Minfeld. Der deutsche Musiker und Komiker Kalle Pohl ist den meisten Menschen noch als Stammbesetzung aus der RTL-Comedy-Show „7 Tage, 7 Köpfe“ bekannt, die von Rudi Carrell ins Leben gerufen und von Jochen Busse präsentiert wurde. Derzeit ist Kalle Pohl mit seinem Programm „Selfi in Delfi“ in ganz Deutschland unterwegs. Für Regina Teutschländer vom PFALZ-ECHO nahm er sich vor seinem Auftritt in der Kulturscheune, am Samstag, 5. Juni, Zeit für ein Interview.

Wie sieht denn so ein typischer Tourtag von Ihnen aus?

Kalle Pohl: Meistens aus Autobahn, Autobahn, Autobahn. Manchmal fahre ich auch mit dem Zug und nächste Woche fliege ich auch mal nach Berlin. Mir wäre es am liebsten, wenn ich mich beamen könnte – direkt auf die Bühne. Ich bin Spaßhandelsreisender, wie so ein Staubsaugerhändler.

Gibt es da einen gewissen Reiz, auf der Bühne zu stehen?

Kalle Pohl: Ja, es gibt einen gewissen Reiz, man muss aber auch einen an der Waffel haben, sonst würde man das nicht machen (lacht). Die Lust darauf hat noch nicht nachgelassen, wenn die mal weg ist, dann muss man aufhören – aber ich weiß nicht, ob die Rente reicht (lacht).

Sie sind ja ein Allround-Talent: Kabarett-Tourneen, Theaterauftritte, verschiedene Fernsehsendungen wie beispielsweise „7 Tage, 7 Köpfe“, Sie sind Sänger, Komponist, Schauspieler etc. Was macht eigentlich davon am meisten Spaß?

Kalle Pohl: Da gibt es keine Hitparade. Das alles hat Vor- und Nachteile: Ich nenne es den Fluch der Vielfalt. Ich sage mal man muss zehn Prozent Talent haben, 80 Prozent ist Knochenarbeit und zehn Prozent  ist Glück. Ich hatte das Glück und hoffentlich auch das Talent (schmunzelt) und die Arbeit – ohne Arbeit geht es gar nicht. Aber viele gute Schauspieler haben das Glück nicht. Sie werden nicht besetzt und müssen sich beispielsweise als Taxifahrer durchschlagen. Mir war die Abwechslung immer wichtig. Ich konnte mir nie vorstellen, nur auf der Bühne zu sein, nur Standup zu spielen usw. – immer nur so eingleisig zu fahren, ist langweilig.

Gibt es da noch Zeit für ein Privatleben?

Kalle Pohl: Ja, doch. Dieter Hildebrandt sagte einmal über Hans Dieter Hüsch (Anmerk. d. Red.: beide waren bekannte Kabarettisten): „Hüsch macht jetzt weniger – er tritt nur noch einmal am Tag auf!“ Der hat in seinen Hochzeiten bis zu 400 Auftritte im Jahr gemacht. Das kann und will ich nicht. Auch da ist mir die Abwechslung wichtig.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten? Haben Sie ein bestimmtes Hobby?

Kalle Pohl: Jetzt, wo das Wetter endlich wieder so ist, wie es sein soll, kann man wieder mit dem Fahrrad unterwegs sein. In Deutschland haben wir ja gefühlt 300 graue Tage, deshalb bin ich auch gerne in Spanien – ich liebe das Meer. Außerdem bin ich Filmfan und schaue wahnsinnig gerne Filme – da kann das Wetter auch sein, wie es will. Und ich lese gerne – zur Zeit Kurt Vonnegut – ein großer Fernsehhasser (lacht).

Wie haben Sie denn Ihr Unterhaltungstalent entdeckt? 

Kalle Pohl: Ungelogen – meine erste Ein-Mann-Show habe ich  als Neunjähriger gegeben. Dieses Gespür dafür, das war schon sehr früh da – auch inspiriert durch ein sehr lustiges Umfeld. Mein Vater war ein richtiger Spaßmacher und sang sehr gerne. Wo das Talent herkommt, weiß ich aber nicht.

Sie haben u. a. auch als Polizeihauptwachtmeister gearbeitet. Wie kam das?

Kalle Pohl: Ich habe in ganz normalen Berufen gearbeitet. Ich habe vier Wochen lang eine Kochlehre gemacht, hab jeden Tag Prügel, Tritte und Schläge eingesteckt – das war heftig. Dem kleinen Jungen, der ich damals war, dem klopfe ich noch heute auf die Schulter, dass er gesagt hat: „Ich will das nicht mehr!“ Dann habe ich eine Kaufmannslehre begonnen. Da war es dann keine körperliche, sondern seelische Schinderei – Arbeiten, die mit Kaufmann nichts zu tun hatten. Dann bin ich Polizist geworden, hab aber auch da gemerkt: „Das ist es nicht!“.  Ich hab dann gekündigt, das war ein Riesenschritt, noch ein paar Jahre und ich wäre Beamter auf Lebenszeit geworden – ich hätte eine fette Rente, davon kann ich heute nur träumen.

Und wann stand für sie fest, dass Sie Kabarettist bzw. Comedian werden wollen bzw. dass das Kabarett/die Comedy Ihnen liegt?

Kalle Pohl: Ich hab wie ein Wilder Gitarre geübt und an der Musikhochschule klassische Gitarre studiert. Ich bin bei Bach gelandet – der Mann war begabt, dass muss man sagen – das war aber nicht meine Musik, ich wollte Blues spielen und Pop, das gab es aber damals an der Musikhochschule nicht. Dann merkte ich: „Es ist nicht nur die Musik, es ist auch die Clownerie.“ Ich habe in den 70er Jahren mit Liederabenden angefangen, hab dann auch Sketche gemacht und 1980 mein erstes abendfüllendes Kabarett-Programm gegeben – im mit Freunden selbstgegründeten Theater. Das ging alles nicht von heute auf morgen sondern hat jahrelang gedauert und wenn ich jetzt so zurückblicke denke ich: „Allerhand, Herr Pohl!“ (lacht).

In Deutschland gibt es ja recht viele Comedians und es werden auch immer mehr. Wie schafft man es denn in diesem Umfeld, sich durchzusetzen und über einen so langen Zeitraum vorne mit dabei zu sein? 

Kalle Pohl: Ich mache das jetzt hauptberuflich seit 35 Jahren. Es waren viele da und es sind auch viele verschwunden. Aber so viele wie jetzt da sind – das gab es noch nie. Ich habe das Gefühl, dass heute Leute auf die Bühne gehen, die haben einen guten Sketch oder drei gute Witze und das war es dann – das wird schnell langweilig.

Haben Sie ein Vorbild? 

Kalle Pohl: Das sind immer noch Stan Laurel und Oliver Hardy. Das waren die größten Komödianten, die die Welt gesehen hat. Aber auch Charlie Chaplin und Rowan Atkinson als Mr. Bean. Was diese konnten, das können heute viele gar nicht mehr – über sich selber lachen. Ach, und Louis de Funès, Heinz Erhardt und Loriot.

Welche Musik hören Sie privat? 

Kalle Pohl: Das ist ganz unterschiedlich. Ich höre beispielsweise Musik von B. B. King, John Coltrane, dann wieder Mozart und immer wieder Pop. Und natürlich Musik von den Stones und den Beatles.

Was war bis jetzt Ihr persönliches Highlight?

Kalle Pohl: Da gibt es unterschiedliche. „7 Tage, 7 Köpfe“ gehört natürlich auch dazu – besonders die Zeit mit Rudi Carrell. Rudi sagte immer: „Die Leute mögen uns so, weil hier quasi ihre Familie am Tisch sitzt. Wir haben die Quatschtante (Gaby Köster), den Beamten (Jochen Busse), den Dicken (Bernd Stelter), den Kleinen (Kalle Pohl), die Nase (Mike Krüger), den Alten (Karl Dall) – wie an einem Stammtisch.“ Das mochten die Leute.  Aber auch davor gab es Highlights. Ich habe lange Zeit Radiosendungen bei WDR 1 gemacht, habe meine eigenen Platten mitgebracht und Sketche eingespielt. Das 
würde heute gar nicht mehr gehen.

Wenn Sie auf die Anfänge Ihrer Karriere zurückblicken, was würden Sie anders/genauso machen?

Kalle Pohl: Also ich hätte gerne mal in einer guten Filmkomödie eine Rolle gehabt – aber es sollen sich im Leben ja nicht alle Träume erfüllen, sonst hat man irgendwann keine mehr..

Wenn Sie Ihr Leben in einem Satz zusammenfassen müssten, wie würde dieser lauten?

Kalle Pohl: Es war ein ergreifend komisches, bewegtes Leben. Und ein Rauf und Runter – sag ich Ihnen. Auf einige Runters hätte ich gerne verzichten können. Ich bin ein sentimentaler Melancholiker: Ich werd´ schon traurig, wenn man mir die Haare schneidet (lacht).

Waren Sie schon oft in der Südpfalz unterwegs, bzw. was kennen Sie von unserer Region?

Kalle Pohl: Ich bin hier oft durchgereist und kenne jetzt natürlich Minfeld. Mittlerweile gibt es kaum einen Fleck in Deutschland – Norden, Süden, Westen, Osten – den ich nicht bespielt haben. Auch in solchen schnuckligen Ortschaften.

Noch eine letzte Frage zu Ihren Zukunftsplänen, Herr Pohl: Auf was dürfen sich Ihre Fans als nächstes freuen? Können Sie unseren Lesern schon verraten, welche neuen Projekte anstehen?

Kalle Pohl: Für 2017 ist bereits ein Theaterstück gebucht. Das werde ich zuerst in Braunschweig spielen, eine Tournee mit diesem Stück ist aber auch geplant. Vielleicht gibt es irgendwann auch mal ein „Best of…“ nach dem „Selfi in Delfie“. Ich habe nach wie vor immer noch Lust zu spielen. So als Rentner im Sessel zu sitzen und nichts zu tun, ist nichts für mich – dann nehme ich lieber die Autobahn in Kauf. (teu)