Das Team von „Bares für Rares“: Walter Lehnertz, Susanne Steiger, Horst Lichter, Ludwig Hofmeier, Fabian Kahl, Daniel Meyer und Markus Wildhagen (von links). (Foto: ZDF/Frank W. Hempel)

 

Wie kommt man denn zu einer Sendung wie „Bares für Rares“?

Susanne Steiger: Ich bin seit zehn Jahren selbständig und habe mich auf den Ankauf von Diamanten, Art déco- und Biedermeierschmuck spezialisiert. In den ersten sieben Jahren meiner Selbständigkeit habe ich mir einen ganz guten Namen gemacht, besonders hier im Rheinland. Ich hatte von Anfang an viele Kölner Kunden, aber auch von weiter weg, die gerne zu mir in meinen kleinen Laden nach Kerpen kamen, um ihren Schmuck zu verkaufen. Meine sehr fairen Preise sprachen sich relativ schnell rum. Die Produktionsfirma Eyeworks (heute Warner Bros. ITVP Deutschland) suchte 2013 für das Format „Bares für Rares“ eine Händlerin und hat mich gecastet. So bin ich zu “Bares für Rares” gekommen.

Ich schaue die Sendung täglich – gibt es da ein Drehbuch oder sind die Gespräche gescriptet?

Susanne Steiger: Nein, es gibt kein Drehbuch. Es läuft genau so, wie es in der Sendung gezeigt wird. Verkäufer und Händler sehen sich tatsächlich zum ersten Mal, wenn das Produkt verkauft bzw. versteigert werden soll. Es gibt zudem eine strikte Trennung zwischen den Experten und den Händlern. Wie die Raritäten eingeschätzt werden, erfahren wir nicht.

Ärgern Sie sich, wenn Sie beim Anschauen einer Sendung sehen, dass ein Experte etwas viel niedriger bewertet hat als das, was Sie dafür bezahlt haben?

Susanne Steiger: Bewertung ist immer ein Stück individuell. Ich weiß sehr gut, was ich verkaufen kann, was meine Kunden suchen. So weiß ich, wie viel ich beim Einkauf bezahlen kann. Ich ärgere mich nicht, wenn Sachen niedriger geschätzt werden, ich freue mich eher für den Verkäufer.

Die Kaufabwicklungen, die im Fernsehen zu sehen sind, sind also real? Entscheiden Sie ganz unabhängig, was Sie mitnehmen?

Susanne Steiger: Ja, das ist mein Geld und meine Entscheidung. Auch deswegen überlegt man genau, wie viel man für etwas ausgeben will. Wenn ich weiß, das Stück liegt länger oder verkauft sich schlecht, bin ich dementsprechend vorsichtig.

Wie läuft denn so ein Drehtag ab?

Ein Drehtag beginnt für mich in der Maske und dann geht es auch schon in den Händlerraum, wo wir Händler mit Spannung die Verkäufer und deren Raritäten erwarten. Besonders schön ist es, wenn die Verkäufer den Händlerraum abschließend mit einem Lächeln verlassen. Zudem ist das Team am Set sehr groß, wir haben immer viel Spaß miteinander und freuen uns jeden Tag aufs Neue uns zu sehen.

Susanne Steiger ist auch als Springreiterin auf Turnieren unterwegs. (Foto: privat)

Sind Sie im Auswahlprozess involviert? Sehen Sie, was alles zum Verkauf angeboten wird?

Susanne Steiger: Nein, die Verkäufer müssen sich vorher mit ihren Gegenständen bewerben und werden redaktionell ausgewählt. Stellen Sie sich mal vor, wir hätten nur Ringe in einer Sendung – das wäre ja langweilig! So bringt einer eine Vase mit, der nächste ein Bild, der dritte Schmuck und so weiter.

Kaufen Sie auch manchmal etwas, nur weil es ihnen persönlich gefällt?

Susanne Steiger: Ich glaube, ich habe einen ganz guten Geschmack, wenn man das so sagen kann. Das bestätigen mir meine Kunden immer wieder. Ich kaufe nur das, was mir gefällt. Wenn mir was nicht gefällt, kann ich es auch nicht verkaufen, da ich nicht dahinterstehe.

Hat sich seit der Zeit bei „Bares für Rares“ etwas verändert? Merken Sie einen Effekt, weil Sie ja mehr Publikum haben?

Susanne Steiger: Natürlich ist ein großes Kompliment, wenn Leute einen bewundern und sich freuen, einen zu sehen, wenn sie in den Laden kommen. Ich freue mich immer eine schöne Widmung zu schreiben.

Ihr Leben an sich hat sich aber nicht besonders verändert? Sie wirken sehr bodenständig.

Susanne Steiger: Das soll auch so bleiben (lacht). Für mich privat hat sich wenig geändert. Und das ist gut so.

Waldi, Sie, Wolfgang, Fabian und Lucki – Sie machen das alle schon recht lange. Hat man da auch abseits der Kamera viel miteinander zu tun?

Susanne Steiger: Ich habe guten Kontakt zu Waldi. Ihn kann man nachts anrufen, wenn die Hütte brennt. Tatsächlich habe ich das schon gemacht, als ich Wasser im Keller hatte und nicht wusste, was ich tun soll. Und kurz darauf stand er da um mir zu helfen! Er ist immer für einen da, hat eine raue Schale, aber einen sehr weichen Kern.

Bares für Rares läuft seit Jahren sehr erfolgreich – und es scheint, dass die Sendung immer erfolgreicher wird.

Susanne Steiger: Der Trend geht sehr positiv nach oben! Wir wachsen jeden Tag und das Team ist auch sehr stolz drauf. Anfangs waren wir ein sehr kleines Team. Es ist wirklich schön, heute dieses riesige Kollegium zu sehen und sagen zu können: „Ich habe einen Teil zu dieser Entwicklung beigetragen!“. Antiquitäten waren eine Zeitlang sehr verpönt – oder zumindest nicht mehr in. Mit der Sendung sieht man die wachsende Begeisterung in allen Altersschichten. Gerade junge Zuschauer beginnen sich wieder für die Geschichte dieser Stücke zu interessieren. Wenn ich eine schöne antike Truhe sehe, dann finde ich es wahnsinnig spannend, mir zu überlegen, wo die schon überall stand und was dieser Gegenstand schon alles mitgemacht hat.

Manchmal ist es aber auch schade, zu sehen, wie ein Stück, das seit Generationen in einer Familie war, verkauft werden muss.

Susanne Steiger: Da leiden auch wir ein bisschen mit. Manchmal gibt es diese Situationen. Wir versuchen das so gut es geht abzufangen und den Menschen ein gutes Gefühl dabei zu geben. Wir sind uns sehr bewusst, dass der Verkauf für sie ein schwerer Gang ist. Den Menschen sehen, das ist uns wichtig. Nicht nur den Gegenstand und seinen Wert.

Markus Eisel traf Susanne Steiger. (Foto: privat)

Woher kommt denn ihre Affinität zum Schmuck?

Susanne Steiger: Da muss ich jetzt ganz weit ausholen: Mein Vater war fasziniert vom Beruf des Pfandleihers. Er hat seinen ursprünglichen Beruf an den Nagel gehängt und vor etwa 14 Jahren ein Pfandhaus in Aachen eröffnet. Früher, in seinen jungen Jahren, war er auch schon Antiquitätenhändler. Ich hatte gerade mein Abi gemacht und war in der Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Weil meine Mutter sagte, ich solle etwas Anständiges lernen. Und dieser Beruf sei das Richtige, wenn man später selbstständig arbeiten möchte. Ursprünglich hatte ich andere Pläne, studieren gehen, in die Welt hinaus. Aber ich blieb dann doch in Köln und habe diese Ausbildung gemacht. Danach kam die Frage: „Und nun?“ Da ich meinem Vater schon immer ausgeholfen hatte und er so tolle Sachen im Laden hatte, lag der Gedanke nahe, bei ihm zu arbeiten. Ich war wirklich gerne dort, doch fand es immer wahnsinnig schade, dass so tolle Sachen dort lagen, die dann eingeschmolzen wurden. Mein Vater sagte zu mir: „Wenn du mal deinen eigenen Laden hast kannst du behalten und verkaufen, was du willst.“ Im April war ich dann mit der Ausbildung fertig und habe das Geld von meinen Jobs – ich habe immer nebenbei gekellnert – gespart und im August meinen ersten eigenen kleinen Laden eröffnet. Diesen Laden habe ich heute noch.

Gestalten Sie Schmuck auch selbst?

Susanne Steiger: Ja, ich entwerfe die Stücke und habe einen angestellten Goldschmiedemeister, der die Anfertigungen für meine zwei Geschäfte umsetzt. Meinen zweiten Laden wollte ich unbedingt haben, bevor ich 30 werde. Das habe ich geschafft.

Wo sehen Sie sich selbst in zehn Jahren, auch was die Sendung anbelangt?

Ich genieße das Hier und Jetzt. Natürlich würde es mich freuen, wenn wir noch lange diese Beliebtheit genießen dürfen.

Ich finde es schön, dass die Besetzung immer wechselt – man schaut sich so auch nie satt.

Susanne Steiger: Ja, und dabei darf man nicht vergessen: Wir sind wirkliche Händler und keine Schauspieler. Würden wir immer Drehen kämen die eigenen Läden etwas zu kurz.

Für Laien ist es immer wieder beeindruckend, wie Sie einfach durch eine Lupe schauen und dann den Karatgehalt eines Schmuckstücks erkennen!

Susanne Steiger: Die Karatanzahl kann ich nicht wirklich sehen, aber ich sehe den Durchmesser des Steines und kann in etwa abschätzen, wie groß er ist. Mit der Lupe schaue ich mir an, wie der Stein von innen beschaffen ist, wie seine Reinheit ist, wie die Facetten geschliffen sind. Aber das ist kein Hexenwerk! Ich könnte Ihnen das innerhalb eines Tages erklären und dann würden Sie auch die ersten Dinge erkennen.

Wie ist denn die Resonanz im Social Media-Bereich auf die immer populärer werdende Sendung?

Susanne Steiger: Facebook nutze ich natürlich und ich freue mich immer über neue Fans. Dennoch führe ich lieber das persönliche Gespräch. Dieser direkte Kontakt ist mein eigener Qualitätsstandard und den möchte ich mir erhalten. Ich bekomme auch ganz viele Mails. Es ist eine Herausforderung, diese alle persönlich zu beantworten. Das gelingt mir leider nicht immer. (eis)

Die Schmuckhändlerin hat seit vielen Jahren ihren eigenen Laden. (Foto: privat)