Andreas Brehme verwandelt den 11er für Deutschland gegen Torwart Sergio Goycochea bei der Weltmeisterschaft 1990 in Rom. Deutschland - Argentinien 1:0. (Foto: IMAGO/Laci Perenyi)

Steckbrief: Andreas „Andi“ Brehme

  • Geboren am 9. November 1960 in Hamburg-Barmbek
  • Ehemaliger deutscher Fußballspieler und -trainer
  • Spielte beim 1. FC Kaiserslautern, FC Bayern München, Inter Mailand und Real Saragossa
  • Weltmeister 1990, Vize-Weltmeister 1986, Vize-Europameister 1992
  • FC Bayern München: Deutscher Meister 1987, Deutscher Supercupsieger 1987
  • Inter Mailand: UEFA-Pokal-Sieger 1991, Italienischer Meister 1989, Italienischer Supercupsieger: 1989
  • 1. FC Kaiserslautern: Deutscher Meister 1998, Deutscher Pokalsieger 1996
  • Bayern München zahlte 1986, um Brehme zu verpflichten, an Kaiserslautern die bis dahin höchste Ablösesumme von zwei Millionen DM für einen deutschen Spielertransfer innerhalb der Bundesliga

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Herr Brehme, wie geht es Ihnen?

Andreas Brehme: Mir geht es sehr, sehr gut, danke.

Oftmals haben Profisportler nach Beendigung ihrer Karriere körperliche Probleme oder zehren noch an den Folgen von Sportverletzungen.

Andreas Brehme: Nein, ich überhaupt nicht. 

Das freut mich. Sie spielten einige Jahre beim 1. FC Kaiserslautern. Wie sieht Ihre Erinnerung an die Anfangszeit aus?

Andreas Brehme: Es war eine super Zeit mit richtig guten Spielern und wir hatten ja auch eine erfolgreiche Zeit. 

Andreas Brehme 1998. (Foto: 1.FC Kaiserslautern)

Der Trainer war damals Karl-Heinz Feldkamp?

Andreas Brehme: Ja, genau. Er war sehr gut.

Er hat Sie auch gefördert.

Andreas Brehme: Auf alle Fälle.

Danach ging Ihr Weg direkt zu Bayern München, dann nach Mailand und so weiter…Sie haben eine sehr steile erfolgreiche Karriere hingelegt. Dazu gehört viel Disziplin und Fleiß.

Andreas Brehme: Den Erfolg muss man sich erarbeiten. Das ist ganz normal. Es muss viel und hart trainiert werden und schlussendlich kann dann auch einiges erreicht werden. 

Aber der Wille zum Gewinnen muss schon in einem drin stecken, oder?

Andreas Brehme: Es kann nicht sein, dass man jedes Spiel gewinnt. Das gibt es nirgends auf der ganz Welt. Klar, geht man immer in ein Spiel, um zu gewinnen, aber das kann einem kein Mensch unterschreiben.

Das ist klar. Wie ist es beim Profisport, wenn ein Spiel verloren wurde und die Presse natürlich dementsprechend negativ schreibt. Steht man da drüber?

Andreas Brehme: Ich sag mal so, es kann ja auch gut gespielt werden und wird aber trotzdem verloren, wie beispielsweise die Bayern gegen Paris. Da gibt es immer Unterschiede. Bei einer Niederlage ist man mit Sicherheit traurig, das ist ganz normal. Es kommt aber immer darauf an, wie verloren wurde.

Es tut bestimmt unheimlich weh, wenn man sieht, was aus dem 1. FCK geworden ist.

Andreas Brehme: Es tut mehr als weh, zu sehen, was mit dem FCK passiert. Das muss ich leider sagen. 

Sie haben nicht nur dort gespielt, sondern waren auch zwei Jahre als Trainer tätig.

Andreas Brehme: Genau, damals hatten wir auch einen riesigen Erfolg. 

Ich vermute, dass viele Menschen sich beim 1. FCK auch etwas überschätzt haben.

Andreas Brehme: Gerade diejenigen, die im Aufsichtsrat waren, haben sich überschätzt und waren ahnungslos. Sie haben geglaubt, wir wären genau so gut wie Bayern München oder Borussia Dortmund. Und das war nicht der Fall. Wenn ein Verein 60 oder 70 Millionen ausgibt und der andere nur drei Millionen, dann ist da nichts zu machen. So sind immer die großzügig liquiden Vereine vorne. Ich habe dem Verein bei meinem Abschied versprochen, dass ich vorbei kommen und meinen Hut ziehen werde, sollte ein zukünftiger Trainer mehr als die von mir 56 und 58 erzielten Punkte holen. Ich warte heute noch darauf…leider. Es ist schlimm, was aus dem Verein geworden ist.

Am 1. FCK hängt ja die ganze Region. Er hat eine riesige Fan-Gemeinschaft.

Andreas Brehme: Die Fans sind Weltklasse. Sie haben sich allerdings von manchen Aussagen vom Aufsichtsrat verleiten lassen – auch damals schon bei mir. Wenn gesagt wird, wir seien genau so gut wie Bayern München oder Borussia Dortmund in der damaligen Zeit, muss ich dem leider widersprechen, was ich auch getan habe. Der Verein ist jetzt leider da, wo er ist.

Und wird dort noch eine Weile bleiben…

Andreas Brehme: Tja, ich hoffe, dass sie die Klasse halten. Das wird schwer genug werden. 

Ich möchte ganz kurz auf das Jahr 1990 eingehen. Sie haben in dem WM-Endspiel einen Elfmeter verwandelt. Wie behält man in der Situation die Nerven?

Andreas Brehme: Wenn man zum Elfmeter geht, muss man davon überzeugt sein. Es ist nicht immer möglich, zu sagen, dass der Elfmeter zu 100 Prozent verwandelt wird. Ich war damals davon überzeugt, aber das Problem war, dass ich lange auf den Elfmeter warten musste. Es ist einfacher, wenn lediglich 30 Sekunden Zeit sind, um sich einen Ball hinzulegen und zu schießen, als ein paar Minuten zu warten, bis man schießen darf. Da musste ich mich eben sehr stark konzentrieren und fokussieren. Natürlich lastete damals in der 85. Minute im WM-Endspiel beim Elfmeter ein großer Druck auf mir. 

Brehme bei der Fußball-WM 1990 in Rom im Finale Deutschland gegen Argentinien. (Foto: IMAGO/Laci Perenyi)

Beneiden Sie die heutige Spielergeneration?

Andreas Brehme: Nein, das kann ich nicht sagen. Wir hatten auch eine tolle Zeit und mit Sicherheit die schönste davon in Italien. Wenn man wie beispeilsweise Maradonna – Gott hab ihn seelig – in Italien zu der damaligen Zeit spielen durfte, hatte man viel erreicht. Alle nennenswerten Spieler haben zu der Zeit in Italien gespielt. Das war die beste Liga. 

Sie spielten mit Lothar Matthäus und Jürgens Klinsmann bei Inter Mailand. Mit Lothar Matthäus hat sich sogar eine Freundschaft entwickelt.

Andreas Brehme: Ja, wir sehen uns heute noch zwei bis drei Mal in der Woche. 

Man munkelt, dass er bald Bundestrainer wird … oder auch nicht. 

Andreas Brehme: Ich hätte nichts dagegen. 

Die Mannschaft von 1990 war ein klasse Team, oder?

Andreas Brehme: Das war ein richtiges Team und wir haben immer zusammen gehalten.

Und wird die Mannschaft dann noch Weltmeister, hat man auch noch Freunde für’s Leben?

Andreas Brehme: Ich habe mit vielen Spielern immer noch Kontakt. Der Weltmeistertitel hat uns sehr verbunden. 

Wie sehen oder beurteilen Sie denn die derzeitige Nationalmannschaft?

Andreas Brehme: Ich muss ganz offen und ehrlich sagen, dass ich die letzen drei Spiele gar nicht gesehen habe. Was aber daran lag, dass wir umgezogen sind und mein Fernseher noch nicht funktionierte. Gut, ich hatte auch kein Interesse, mir woanders Fußball anzuschauen, das mache ich am liebsten zuhause und alleine. Wir dürfen jetzt aber auch nicht alles schlecht reden. Was Joachim Löw mit der Mannschaft geleistet hat – mit allem drum und dran – hat er schon super gemacht. Wir dürfen ihn jetzt auch nicht so diskreditieren. Als wir damals gemeinsam die Trainer-Lizenz gemacht haben, war Jogi mit Abstand der Beste. Vor seinen Vorträgen, die er gehalten hat, ziehe ich meinen Hut. Ich wünsche mir, dass Jogi einen guten Abgang als Bundestrainer erleben darf. 

Haben Sie noch Kontakt mit Joachim Löw?

Andreas Brehme: Ja, klar. 

Bis 2006 waren Sie als Trainer tätig. Und das ziemlich erfolgreich.

Andreas Brehme: Ja, das ist richtig. Aber ich wollte dann nicht mehr. Ich bin an drei Firmen beteiligt, was mir bis heute großen Spaß bereitet. Es geht uns allen gut und das ist das Wichtigste. Das wünsche ich mir natürlich auch für alle Menschen, vor allem jetzt zur Zeit der Pandemie. Wir alle befinden uns in einer sehr schwierigen Phase. Ich hoffe, dass diese bald überstanden ist und sich die Menschen, denen es nicht so gut geht, sei es gesundheitlich oder finanziell, wieder erholen werden.