagement. Wer Tafeln in ein schlechtes Licht rücken will, sei es durch die Verbreitung von Fotos im Netz, die suggerieren sollen, dass die Spenden nicht bei den „Richtigen“ ankämen, oder durch Kritik, Randale oder Ähnliches, hat diese Maxime nicht verstanden. (hea)