Akrobatik im Galopp

Die 22-jährige Chiara Congia aus Offenbach ist Deutsche-, Europa- und Weltmeisterin im Voltigieren

Chiara Congia feiert ihren Erfolg. (Foto: Ina Baier)

Du bist Deutsche-, Europa- und Weltmeisterin im Voltigieren. Du bist mit 22 Jahren die Karriereleiter schnell und steil hinaufgeklettert. Wie hast du das geschafft?

Chiara Congia: Es war ein langer Weg. Angefangen habe ich mit dem Voltigieren in Billigheim, danach bin ich nach Herxheim gegangen, später nach Mainz und mittlerweile trainiere ich in Köln. Anfangs habe ich nur im Team voltigiert, später habe ich auch mit Einzeldisziplinen angefangen. Es war schon von klein auf mein Ziel, so gut zu werden wie die Voltigierer, die ich mir immer in Videos angeschaut habe. Und ich habe es jetzt sogar geschafft mit einigen von meinen Vorbildern von früher zu trainieren und in einem Team zu starten. 2014 bin ich in den Bundeskader gekommen und konnte mich auch das erste mal im Juniorbereich für die Europameisterschaft qualifizieren und sogar Bronze holen. Ende 2015 hat mich der Bundestrainer mal darauf angesprochen, ob ich Lust hätte, Doppel in Köln zu machen. Seitdem war ich dann schon ab und zu in Köln trainieren und nachdem ich 2016 mein Abitur gemacht habe, musste ich mich entscheiden, was und wo ich studieren möchte. Ich habe mich damals für ein Psychologiestudium in Köln entschieden. Mit dem Umfeld, der Trainingsumgebung und den sehr guten Trainingsbedingungen in Köln wurde es dann so richtig erfolgreich.

Mit wie vielen Jahren hast du mit dem Voltigieren angefangen?

Chiara Congia: Mit sechs Jahren.

Wie bist du auf die Idee gekommen, zu voltigieren?

Chiara Congia: Eigentlich wollte ich immer reiten. Damals hieß es aber noch, dass ich zu klein dafür bin. Ich habe dann von meiner Tante Voltigierstunden geschenkt bekommen. Das ist eigentlich eine ganz witzige Geschichte. Nach meiner ersten Voltigierstunde habe ich gleich gesagt: „Nein, das ist nicht das Reiten, was ich meine.“ Ich wollte da eigentlich gar nicht wieder hingehen. Als ich dann aber in die Grundschule gekommen bin, hatte ich eine Freundin, die auch voltigiert hat und dann bin ich doch dabei geblieben.

Welche Eigenschaften muss man besitzen, um diesen Sport erfolgreich ausüben zu können?

Chiara Congia: Man muss auf jeden Fall turnen können. Und ein gewisses Gefühl für Pferde muss auch vorhanden sein. Es ist wichtig, dass man sich für die Zusammenarbeit mit dem Pferd begeistern kann, da das sehr wichtig und zeitintensiv ist. Voltigieren ist sehr vielfältig. Es ist ein bisschen tänzerisch, aber auch künstlerisch, weil man während einer Kür verschiedene Themen darstellt. Als Voltigierer muss man aber auch athletisch sein – da sind Schnelligkeit, Maximalkraft, Balance und auch Beweglichkeit gefragt.

(Foto: Ina Baier)

Trainierst du jeden Tag?

Chiara Congia: Nicht jeden Tag, aber schon fünf- bis sechsmal in der Woche. Teilweise habe ich aber auch an einem Tag mehrere Trainingseinheiten. Dann verbringe ich schon mal von drei Uhr am Nachmittag bis neun Uhr am Abend in der Reithalle.

Das klingt nach einem sehr zeitaufwendigen Hobby bzw. Sport. Hast du denn neben deinem Studium und dem Training noch Zeit für deine Familie, Freunde und dafür, das Studentenleben zu genießen?

Chiara Congia: Mein Freundeskreis in Köln besteht zum Großteil aus dem Voltigier-Team. Wir verbringen einfach sehr viel Zeit miteinander und verstehen uns alle sehr gut. Meine Familie lebt in Offenbach, deswegen sehe ich sie nicht so oft, wie ich gerne würde – vor allem, weil neben dem Studium und dem normalen Training auch meist Lehrgänge oder Turniere am Wochenende stattfinden und ich nicht in die Heimat fahren kann.

Werden bei den Wettkämpfen nur Küren aufgeführt?

Chiara Congia: Es gibt Pflicht und Kür, im Einzel auch Technik. Die Pflichtübungen muss jeder machen. Im Einzel gehören der Aufsprung und Übungen wie Fahne, Mühle, Schere, Stehen und Abflanken zum Pflichtprogramm. Das sind verschiedene Übungen, bei denen bestimmte athletische Aspekte abgefragt werden. In der Kür kann man frei entscheiden, was man turnen und darstellen möchte. Auch bei der Musikauswahl wird uns freie Hand gelassen. Bewertet wird hier die Gestaltung und die Technik der Übungsausführung. Das Technik ist eine Mischung aus Kür und Pflicht. Sozusagen eine Kür, die bestimmte Pflichtübungen enthalten muss. Das Pferd wird auch immer bewertet.

Gibt es noch ein sportliches Ziel, das du erreichen möchtest, jetzt, wo du ja quasi schon alles erreicht hast?

Chiara Congia: (lacht) Ja, es gibt eigentlich immer Ziele, die ich erreichen möchte. Eins ist die Teilnahme an der WM im kommenden Jahr. In Schweden wäre ich auch gerne mit dem Doppel erfolgreich – eine Medaille wäre schon schön. Nur weil ich schon viel erreicht habe, heißt es ja nicht, dass ich es nicht noch einmal erreichen möchte.

Hast du Wünsche, die die Entwicklung des Sports betreffen?

Chiara Congia: Ich würde mir wünschen, dass dieser tolle Sport in den Köpfen der Menschen präsenter wird. Viele kennen den Sport vom Namen her, aber die meisten können sich nicht viel darunter vorstellen. Durch eine größere mediale Präsenz würden wir mehr Sponsoren gewinnen und das ist unheimlich wichtig für uns, viele Kosten müssen wir selbst tragen. Ich hoffe, dass die Bedeutung des Sports in Zukunft zunimmt. (pdp/Fotos: Ina Baier)