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„Das Wichtigste ist, wenn die Menschen etwas mit nach Hause nehmen“

Wer kennt eigentlich Emmanuel Peterfalvi? Nein? Besser bekannt ist der Kabarettist als Alfons, der rasende Reporter mit dem Puschel-Mikrofon, der deutschen Klischees auf den Grund geht. Der Franzose lebt seit 26 Jahren in Deutschland und bekam am 3. November 2017 im Hamburger Rathaus die Einbürgerungsurkunde durch den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz überreicht. Am 9. Dezember präsentierte Alfons sein Programm „Wiedersehen macht Freunde“ in der Stadthalle Speyer. Für das PFALZ-ECHO nahm er sich Zeit für ein Interview.

Sie sind gerade mit den Programmen „Wiedersehen macht Freunde“, „Das Geheimnis meiner Schönheit“ und ab Januar: „Jetzt noch deutscherer“ unterwegs. Wie sieht denn so ein typischer Tourtag von Ihnen aus?

Alfons: Zuerst komme ich am Spielort an und versuche herauszufinden, welches Programm eigentlich heute gespielt wird (lacht). Zum Glück habe ich meinen Techniker dabei und auch anhand des Bühnenbilds ist das Programm klar. Bis jetzt gab es noch keine Verwechslungen. Dann gehe ich Essen, mache den Soundcheck und beginne, mich auf das Programm zu konzentrieren.

Gibt es da einen gewissen Reiz, auf der Bühne zu stehen?

Alfons: Ja, klar. Ich habe zwar Lampenfieber, aber auch sehr, sehr große Lust, eine Geschichte zu erzählen. Jeder hat Sorgen und wenn man die Nachrichten hört mit allem, was passiert, wird es nicht besser. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen einen großen Bedarf haben, ihre Sorgen für eine kurze Zeit zu vergessen und zu träumen. Und das ist meine Ambition, dass die Leute, die meine Geschichten hören, träumen. Man lacht viel, aber nicht nur. Oft bekomme ich die Reaktion: „Wir kannten dich vom Fernsehen, wussten nicht, was uns hier erwartet und sind positiv überrascht!“ Das Wichtigste ist, wenn die Menschen etwas mit nach Hause nehmen, wenn etwas bei ihnen hängenbleibt.

Sie haben seit 3. November 2017 neben der französischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie kam das und hat sich seither irgendetwas für Sie geändert?

Alfons: Wie es dazu kam, ist eine spannende Geschichte – diese wird in meinem neuen Programm „Jetzt noch deutscherer“ erzählt. Im Grunde bekam ich einen Brief von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz mit der Frage, ob ich deutscher Staatsbürger werden wolle. Ich habe lange darüber nachgedacht und den Brief erstmal an den Kühlschrank gehängt. Die Entscheidungsphase war eine spannende, aber auch sehr merkwürdige Zeit, denn mein Kühlschrank ist abgebrannt – mitsamt der ganzen Küche – und fast dem Haus! In einer TV-Talkshow traf ich zufällig auf Olaf Scholz, der mir zusicherte, dass er mir den Brief erneut zusenden würde. Ich musste dann noch einen Antrag stellen und sogar einen Einbürgerungstest machen. Seit der Einbürgerung hat sich eigentlich überhaupt nichts verändert, außer, dass ich nun in Deutschland wählen darf. Die Zeremonie am 3. November war sehr emotional.

Ein schnelles Selfie vor dem Auftritt: Alfons und Redakteurin Regina Teutschländer. (Foto: teu)

War der Einbürgerungstest schwer?

Alfons: Eigentlich ist es nicht schwer, ihn zu bestehen. Es gibt einen Pool von 400 Fragen und im Test bekommt man 33 Fragen, die man beantworten muss. Man soll dabei nicht mehr als 16 Fehler machen. Ich habe relativ viel gelernt. Es gibt lächerliche Fragen wie beispielsweise: „Wenn eine Frau in Deutschland 21 Jahre alt ist und einen Mann heiraten möchte, der ihren Eltern nicht gefällt. Was dürfen die Eltern dann machen? Polizei holen, einen anderen Mann suchen oder halt gar nichts“. Solche Fragen sind für uns Europäer sehr einfach. Dann gibt es aber auch schwere Fragen, wie beispielsweise „Wann wurde die DDR gegründet?“ – das muss man echt lernen!

Sie sind ja ein Allrond-Talent: Tourneen, Live-Auftritte, Fernsehjournalist. Was macht eigentlich davon am meisten Spaß?

Alfons: Ich versuche, dass alles an einem Strang zieht. Wenn ich Reporter bin, mache ich auch Reportagen über Themen, die sehr menschlich sind. Neulich war ich in einem Flüchtlingsheim und habe mir angeguckt, wie die Menschen leben. Mikrokosmen interessieren mich: eine Hundezuchtshow oder so etwas, bei der die Leute total passioniert sind. Die Mischung macht Spaß! Am meisten Spaß macht mir aber die Bühne, wegen des Kontakts mit dem Publikum. Ich habe so ein liebes Publikum, dass ich mich jeden Abend auf den Auftritt freue. Ich bekomme live wirklich wunderbare Reaktionen. Viele schicken mir E-Mails oder kommentieren auf Facebook. Beim Fernsehen ist es nicht so. Da kommt nichts zurück.

Gibt es da noch Zeit für ein Privatleben? Und haben Sie Hobbys?

Alfons: Ich toure natürlich nicht jeden Tag und mache auch mal lange Urlaub. Immer wenn es geht, wandere ich sehr viel. Wenn es kalt ist, gehe ich Ski fahren. Ich versuche auch die Tour immer so zu organisieren, dass ich auch mal zwei Tage Ski fahren kann und dann weiterarbeite.

Wie haben Sie denn Ihr Unterhaltungs-Talent entdeckt? Und wann stand für sie fest, dass Sie Kabarettist werden wollen?

Alfons: Ich weiß nicht, ob es so etwas wie Talent überhaupt gibt. Es gibt einen inneren Drang etwas wirklich machen zu wollen und dann dranzubleiben. Auf die Nase fallen und nochmal auf die Bühne und nochmal auf die Nase fallen und so weiter. Nur so kann man lernen. Es gibt vielleicht magische Momente, die kann man Talent nennen. Aber ich glaube, dass das richtige Talent darüber hinaus geht: Dranbleiben! Die Leute, die das machen – und ich gehöre dazu – sind schon ein bisschen wahnsinnig! Wenn ich nicht diese Lust hätte, mit meinem Publikum zu kommunizieren, Geschichten zu erzählen, dann würde ich wahrscheinlich weniger machen. Man denkt immer: „Ja, okay. Er steht auf die Bühne, er hat Talent und dann erzählt er sein Ding und alle hängen an seinen Lippen…“ Aber es ist schon eine Tag-und-Nacht-Arbeit, die einen auch Tag und Nacht im Kopf beschäftigt.

Sie haben früher ein Baguette-Mikrophon gehabt, jetzt haben sie ein Puschel-Mikro. Auch die orangefarbene Trainingsjacke und das zerfledderte Notizbuch gehören zu ihrer Ausstattung. Wie kam das?

Alfons: Das Puschel-Mikrophon kam mit Alfons. Bei der Baguette-Nummer gab es Alfons noch nicht. Irgendwann habe ich auch die Trainingsjacke gefunden und ich wollte beim Drehen etwas ausprobieren. Der Tonmann, der das Puschel-Mikro in der Hand hielt, hat ständig gemeckert, dass ich zu weit weg oder zu leise wäre. Und dann habe ich das Ding genommen und ihm gesagt, „Geh mal einen Kaffee trinken. Ich mach das schon!“ Und als ich Abends die Aufnahmen gesehen haben, beschloss ich: „Das bleibt jetzt so!“ (lacht). In meinem Notizbuch habe ich tatsächlich auch Stichworte für Programme stehen, die ich auch wirklich brauche – und, dass es zerfleddert ist, passt zu Alfons – aber auch zu mir (grinst).

Was war bis jetzt Ihr persönliches Highlight?

Alfons: In meinem Leben gab es schon einige Highlights. Eines davon war die Einbürgerung am 3. November. Das war auf jeden Fall ein ganz wichtiger Moment in meinem Leben. Highlights auf der Bühne gibt es immer dann, wenn ich spüre, dass ein richtig guter Kontakt zwischen mir und dem Publikum entsteht. Das passiert oft und dann passiert auch etwas in mir und das ist toll!

Wenn Sie auf die Anfänge Ihrer Karriere zurückblicken, was würden Sie anders oder was würden Sie genauso machen?

Alfons: Das war eigentlich nie eine Karriere. Das hat sich Schritt für Schritt so entwickelt. Es gab nie einen Plan. Als ich Kind war, wollte ich unbedingt Radio machen. Ich weiß nicht mal warum. Das war einfach eine Passion. Was bei mir gut funktioniert ist meine Intuition – fast so, als ob ich einen inneren Guide hätte. Ich habe das Gefühl, dass der Weg für mich stimmt. Natürlich auch mit Umwegen und so, aber eine Karriere gab es nie. Den Weg finde ich spannend. Natürlich habe ich Lust, bestimmte Dinge auf der Bühne zu machen, aber es ist nicht so, dass ich einen Plan habe. Ich glaube, ich würde nichts anders machen. Vielleicht einen Tick weniger.

Wenn Sie Ihr Leben als Kabarettist in einem Satz zusammenfassen müssten, wie würde dieser lauten?

Alfons: (macht ein brummend-blubberndes Geräusch und grinst dabei) So!

Waren Sie schon oft in der Südpfalz unterwegs und was kennen Sie von unserer Region?

Alfons: Leider kommt man oft im Dunkeln an. Trotzdem haben ich mir Speyer angeschaut: die Innenstadt, den Weihnachtsmarkt, den Dom – leider nur auf die Schnelle – aber man versucht etwas von der Stimmung mitzunehmen. Und danach war ich essen. Hirschragout. Aber ich kenne auch den Saumagen und habe ihn schon mehrfach probiert.

Auf was dürfen sich Ihre Fans als nächstes freuen? Können Sie unseren Lesern schon etwas verraten?

Alfons: Auf das neue Programm „Jetzt noch deutscherer“. Es ist uns gelungen eine echt tolle Geschichte zu schreiben, die ich total gerne erzähle: mit meiner Einbürgerung, mit vielen lustigen Dingen, die passiert sind und auch Dingen, die sehr tief gehen. Es wird auch musikalisch – mit einer Sängerin auf der Bühne. Und schon bei der Vorpremiere haben wir super Reaktionen bekommen. Es wird ein schönes Programm!

Haben Sie ein Vorbild?

Alfons: Ich habe nicht direkt ein Vorbild. Aber große Künstler finde ich einfach toll! Richtig Künstler zu sein, finde ich klasse! Manchmal braucht es ein Leben, um es zu merken.

Welche Musik hören Sie gerne?

Alfons: Ich höre sehr viele verschiedene Arten von Musik. Von Klassik bis Pop. Worldmusik oder kap-verdische Musik mag ich auch. Manchmal entdecke ich etwas per Zufall. Ich bin Spezialist von gar nichts, aber Liebhaber von ganz Vielem.

Was wünschen Sie sich und unseren Lesern für das neue Jahr?

Alfons: Ich wünsche mir und den Lesern Frieden! Das fände ich ganz toll! Wir Menschen sind alle ausgestattet mit Intelligenz. Ich fände es toll, wenn wir sie auch nutzen würden! Das wünsche ich mir!

Pfalz-Echo

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