Mainz. Frauen regier‘n die Welt – Roger Cicero war der erste Sänger, der aussprach, was viele Männer insgeheim schon lange vermutet haben. Mit seinem Hit brachte er Jazz in die Charts – und zwar deutschen Jazz.

Der 44-Jährige, der zuletzt im TV-Format „Sing meinen Song“ für jede Menge emotionale Momente sorgte, ist seit dem 24. September wieder auf Tour. Zum Tourauftakt in Mainz nahm sich der Mann mit dem Hut Zeit für ein Gespräch mit Yvonne Vollmer und Regina Teutschländer vom PFALZ-ECHO und verriet so einiges über seine Zeit in Südafrika und sein Leben auf Tour.

Haben Sie sich gut in Mainz eingefunden?
Roger Cicero: Ja, absolut. Vor allem hab ich mich gut in die Halle eingefunden, in der wir momentan mit dem Set proben. Aber wenn ich in so einer Arbeitsphase stecke, habe ich nie groß Zeit, durch die Städte zu schlendern.

Wie sieht denn so ein typischer Tourtag bei Ihnen aus?
Roger Cicero: Der ist extrem durchstrukturiert. Als freischaffender Künstler habe ich keine geregelten Arbeitszeiten wenn ich zu Hause bin. Da ist dann jeder Tag anders. Vieles ergibt sich einfach. Auf Tournee habe ich einen strukturierteren Tag als ein Bankangestellter, glaube ich (lacht). Ich versuche, möglichst lange zu schlafen, denn ich komme meistens ja erst gegen 4 Uhr ins Bett. Dann wird die Yogamatte ausgerollt und ich mache anderthalb Stunden Poweryoga. Das ist einerseits sehr schweißtreibend, aber es gibt mir auch sehr, sehr viel Energie. Danach geht’s in die Halle und es gibt ein herrlich vegetarisches Essen bevor der Soundcheck beginnt. Ich esse auf jeden Fall vor dem Soundcheck, denn bis zur Show ist es ja noch eine Weile hin und ich singe nicht gerne mit vollem Magen. Nach dem Soundcheck kommen wir alle ein bisschen runter, kurz vor der Show mache ich gerne einen Handstand, der mich total wach macht. Dann geht’s endlich auf die Bühne und für über zwei Stunden geben wir alles. Nach der Autogrammstunde fahren wir in die nächste Stadt, wo dann wieder alles von vorne losgeht – und täglich grüßt das Murmeltier (lacht).

Sie haben also gar keine Zeit, sich die Städte anzuschauen, in denen Sie unterwegs sind?
Roger Cicero: Das passiert eigentlich nur an off-days, zum Beispiel vor dem Mannheim-Konzert. Dann schaue ich mir die Stadt an, gehe shoppen. Aber natürlich gibt es auch Tage, an denen ich es nicht aus dem Hotel raus schaffe und einfach mal einen Tag auf der Couch verbringe.

Gregor Meyle ist Special Guest auf Ihrer Tour. Wie kam es dazu und was erwartet die Besucher der Konzerte?
Roger Cicero: Er hat mich in Südafrika bei „Sing meinen Song“ gefragt, ob er an ein paar Terminen dabei sein könnte, ob ich mir das vorstellen könnte. Und ich sagte, klar, aber warum spielst du nicht gleich die ganze Tour mit! Und da hat er kurz geschaut – er spielt ja eigentlich immer! Bei dem Mann kann man gar nicht von Tourneen sprechen, das ist quasi ein Dauerzustand bei ihm (grinst). Und jetzt ist er bei 17 Terminen dabei.

Was schätzen Sie am meisten an ihm als Musiker und als Person?
Roger Cicero: Gregor ist einfach wirklich ein unglaublich lieber Kerl. Und ein sehr herzlicher Mensch, ein totaler Genussmensch. Das merkt man immer dann, wenn er vorm Herd steht. Ich kann mir gut vorstellen, dass er in Urlaub fährt und von morgens bis abends mit Kochen und essen beschäftigt ist – und dabei superglücklich ist! Und er ist ein toller Songwriter mit einer großen Intensität beim Singen.

Welcher Moment bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ in Südafrika war für Sie persönlich der bewegendste, und warum?
Roger Cicero: Es gab so viele bewegende Momente. Ich muss sagen, für mich war dieses ganze Projekt ein einziger bewegender Moment! Nicht, weil da jemand mein Lied singt, sondern weil man die Kollegen so intensiv kennenlernen durfte. Natürlich kannte ich den einen oder anderen von gelegentlichen eher zufälligen Treffen. In Südafrika waren wir eine Weile sehr eng aufeinander und haben uns natürlich sehr viel ausgetauscht. Und das sind ja alles Kollegen, die sehr erfolgreich sind mit dem, was sie tun. Und gleichzeitig hätten wir nicht unterschiedlicher sein können! Ich geh‘ zum Beispiel total anders an die Sache ran als jeder, der da auf der Couch saß. Aber es funktioniert trotzdem alles. Und das war für mich wirklich bewegend: zu sehen, wie unterschiedlich wir alle sind, aber wie gut es auch harmoniert.

Wenn die Songs dort geprobt wurden, geschah das dann wirklich hinter geschlossenen Türen oder konnte man doch mal bei den anderen vorab reinhören?
Roger Cicero: Es wurde großer Wert darauf gelegt, dass keiner die Version des anderen vorher gehört hat, um auch diese Überraschungsmomente auf der Couch nicht zu schmälern. Und das wurde wirklich sehr ernst genommen! Wenn wir einen Soundcheck vor Ort hatten und sich was verzögert hat – man selbst also ein paar Minuten zu früh irgendwo aufgetaucht ist –, sind einem gleich fünf Leute entgegen gestürmt wie beim Rugby und haben einen fast umgeworfen „Du musst jetzt gehen! Weg hier! Schnell!“ Das hat teilweise echt dubiose Züge angenommen. (lacht)

Redakteurin Yvonne Vollmer traf Roger Cicero zum Tourauftakt.(Foto: teu)

Sie kokettieren in Ihren Texten mit dem Macho-Image – und sind dann beim nächsten Song der Frauenversteher. Sind Sie gern ein bisschen Macho?
Roger Cicero: Ich glaube, dieser Zwiespalt wohnt in jedem Mann. Jeder Mann hat beide Seiten in sich, nur unterschiedlich ausgeprägt. Ich denke, beide Seiten können wunderbar in Koexistenz miteinander auskommen. Konzeptionell wollten wir einfach Texte und Musik für Erwachsene machen. Es ist ein erwachsener Stil in einem erwachsenen Look. Ja, das war der Hintergedanke.

Ihr Vater war Jazz-Pianist, Ihre Mutter Tänzerin. Ist es einfacher, Berufsmusiker zu werden, wenn man in einer Künstlerfamilie aufwächst oder hat Ihr Vater auch gesagt „Komm, werd‘ doch lieber Anwalt oder Bankangestellter“?
Roger Cicero: Mein Vater hat auch immer gesagt, ich solle doch lieber Rechtsanwalt werden! Das war allerdings auch nicht völlig uneigennützig. Mein Vater war eher der klassische Künstler. Er war am Klavier sehr strukturiert, aber sobald er vom Klavier aufgestanden ist, war er der chaotischste Mensch überhaupt. Und das war seine große Schwäche. Außerdem wollte er immer alles in eigenen Händen haben und dachte sich „Super, mein Sohn, du wirst Rechtsanwalt und regelst alles für mich, denn dir vertraue ich ja!“ Aber als ich mich dann entschieden hab‘, hat er mich mein komplettes Studium über unterstützt. Allerdings hat er am Tag meines Endexamens auch sofort die Zahlung eingestellt (lacht). So, Studium ist vorbei und jetzt viel Spaß.  Das war schon herrlich (grinst): Studium vorbei, Dauerauftrag beendet.

Wie kam es dazu, dass Sie Deutsch singen? Das ist beim Jazz ja nicht gerade Standard.
Roger Cicero: Ja, richtig. Genau das war der Grundgedanke: weg vom Standard . Ich habe vor meinem ersten Album „Männersachen“ fast nur auf Englisch gesungen. Dann habe ich mein heutiges Management kennengelernt und wir haben die Köpfe zusammengesteckt und so wurde die Idee dann gemeinsam schnell geboren.

Wenn Sie sich jemanden aussuchen könnten, mit dem Sie mal auf der Bühne stehen können – wer wäre das?
Roger Cicero:  Stevie Wonder.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?
Roger Cicero: In meiner Freizeit bin ich gerne drei bis vier Mal die Woche auf der Yogamatte. Ich gehe vorzugsweise in einen Kurs, nur wenn es gar nicht anders geht mache ich es auch mal alleine im Hotelzimmer. Und auf Tour habe ich meinen Yogalehrer dabei, das ist ein großes Glück (lacht).

Sie kommen ja viel in der Welt rum. Wo fühlen Sie sich am wohlsten?
Roger Cicero: Ich fühle mich in Hamburg sehr wohl. Hamburg ist mein Ruhepol. Trotz zwei Millionen Einwohnern ist alles übersichtlich. Wohlfühlen muss aber gar nicht an Orte gekoppelt sein, es geht auch um Menschen, die einem dieses Gefühl vermitteln, manchmal ist es auch einfach die innere Haltung.

Kennen Sie die Pfalz denn? Was mögen Sie an dieser Region?
Roger Cicero: Ich verbinde vor allem die schöne Natur damit. Die Pfalz hat diese Weite, die ich so schätze. Hier kann ich zur Ruhe kommen und das tut mir einfach gut.