Ende einer Schnapsidee oder Beginn einer neuen Ära?

Was wird aus den pfälzischen Brennereien nach dem Ende des staatlichen Branntweinmonopols?

Otto Hey ist Vorsitzender des Verbands Pfälzer Klein- und Obstbrenner. (Foto: teu)

Oberotterbach/Winden. Um die durch den ersten Weltkrieg ruinierten Staatsfinanzen auszubessern, wurde 1918 Kaiser Wilhelm II. die Monopolverwaltung gegründet. Aufgrund einer EU-Entscheidung lief Ende 2017 nach 100 Jahren in Deutschland das Branntweinmonopol aus. Danach können Obstbrennereien, sogenannte Abfindungsbrennereien, die Branntweinherstellungssteuer nicht mehr in Form von Alkohol abgelten. Die Mehrzahl der Obstbrennereien liegen südlich der Mainlinie. In Rheinland-Pfalz gibt es rund 1.300 Brenner, in der Pfalz rund 400, die von dieser Änderung betroffen sind.

„Durch das Branntweinmonopol wurde es den Obstbrennern ermöglicht, anstatt Branntweinsteuern zu bezahlen, die Brände abzuliefern“, erklärt Otto Hey aus Oberotterbach, der seit über drei Jahrzehnten Vorsitzender des Verbands Pfälzer Klein- und Obstbrenner ist. „Man nimmt an, dass aus 100 Kilogramm Äpfel und Birnen 3,6 Liter Weingeist entstehen. Diese 3,6 Liter Weingeist, mussten versteuert werden. Entweder durch Steuern oder durch die Ablieferung an die Bundesmonopolverwaltung. Bei der Abgabe bekam man dann noch rund 4 Euro Branntweinübernahmegeld.“

Ablieferungsfähig waren Branntwein aus Kernobst, Wein, Hefe und Trester. Die Winzer aus der Pfalz haben die Weinhefe, die bei ihnen angefallen ist gesammelt und an eine Brennerei gegeben oder – wenn sie selbst eine Brennerei hatten – selbst gebrannt. Die Schlemme kam als Dünger auf den Acker und den gewonnenen Schnaps konnten sie abliefern an die Bundesmonopolverwaltung. Branntwein aus Kirschen und Mirabellen war nicht ablieferungsfähig und man musste pro Liter Weingeist 10,22 Euro Steuern zahlen.
„Das Branntweinmonopol war eine große Erleichterung für unsere Brenner. Nun müssen wir unsere Brände selbst vermarkten. Viele Winzer haben jedoch keine Selbstvermarktungsstruktur aufgebaut und wissen jetzt nicht wohin mit ihren Bränden“, so Hey.“

Zum Stichwort Steuobstwiese“ erklärt Otto Hey: „Wer hat Interesse an einer Steuobstwiese? Nur der Brenner! Wer sonst geht raus liest das Obst und pflegt die Bäume? Der Brenner ist für diese Art unserer Kulturlandschaft verantwortlich. Jeder kennt nur die Mandelblüte, die nur wenige Tage lang geht. Die Obstbaumblüte bei Oberotterbach ist bestimmt genauso schön. Wochenlang blühen hier die verschiedenen Obstsorten in wunderbaren Farben.“ Für die Zukunft wünscht sich Otto Hey, dass die Regierung die Brenner unterstützt, damit diese auch weiterhin bereit sind, die Kulturlandschaft zu betreuen und zu pflegen.

Winzer Peter Bitzler aus Winden präsentiert seinen Siegerbrand 2017. (Foto: teu)

Peter Bitzel, Winzer aus Winden, sieht im Wegfall des Branntweinmonopols einen tiefen Einschnitt – wie tief werde die Zukunft zeigen. „Diese Änderung bedeutet für uns, dass wir keine Möglichkeit mehr haben, Branntwein abzuliefern – das war immer ein schönes Zubrot.“ Bitzel ist der Meinung, dass der Alkoholpreis, den die Aufkäufer zahlen, etwas steigen müsste, damit die Verluste ausgeglichen wären. Wenn nicht, bleibe für den Brenner, der neben Mehrwertsteuer auch Branntweinsteuer bezahle, nicht viel übrig. „Spitzenbrennereien können durch die Selbstvermarktung auch gute Preise erzielen. Der kleine Bauer jedoch, der nebenher noch seinen Schnaps brennt, bekommt ja nicht diese Preise bezahlt. Ich schätze, dass etwa ein Drittel der Brenner aufhören wird, weil sich die Arbeit nicht mehr rentiert“, mutmaßt Bitzel. Die finanziellen Einbußen bei den Brennern würden sich bei den Ostbauern stärker auswirken, als bei den Weinbauern, weil letztere Trester brennen, der nur mit zwei Prozent versteuert werde.

Peter Bitzel sieht im Wegfall des Branntweinmonopols aber auch neue Möglichkeiten: „Wir dürfen jetzt auch Korn, also mehlige Stoffe brennen, das durften wir vorher als Obstabfindungsbrennerei nicht, lediglich das heimische Obst. Das bedeutet, dass wir jetzt auch beispielsweise Kiwis oder Feigen brennen dürften. Oder Gin. Hierbei wäre natürlich viel Selbstvermarktung und Eigeninitiative gefragt.“