Herr Heine, wie kamen Sie denn zum Rätselmachen?

Stefan Heine: Durch Zufall. Ich hatte 1994 ein Marktforschungsinstitut in Hamburg und die Mutter meines Geschäftspartners schrieb damals einen kleinen Kummerkasten für ein Anzeigenblatt und wollte nach sieben Jahren damit aufhören. Beim Grillen hat sie das erzählt und ich habe mir das mal angeguckt und fand das so nett. Ich dachte mir, das könnte man doch anderen Zeitungen und Zeitschriften als Rubrik anbieten. Wir haben das einfach mal probiert und haben 700 Anzeigenblätter angeschrieben und waren dann ganz erstaunt, dass uns tatsächlich jemand gebucht hat. Meine Freundin hatte dann die Idee, Horoskope zu schreiben und ebenfalls anzubieten. Gemeinsam haben wir überlegt, was man Zeitungen und Zeitschriften noch alles anbieten kann wie beispielsweise Comics oder Fernsehprogramme. Da waren natürlich Rätsel genauso naheliegend und so habe ich angefangen, mich damit zu befassen, und gelernt, Rätsel zu machen – und die Rätsel sind geblieben!

Seit wann entwickeln Sie denn Rätsel?

Stefan Heine: Seit 1995.

Haben Sie mittlerweile Mitarbeiter?

Stefan Heine: Ja, mich unterstützen derzeit vier Mitarbeiter.

Wie viele Rätselsorten gibt es denn?

Stefan Heine: Rätselsorten, ist schwer zu sagen. Allein vom Sudoku gibt es 250 Varianten. Gerade die Welt der logischen Rätsel – und Sudoku ist ein logisches Rätsel – ist schon riesig. Wenn man alle Varianten mitzählt, ist das auf jeden Fall vierstellig.

Und wie viele kreieren Sie?

Stefan Heine: Wir haben so 120 Arten im Programm.

Was hat sich denn beim Rätselerfinden geändert im Laufe der Zeit?

Stefan Heine: Man hat beim Rätselerfinden nicht mehr so viel Handarbeit wie früher. 1995 musste ich noch für das normale Kreuzworträtsel sehr viel denken und mit der Hand machen. Der Computer konnte da zwar ein bisschen unterstützen, aber die Rätsel waren nicht toll. Da musste man doch sehr lange daran herumwerkeln und Worte rausschmeißen und Blockaden auflösen. Das war nicht so einfach damals. Das kann der Computer natürlich heute viel besser und bei logischen Rätseln sowieso. Wenn der Programmierer selbst ein Rätsler ist, dann kommen da gute Sachen dabei heraus. Bei Kinderrätseln und solchen Sachen machen wir aber immer noch viel mit der Hand.

Und wie haben sich die Rätsel selber weiterentwickelt?

Stefan Heine: Also, die Kreuzworträtsel in Zeitungen, die Schwedenrätsel, die man so kennt, kann man durch gestiegene Computerleistung und verbesserte Programme viel offener gestalten. D.h., dass nicht so viele Fragekästchen aneinanderhängen und sich wie ein Schnitt durch das Rätsel ziehen. Wir haben z. B. immer nur zwei Fragekästchen nebeneinander, die einander berühren im freien Feld, so dass man da prima durchrätseln kann.

Was macht für Sie ein gutes Rätsel aus?

Stefan Heine: Dass man Spaß beim Rätseln hat. Ich könnte Ihnen zwei verschiedene Kreuzworträtsel geben und Sie würden versuchen, die zu lösen und hätten beim einen Spaß beim anderen nicht und könnten gar nicht unbedingt sagen warum. So ist das eigentlich bei allen Rätseln – es muss Spaß machen! Ich mache ja sehr viele Sudokus, auch für internationale Turniere und Meisterschaften. Wenn man da viel Erfahrung hat und weiß, wie man andere Leute ärgern kann, oder auch wenn man ein Rätsel mit der Hand macht, dann kann man es so machen, dass es nur einen einzigen Weg durch das Rätsel gibt. D. h., man muss immer auf den nächsten Schritt, den ich mir ausgedacht habe, kommen. Wenn man das so weit steuern kann, dann weiß man auch, was Freude macht, und so kann man dann gute Rätsel machen.

Sudokus löst Stefan Heine am liebsten. (Foto: teu)

Wie sieht ein typischer Arbeitstag eines Rätselmachers aus?

Stefan Heine: So wie der Arbeitsalltag eines ganz normalen Büromenschen. Die Hauptarbeit ist natürlich nicht das Rätselmachen selbst, sondern Administration, Kundenbetreuung, Organisation, Buchhaltung und all das. Ich denke mal, dass ich am Tag zehn Prozent der Zeit mit Rätselmachen verbringe.

Was unternehmen Sie im Ausgleich zum Arbeitsalltag:

Stefan Heine: Ich gehe gerne schwimmen, morgens vor der Arbeit und am Wochenende –oder angeln.

Kann man das Rätselmachen erlernen?

Stefan Heine: Ja klar! Es ist kein Ausbildungsberuf, man kann es nirgendwo erlernen, man kann es sich nur selber beibringen. Da muss man sich halt damit befassen und probieren, probieren, probieren und irgendwann, wenn man intellektuell geeignet ist, kann man das.

Wie ist da die genaue Berufsbezeichnung? Ich lese immer, Sie sind Rätselmacher. Wie bezeichnen Sie Ihre Mitarbeiter, was sind die?

Stefan Heine: Meine Mitarbeiter sind Grafiker und Layouter. Sie bauen hauptsächlich die ganzen Sachen zusammen. Früher haben wir einzelne Rätsel geliefert. Am Anfang noch auf Repropapier. Der Satz war immer Sache der Zeitungen und der Zeitschriften und das hat sich grundlegend geändert, sodass wir jetzt ganze Seiten, Seitenteile manchmal auch fertig gedruckte Bücher liefern.

Darf ich fragen, was Sie ursprünglich gelernt haben? Was für eine Ausbildung haben Sie gemacht?

Stefan Heine: Nix! Ich habe BWL studiert und dann Jura, aber beides dann auch nicht zu Ende gemacht. Jura habe ich bis zur Zulassung zum 1. Staatsexamen gemacht und dann habe ich mich von meiner damaligen Freundin getrennt und merkte halt, dass die ganzen Lerngruppen ohne die es halt nicht geht bei Jura, mehr von ihrer Seite kamen. Ich hatte da aber auch ein Angebot aus Frankfurt von einer Promotion Agentur, die wollten mich schon seit Jahren als Gebietsleiter für den Norden haben und das habe ich dann einfach mal angenommen und ja, so bin ich ins Berufsleben geschlittert.

Arbeiten Sie auch aktuelle Themen in Ihre Rätsel ein? Beispielsweise jemanden, den man früher nicht gekannt hat, der ist plötzlich das Lösungswort?

Stefan Heine: Also, was wir natürlich machen, ist unsere Datenbank andauernd betreuen. Wenn jemand stirbt, kriegt er ein Kreuzchen. Ein 25-Jähriger kennt beispielsweise einen Hans-Joachim Kulenkampff, Hans Rosenthal oder Wim Thoelke nicht. Da nimmt man dann neuere Moderatoren, Stars und Fußballspieler auf. Man muss dann darauf achten, wenn beispielsweise ein Philipp Lahm aus der Nationalmannschaft ausscheidet und dies berücksichtigen. Diese Daten werden natürlich immer gepflegt. Ansonsten machen wir auch sehr viele kleinere Rätsel für kleinere Zeitungen, die das Lösungswort selbst bestimmen. Meistens hat es dann einen jahreszeitlichen Bezug oder betrifft ein regionales Ereignis.

Lösen Sie selbst gerne Fremdrätsel?

Stefan Heine: Ja.

Und welche am liebsten?

Stefan Heine: Das sind meistens Sudokus. Das ist die Szene, in der ich mich auskenne. Ich fahre einmal im Jahr zur Weltmeisterschaft. Dieses Jahr geht es nach Bangalore in Indien. Dort treffe ich auch immer sehr viele Kollegen. Ich bin Mitglied in der „League of Extraordinary Ladies and Gentlemen“. Diese kleine Vereinigung von den weltbesten Sudoku-Machern wurde 2010 in Philadelphia gegründet. Bei den Meisterschaften wird auch immer geschaut, was die anderen so machen, damit man auf dem neuesten Stand bleibt. Ich tausche mich während der Weltmeisterschaften mit vielen Kollegen aus, oft sind dies die Teamcaptains der anderen Teams. Ich spiele zwar nicht selber mit, bin aber der Teamcaptain der deutschen Sudoku-Mannschaft. Wenn die Mannschaften am Rätseln sind, erfährt man, was in anderen Ländern erfolgreich ist, was dort ausprobiert wurde, was lief oder nicht lief und was für neue Arten es gibt. Das ist immer sehr interessant und man bekommt Anregungen für neue Rätsel.