Kandel. Das weithin sichtbare Wahrzeichen von Kandel, der St. Georgsturm, wird in diesem Jahr 500 Jahre alt. Das Jubiläum ist ein Ereignis für die ganze Stadt und wird mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert. Den Auftakt bildet am Samstag, 16. Februar, um 19 Uhr, die „St. Georgs Soirée“. An diesem unterhaltsamen und informativen Abend wird auch die Ausstellung „500 Jahre St. Georgsturm“ eröffnet, die der Arbeitskreis Geschichte der Volkshochschule (VHS) Kandel erarbeitet hat.

Die acht Mitglieder des VHS-Arbeitskreises Geschichte – Dr. Werner Esser, Isolde Fliehmann, Chris Haas, Ute Keppel, Uschi Kräuter, Helmut Poss, Monika Walter-Becht, Eckhard Zechiel – haben seit September vorigen Jahres die Geschichte des Turms erforscht und auf 27 Tafeln dokumentiert. Dabei haben sie manche Irrtümer aufgeklärt und interessante Details zutage gefördert.

Foto: ebl

„Der Turm war früher Eigentum der Gemeinde und hatte auch Wachtfunktion“, erläutert Monika Walter-Becht. Den ältesten Hinweis gibt ein Blatt, das einem elsässischen Kirchenbuch einlag und heute im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer aufbewahrt wird. Darauf steht, dass der Turmbau 1501 begonnen und 1519 beendet worden ist.

„Wir wissen aus der Beschreibung, dass der Turm ursprünglich nicht so ausgesehen hat wie heute“, sagt Dr. Werner Esser. 1549 hat ein Blitzschlag den Turm „mit tiefen Klüften“ gespalten. Der Riss im Mauerwerk wurde 1550 mit starken Eisenstangen und Klammern repariert. Daran erinnert ein Gedenkstein an der Südseite links vom ersten Turmfenster. Jahrhundertelang diente der St. Georgsturm auch als Wachtturm. Von oben hat man einen weiten Blick ins Land. Die Wächterwohnung über dem Glockenstuhl war ursprünglich zweistöckig. Man kann sich das so ähnlich vorstellen wie beim Turm der Stiftskirche in Landau. Nach dem Blitzschlag ist die Wächterwohnung nur einstöckig und mit Steinen wiederaufgebaut worden. Das heutige Dach, die sog. Welsche Haube, ist erst nach dem Dreißigjährigen Krieg draufgekommen. Wie das Dach ursprünglich ausgesehen hat, kann man nur vermuten.

Bei der Ausstellungsvorbereitung: Dr. Werner Esser, Monika Walter-Becht, Eckhard Zechiel (von links). (Foto: ebl)

Die Ausstellung schärft den Blick auf Dinge, die man sonst kaum wahrnimmt. Zum Beispiel die kunstvollen Wasserspeier. „Was unter uns viele interessante Diskussionen ergeben hat, sind die Wasserspeier: Wo bekamen die ihr Wasser her? Die sitzen heute mitten in der Wand und sind funktionslos“, so Dr. Esser. „Die Steine um die Wasserspeier haben eine andere Farbe und ein anderes Format. Aus all dem kann man schließen, dass die Wächterwohnung bei der Reparatur breiter aufgebaut worden ist und ursprünglich seitlich einen Umgang hatte, auf dem der Wächter außen laufen konnte und von dem die Wasserspeier das Wasser abgleitet haben.“ Dies Annahme hat sich durch Drohnenaufnahmen von Eckhard Zechiel bestätigt. Sie zeigen eine Rinne in den Wasserspeiern.

Die Inschrift über dem Südeingang „1519 wart ich hergsatzt vorwaer“ wurde bisher interpretiert als „zur Wehr“, dass der Turm ein Wehrturm war. „Der Archivar von Bergzabern, Rolf Übel, hat mir gesagt, nein, Kandel war kein Wehrturm, es fehlen die Schießscharten. ‚vorwaer‘ hat die Bedeutung von ‚fürwahr‘, als Bekräftigung“, stellt Dr. Esser richtig. (ebl)