(Fotos: Dirk Zengel)

Steckbrief: Alexander Karl Rudolf Herrmann
Geboren am 7.Juni 1971 in Kulmbach
Hermann´s Romantik Posthotel in Wirsberg vereint ein Sternerestaurant, ein Bistro sowie eine Kochschule
Der Gault Millau verlieh ihm 2011 die Auszeichnung Kochschule des Jahres.
2019 erhielt Alexander Herrmann seinen zweiten Michellin-Stern
Seit 1997 im TV als Fernsehkoch und Moderator aktiv , außerdem Autor von Kochbüchern
Aktuell mit seiner Kochshow „Schnell mal was Gutes“ unterwegs


Ich habe gelesen, dass Sie in einer Hotelierfamilie groß geworden sind. Auch Ihre Kochausbildung haben Sie mit Bravour bestanden – gab es jemals einen Plan B?

Alexander Herrmann: Ja, Jedi-Ritter. Das war aber mangels Ausbildungsstellen sehr schwierig und außerdem habe ich kein Lichtschwert oder Ähnliches bekommen – also das war relativ schwierig. Ich hätte auch zur dunklen Seite der Macht gehen können (beide lachen). Und dann gab es noch Plan C: Einzelkämpfer. Ich hatte „Rambo“ gesehen, das fand aber meine Oma doof. Wir hatten dann anderthalb Jahre darüber geredet und dann habe ich eine Kochlehre begonnen und gedacht: „Jetzt zieh’ ich’s durch“.

Und wie sind Sie dann zum Fernsehen gekommen?

Alexander Herrmann: Das war 1996. Damals hatte das „Koch-Duell“ über eine Annonce in einer Gaststätten-Zeitung zum Casting aufgerufen. Davon hatte ich zwar erst nichts gehört, jedoch einer meiner Freunde. Wir beide hatten uns dann dort beworben und ich wurde auch genommen.

Dann haben Sie Ihrem Freund den Platz weggeschnappt?

Alexander Herrmann: Nein, der war vorher schon raus, denn die ersten zehn Köche hatten die Zuständigen schon ausgewählt. Die erste Sendung war schon aufgezeichnet, aber noch nicht ausgestrahlt worden, und dann sagten sie, sie brauchen noch zwei weitere Köche. Ich bin sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg dazu gekommen.

Insgesamt sind Sie schon seit über 20 Jahren im Fernsehen dabei. Was ist denn anstrengender: das Kochen im Studio oder in Ihren Restaurants?

Alexander Herrmann: Also, anstrengend ist im Grunde die falsche Bezeichnung. Es hat alles seine Anforderungen – keine Frage. Ich glaube, das Schöpferische, das Schönere auf den Kochmoment bezogen ist natürlich das Kochen in den Betrieben. Das ist deshalb viel schöner, weil du dich nur darauf konzentrieren musst. Bei Fernsehen und Co. kannst du das wirkliche Leistungspotential gar nicht zeigen, weil du 90 Prozent aller Zuschauer dann verlierst. Man muss sich also immer ein bisschen „herunterbrechen“. Wenn du für das Fernsehen zum Beispiel sagst: „So, jetzt ist’s gut“, dann beginnen wir in der Spitzengastronomie erst zu sagen: „So, jetzt geht’s weiter!“. Das macht aber auch Sinn, das Fernsehen lebt ja von der Performance, der Anspruch an die Person ist ein anderer. Ich verurteile das nicht, der Köder muss ja dem Fisch schmecken. Für verschiedene Medien musst du unterschiedlich arbeiten. Im Radio muss ich auch anders vorgehen. Da brauche ich andere Gerichte – andere Bilder müssen da im Kopf entstehen.

Redakteurin Steffanie Müller mit Alexander herrmann. (Foto: privat)

Sie sind seit 2013 auch in der Sendung „The Taste“ auf SAT1 in der Jury und als Coach mit dabei. Dabei kommen natürlich auch Ihre Fähigkeiten als Entertainer zum Vorschein. Sind Sie denn zu beiden Teilen Koch und Entertainer oder überwiegt eine Seite?

Alexander Herrmann: Ich glaube, das lässt sich gar nicht wirklich trennen. Ich habe Folgendes in den letzten Jahren festgestellt: Wenn Gäste zu uns nach Wirsberg kamen, zum Beispiel im Rahmen von „Kerner“ oder „Lanz kocht“, dann nannten die Gäste mir an einem Tisch zwei Kochkollegen, die sie für gut oder schlecht empfunden haben. Am Nebentisch wurden wiederum zwei andere gut und zwei andere schlecht bewertet. Also, um es kurz zu machen: Man müsste doch denken, dass sich bei den Beurteilungen durch die Gäste eine bestimmte Tendenz abzeichnen würde. Aber es ist alles ausgeglichen. Die Zuschauer entscheiden spontan und individuell beim Anschauen einer Sendung, ob sie einen gut finden oder nicht. Meistens heißt es: „Der ist so arrogant.“ Das geht allen Köchen so. Bei mir wird das genauso sein. Ergo heißt das im Umkehrschluss – und um auf Ihre Frage zurück zu kommen – Ich weiß nicht, was ich mehr oder weniger mache, ob ich mehr Koch oder Entertainer bin. Weil es keine Rolle spielt! Am Ende mache ich mein Ding und muss hoffen, dass die Mehrheit der Zuschauer mich weiterhin sehen möchten. Mehr kann ich nicht machen.

Es ist also eine Glücksfrage, ob man gemocht wird oder nicht?

Alexander Herrmann: Ist es. Und wenn du so überhaupt nicht gemocht wirst, hat auch das einen Vorteil, denn dann wirst du durch die Polarisierung trotzdem gern genommen. Ich sehe das aber kritisch. In unserer Gesellschaft werden Leute erfolgreich, die überhaupt nichts können. Gar nichts. Die posten einfach nur die entscheidenden Fotos auf Instagram und Co. und werden dann durch die Anzahl der Follower reich und berühmt, leisten aber nachweislich nichts. Das finde ich manchmal etwas seltsam.

Sie haben augenscheinlich auch Konkurrenten bei den Coaches von „The Taste“. Fliegen da tatsächlich die Fetzen hinter den Kulissen oder nur vor der Kamera?

Alexander Herrmann: Meistens fliegen die Fetzen nur vor der Kamera, wo man es eben auch sieht. „The Taste“ ist sehr verbindlich mit allen Emotionen, die man erlebt. Man unterscheidet natürlich schon „im“ Fernsehen und „dahinter“. Wenn die Sendung vorbei ist, ist auch der Druck raus. Natürlich gibt es auch Situationen, die dich über die Sendung hinaus aufregen, dann wird schon einmal einen Abend lang nicht miteinander gesprochen, aber dann ist auch gut. Das ist ähnlich, wie wenn man sich über einen Arbeitskollegen ärgert.

Was müsste auf einem Löffel sein, damit es Sie so richtig ekelt?

Alexander Herrmann: Da muss nur ein Stinkekäse drauf sein. Den würde ich nicht bewerten wollen.

Und gibt es auch ein Lieblingsgericht?

Alexander Herrmann: Nein, eigentlich nicht. Natürlich mag ich Pasta und Wiener Schnitzel, ich bin ein Fan von Brotzeit – also die Welt-Leibspeisen sind auch meine. Ich freue mich dann über ein Essen, wenn’s zum entsprechenden Rahmen passt. Wenn ich also irgendwo am Meer bin, habe ich wenig Lust eine Schweinshaxe zu essen und eine Meeresfrüchteplatte brauche ich im Bierzelt nicht. Ich esse entsprechend der Fragen „Wo bin ich?“, „In welcher Situation bin ich?“ und „Mit wem bin ich?“. Daraus entstehen dann Lieblingsessen. Etwas Löffelweise essen ist schwierig – das gibt es nur im Studio.

Wenn es bei Ihnen privat „schnell mal was Gutes“ geben soll – so heißt ja auch Ihre Live-Show – wird dann auch zuhause immer der Kochlöffel rausgeholt oder gibt es auch mal was vom Dönerstand?

Alexander Herrmann: Döner? Döner habe ich vor zwei Jahren in Darmstadt nach unserer Tour zum letzten Mal gegessen. Wir waren zu fünft und erst spät – gegen halb vier morgens – am Dönerstand. Am nächsten Morgen saß ich als Beifahrer im Auto und musste plötzlich anfangen zu lachen, weil ich die Situation so lustig fand. Ich hatte nämlich mit dem Dönermann über den Krautsalat diskutiert. Der war aus dem Kühlschrank und das fand ich richtig scheiße, denn das kalte Kraut hat dem warmen Fleisch furchtbar weh getan. Aber zu Hause gibt es, wenn’s mal schnell gehen muss, eine Brotzeit oder Eier.

Fällt Fastfood denn komplett raus bei Ihnen?

Alexander Herrmann: Na ja, ich würde sagen, so fünfmal im Jahr fahre ich schon einmal durch einen Drive-Through. Vielleicht sind’s auch sechsmal im Jahr. Man muss schon sagen, dass die Pommes bei einigen Fastfood-Ketten sehr gut sind.

Sie haben schon zwei Michelin-Sterne, mehrere Auszeichnungen, Sie haben Kochbücher geschrieben und und und – war diese Erfolgsgeschichte so geplant? Wollten Sie so erfolgreich sein oder ist es einfach so passiert?

Alexander Herrmann: (Atmet tief durch) Leistungstechnisch wollte ich schon etwas erreichen. In meiner Lehrzeit habe ich mir vorgenommen, einmal der jüngste Drei-Sterne-Koch Deutschlands zu werden – das habe ich nicht geschafft (lacht). Wobei ich in meiner Lehrzeit die Bedeutung von „drei Sterne“ gar nicht richtig begriffen habe. Denn – und das ist ganz wichtig – ich bin zu einer Zeit in die Lehre gegangen, in der es noch kein Internet gab, kein Smartphone und kein Instagram. Das heißt, wenn wir uns ein Bild machen wollten, haben wir uns Kochbücher gekauft, um zu sehen um was es geht. Heutzutage hat man ja ganz schnell einen Eindruck von der Philosophie der Ein-, Zwei- oder Drei-Sterne-Küche. Ich wollte zwar schon immer toll und großartig kochen, aber es ist dabei nicht wichtig, ob man ein bestimmtes Ziel erreicht. Wichtig ist, dass man für sich ein Ziel definiert! Und dann schaut, wohin einen der Weg bringt. Wenn ich mir eher ein kleines Ziel stecke, werde ich das vielleicht schneller erreichen, aber vermutlich nicht über mich hinauswachsen. Ich muss zugeben, ich habe mir ein Ziel gesteckt, das sehr hoch und vielleicht zeitlich gar nicht machbar war. Aber es hat mich zu außergewöhnlichen Leistungen gebracht. Und das Erreichen des zweiten Sternes war natürlich für das Hotel in Wirsberg, für das ganze Team, für meine Familie und für mich ein wirklich außergewöhnlicher Moment im Leben.

Kennen Sie sich mit der Pfälzer-Küche aus?

Alexander Herrmann: Ja. Ich war 2018 mit der ZDF-Sendung „Stadt, Land, lecker“ fünf Tage in der Pfalz unterwegs und habe im Foodtruck die unterschiedlichen Sachen nachgekocht, die wir in verschiedenen Restaurants gegessen haben.

Und was sagen Sie zu „Saumaache“, „Flääschknepp mit Meerrettichsooß“ oder „Dampfnudle“?

Alexander Herrmann: (Lacht) Also peinlich war, dass ich beim Saumagen den Magen außenherum auch mit probiert habe. Ich hatte das ja zum ersten Mal gegessen und wusste nicht, dass man das nicht mitisst. Der Saumagen selber hat was von Leberkäse mit Kartoffeln. Aber entscheidend ist nicht, ob ich dieses Gericht als besonders wertvoll erachte oder nicht. Ich kann auch verstehen, dass sich eine Region ein bisschen daran stört, dass es immer nur um den Saumagen geht. Aber ich sage: Welche Region in Deutschland hat denn noch eine Spezialität, die so bekannt ist? Ich glaube, kein einziger in München oder Bayern beschwert sich, dass es immer heißt: „Ihr mit die Weißwürscht“. Die sind stolz drauf! Auf den Saumagen darf man stolz sein und nicht weniger. Wenn man sich darauf reduziert fühlt, dann macht man das selbst.

Viele Pfälzer sehen sich vielleicht gar nicht so sehr beim Saumagen, als beim Null-Fünfer-Weißweinschorle, dem „Schoppen“…

Alexander Herrmann: Ja, das habe ich auch gelernt mit der „Zwei-Hand-breit-Formel“: Eine Hand breit Wein (hält die flache Hand hochkant) und eine Hand breit Wasser (hält die flache Hand waagerecht).

Das klappt aber leider nicht mit jeder Hand. Meine ist zu klein (beide lachen).

Alexander Herrmann: Bei mir klappt des scho ganz gut (lacht).

Trinken Sie das auch in der Größe?

Alexander Herrmann: Ja, das ist kein Problem. Ich bin 1,86 Meter groß und habe knapp über 100 Kilo. Das ist für mich kein Thema, einen halben Liter Weinschorle zu trinken (grinst). Die Frage ist ja nicht, ob, sondern über welchen Zeitraum.

(Fotos: Dirk Zengel)