(Foto: ZDF/Thomas Kost)

Wilsberg-Fans kennen und lieben ihn seit nunmehr 20 Jahren: Leonard Lansink. In der ZDF Krimireihe Wilsberg, die in Münster spielt, ermittelt er als Privatdetektiv Georg Wilsberg zusammen mit Ekkehardt „Ekki“ Talkötter und Alexandra „Alex“ Holtkamp.

Im Rahmen des ZDF-Pressetags in München sprach Lansink (nicht nur) über neue Folgen.

Sie haben schon sehr viele unterschiedliche Rollen gespielt: Da gibt es Ihre Paraderolle als Privatdetektiv Georg Wilsberg, dann haben Sie in der Krimireihe „Ein starkes Team“ einen EDV-Spezialisten gespielt, mal einen Busfahrer, einen Transvestiten in „Kondom des Grauens“ – in welcher Rolle fühlen Sie sich am wohlsten?

Leonard Lansink: Wilsberg macht mir schon am meisten Spaß, weil es so familiär ist und weil wir es uns so gut eingerichtet haben, die ganze Wilsberg-Familie.

Man kennt sich ja jetzt auch schon sehr lange…

Leonard Lansink: Seit 20 Jahren…

Gibt es eine Rolle, die Sie noch nicht gespielt haben, die Sie aber mal reizen würde?

Leonard Lansink: Für Romeo und Julia bin ich zu alt (lacht). Richard der Dritte reizt mich immer, weil Shakespeare ein super Autor ist, oder King Lear, aber dafür bin ich zu jung. So etwas würde mich aber schon reizen. Generell ist es aber eine schwierige Frage. Beim Fernsehen werden Drehbücher geschrieben und dann findet man die gut oder nicht und das ist ja keine Literatur in dem Sinne. Worauf ich aber neidisch bin, ist Sascha Hehn, der den Traumschiff-Kapitän spielt. Das hätte ich sehr gerne gemacht. Die Umstände, wie diese Filme zustande kommen, sind so großartig, dass es eigentlich bezahlter Urlaub ist. Da bin ich dann ein bisschen neidisch, muss ich gestehen. Und die drehen zu einer Zeit, wo hier in Deutschland arbeitsmäßig nichts läuft, also Dezember, Januar, Februar. Und bei 30 Grad durch die Tropen zu schippern, das würde mir gefallen…

Gibt es also Zeiten, in denen nicht gedreht oder gearbeitet wird?

Leonard Lansink: Ja, weil im Winter ja auch die Tage kürzer sind. Die meisten Filme sind vom Tageslicht abhängig, wir drehen ja nicht alles nachts. Und im Winter wird es erst um 
10 Uhr hell und um vier schon wieder dunkel, auch in der Pfalz, oder Berlin oder in Münster. In dieser Zeit kann man nicht viel arbeiten. Das Team braucht ja auch eine dreiviertel Stunde Mittagspause. Und deswegen ist die Winterzeit für die Arbeit als Schauspieler schwierig. Da haben es die Traumschiff-Kollegen schon sehr gut erwischt.

Wie lang ist denn der Arbeitstag eines Schauspielers?

Leonard Lansink: Zehn bis elf Stunden – mit Anfahrt und Abreise. Man muss ja zuerst einmal zum Drehort hinreisen. Aber alle halten sich natürlich an die Arbeitsgesetzgebung und darin steht, dass zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende elf Stunden Ruhezeit liegen müssen und daran halten sich auch alle.

Wie viele Tage drehen Sie für eine Wilsberg-Folge?

Leonard Lansink: 23 Tage. Wir drehen aber immer zwei Folgen gleichzeitig. Insgesamt sind es dann 45 Drehtage. Somit sparen wir uns einen Drehtag, weil man die Motive doppelt ausnutzen kann. Wir können dann zum Beispiel für beide Wilsberg-Folgen den Buchladen benutzen und dann geht es natürlich ein bisschen schneller.

Wo wir gerade bei Wilsberg sind. In dem neuen Wilsberg „Tränen der Angst“ wird das Thema Soziale Netzwerke und Neue Medien in den Fokus gerückt. Nutzen Sie privat auch Soziale Netzwerke?

Leonard Lansink: Natürlich. Ich weiß, was Facebook und Twitter und Snapchat ist. Snapchat ist aber nicht so mein Ding. Wir bemühen uns aber sehr, online dabei zu sein. Wir haben zum Beispiel eine lustige Wilsberg-Fangruppe auf Facebook. Die sind da ganz rege. Und das freut uns auch. Und Ina Paule Klink und ich, wir bedienen die Seite auch ein bisschen, zum Beispiel mit lustigen Fotos vom Set.

Noch einmal zurück zu ihren Rollen-
wünschen… Sie würden gerne als Kapitän auf dem Traumschiff anheuern?

Leonard Lansink: Als Kapitän bin ich unschlagbar. Ich würde mich dann auch extra schlecht rasieren, damit ich noch mehr wie ein echter Kapitän aussehe (lacht).

Sind Sie denn auch seetauglich? Oder werden Sie seekrank?

Leonard Lansink: Ich habe da keine Sorgen. Aber die großen Pötte, die wackeln ja auch nicht wirklich schlimm. Ich hatte mal mit Jürgen Kehrer auf der Nordseeinsel Norderney eine Lesung und danach mussten wir beide aus Termingründen zeitig wieder aufs Festland zurück. Da hat uns der Seenotrettungskreuzer übergesetzt – die Fähren fuhren aufgrund der rauen See nicht mehr – und das war schon eine gute Fahrt… Aber große Schiffe, die haben unter Wasser so viel Technik, da muss man sich keine Sorgen machen.

Könnten Sie sich in einer Rolle als Arzt vorstellen? Sie haben ja mal Medizin studiert.

Leonard Lansink: Das ist für mich nicht das Wichtigste der Welt, diese Rolle auch noch zu spielen. Es gibt schon so viele Ärzte. Als Wilsberg bin ich glücklicherweise einer der wenigen Privatdetektive im deutschen Fernsehen. Mit dieser Rolle habe ich schon ein Alleinstellungsmerkmal. Matula muss ich natürlich erwähnen und Claus Theo Gärtner, der unser aller Vorbild war, weil er irre lange „Ein Fall für zwei“ gemacht hat, ich glaube beinahe 300 Folgen oder so, das ist schon sehr bewundernswert. Und jetzt bin ich eben der Andere… nur nicht so beweglich wie er.

Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie von der Medizin zur Schauspielerei gewechselt haben? Das passt ja eigentlich nicht zusammen.

Leonard Lansink: Ich musste irgendetwas tun. Ich habe Medizin studiert und habe dann die Motivation verloren. Das passiert. Nach drei Jahren Studium. Wenn die Motivation nicht mehr da ist, sollte man nicht an etwas festhalten. Und gerade der Arztberuf ist ein Beruf, für den man unbedingt Motivation braucht. Deswegen musste ich mir irgendetwas ausdenken, was ich machen will und da dachte ich, Schauspielerei ist vielleicht eine gute Sache. Es gibt die Folkwangschule in Essen, die habe ich besucht. Im Nachhinein war das eine gute Entscheidung.

Die Idee, in die Schauspielerei zu wechseln, kam also mehr oder weniger spontan?

Leonard Lansink: Als Westfale ist man ja ein bisschen faul, dann dachte ich, ich suche mir irgendetwas, wo ich nicht viel arbeiten muss und trotzdem Bafög kassieren kann (lacht).

Sie hatten also vorher überhaupt keine Berührungspunkte mit der Schauspielerei?

Leonard Lansink: Als ich auf dem Gymnasium war, mussten wir auch mal ins Theater gehen – das war schlimm genug. Wir haben uns dann so Sachen wie der „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist angeguckt. Und dann mussten wir im Nachgang immer Aufsätze schreiben. Also, das war der einzige unangenehme Berührungspunkt mit dem Theater, den ich jemals hatte. Und als Kind war ich mit den Großeltern im Gelsenkirchener Opernhaus – Weihnachtsmärchen anschauen.

Was gefällt Ihnen an der Schauspielerei?

Leonard Lansink: Schauspielerei ist immer dann am besten, wenn man es macht. Wenn man darüber redet, ist es eigentlich nur ein Beruf wie jeder andere. Während man Schauspielerei betreibt, also mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, erhält man so eine Art Ersatzleben. Eines, das keine Konsequenzen hat. Man kann Dinge tun, ohne dass man Konsequenzen daraus tragen muss. Man hat quasi ein zweites Leben. Und das gefällt mir.
Als Wilsberg fahren Sie ja auch Auto, obwohl Sie keinen Führerschein besitzen…
Leonard Lansink: Ja genau, aber ich fahre nur ein bisschen. Ich nehme nicht am Straßenverkehr teil – um das jetzt auch den Münsteraner Polizeikollegen zu sagen – ich fahre nur auf kurzen und abgesperrten Straßenstücken.

Warum haben Sie nie einen Führerschein gemacht?

Leonard Lansink: Ich hatte nie den großen Drang, ich brauchte eigentlich nie einen. Ich bin in einer Großstadt aufgewachsen und habe sonst auch immer in Städten gelebt, wo ein Auto nicht nötig war. Im Ruhrgebiet bin ich Fahrrad gefahren, da hatte ich eh kein Geld für einen Führerschein, das war der eigentliche Grund, warum ich keinen Führerschein gemacht habe. Als ich 18 Jahre alt war und ein Führerschein wichtig gewesen wäre, um Mädchen zu beeindrucken, hatte ich kein Geld dafür, geschweige denn für ein Auto. Anschließend war ich in München, da braucht man keinen Führerschein. Danach war ich in London, da ist ein Führerschein eher schädlich, es macht keinen Sinn, in dieser Stadt Auto zu fahren. Und dann war ich in Berlin und da geht es auch ohne Auto. Ich habe also nie wirklich einen Führerschein gebraucht – außer zu der Zeit, als ich mir keinen leisten konnte.

Wenn Sie heute noch einmal die Wahl hätten, wir stellen alles auf Anfang, welchen Beruf würden Sie erlernen?

Leonard Lansink: Ich würde Journalist werden.

Obwohl Sie ständig von Journalisten belagert werden?

Leonard Lansink: Das ist ja nichts Schlimmes. Das Leben als Journalist ist super. Man kann außerhalb der Welt stehen, muss an nichts teilnehmen und ist trotzdem mittendrin und weiß alles. Das ist toll. Das kommt, glaube ich, meinem Charakter am nächsten. Ich kenne auch viele Journalisten, und es ist schon so, dass sie das Leben an sich vorbeiziehen lassen. Die leben auch, keine Frage, aber eben nicht öffentlich. In ihrem Beruf können sie außerhalb des Lebens stehen und es beurteilen. Das finde ich gar nicht so übel. Das käme mir, glaube ich, sehr entgegen.

Welche Art von Journalismus würde Ihnen zusagen?

Leonard Lansink: Kriegsberichterstattung (lacht). Nein, ich weiß es nicht wirklich. Ich glaube, für Feuilleton wäre ich zu böse. Da wäre, glaube ich, keiner glücklich mit mir.

Sie sind also ein kritischer Mensch?

Leonard Lansink: Ja, das kann man so sagen.

Schauspieler Leonard Lansink und PFALZ-ECHO-Redakteurin Patrizia Di Paola sprachen auch über den „neuen“ Wilsberg „Straße der Tränen“, der am 11. November ausgestrahlt wird. (Foto: privat)

Sie haben schon viel erreicht und viel gesehen in Ihrem Leben. Gibt es etwas, das noch fehlt, einen Ort, den Sie noch bereisen möchten?

Leonard Lansink: Nein, ich bin wunschlos glücklich.

Gibt es eine Frage, die Ihnen in einem Interview noch nie gestellt wurde, die Sie aber gerne beantworten würden?

Leonard Lansink: Hat es Spaß gemacht mit mir? Wenn Sie mir diese Fragen stellen würden, wäre meine Antwort: Ja, es hat Spaß gemacht, es war prima mit Ihnen zu reden. Aber ansonsten gibt es keine Frage. Es gibt auch nichts Überraschendes über mich. Sie lesen lustige Dossiers aus dem Archiv oder zur Not Wikipedia und ich weiß ja auch, was da drin steht. Es gibt manchmal Zitate, die kleben so ein bisschen an mir und da wundere ich mich öfter mal, wann ich das gesagt haben soll. Gespräche mit mir sind aber in der Regel eher überraschungslos. Es gibt selten eine Frage, bei der ich richtig grübeln muss.

Also gibt es auch keine Frage, auf die Sie auf keinen Fall antworten würden?

Leonard Lansink: Nö. Und zur Not würde ich lügen (schmunzelt).

Sie sind ja auch Schauspieler…

Leonard Lansink. Bei der Schauspielerei geht es um Wahrheit und nicht um gutes Lügen.

Wilsberg besichtigt einen Tatort. (Foto: ZDF/Guido Engels)