Auf dem Weg der Integration

Wie geht es Asylsuchenden heute?

(Foto: ebl)

Eine Heimat zu haben, ist kein Verdienst, sondern ein Geschenk. Eine Heimat für andere zu schaffen, das wäre eine Aufgabe.“ Diese Anregung der Schriftstellerin Christine Brückner (1921-1996) hat mit der Flüchtlingskrise 2015/16 eine unvorhergesehene Aktualität erhalten. Viele Helfer begleiten die Migranten auf ihrem Weg. Wir haben nachgefragt: Wie geht es Asylsuchenden, die seit drei oder mehr Jahren in Deutschland leben, heute? Was sind ihre Sorgen, Wünsche und Ziele?

„Mein Mann hat seit einem Jahr und vier Monaten Arbeit bei einem Industriebetrieb“, freut sich Fariba aus Afghanistan. „Wir haben drei Kinder und wohnen in Neupotz. Es ist schön hier, es geht uns gut.“ Die Kinder lernen Deutsch im Kindergarten und in der Schule. Sie selbst hat ebenfalls einen Deutschkurs absolviert. Zwei Brüder wurden von den Taliban getötet. Ihr größter Wunsch wäre es, ihre kranke Mutter in Afghanistan zu besuchen. Das kann sie aber nicht, weil sie keinen Pass hat. Sie hofft mit ihrer Familie auf eine dauerhafte Anerkennung.

Kazem Farhadi ist vor drei Jahren aus dem Iran geflüchtet. „Ich bin als Moslem geboren und vor sechs Jahren Christ geworden. Das ist im Iran verboten, es droht die Todesstrafe.“ Er wohnt in Rheinzabern. „Ich habe letztes Jahr sechs Monate bei Daimler gearbeitet, dann vier Monate Ferienjobs gemacht, meine Sprachkenntnisse verbessert. Jetzt suche ich wieder Arbeit“, erzählt er. Er hat eine befristete Duldung bis Ende 2020, danach kommt die erneute Prüfung und gegebenenfalls die Verlängerung. Unter der Ungewissheit, ob er einmal wieder zurück muss, leidet er wie viele andere. „Wir haben sehr gute Deutsche kennengelernt, aber unser Problem ist, wir können nicht einfach mit Deutschen Kontakt haben, manche haben irgendwie Angst vor uns, sind reserviert“, so seine Erfahrung. Seine Perspektive ist, in ein paar Jahren seine versprochene Braut, die jetzt noch im Iran lebt, zu heiraten, und dann in Deutschland ein gemeinsames Leben aufzubauen.

Adnan Murai, vor drei Jahren aus Syrien geflohen, hat eine Aufenthaltsgenehmigung bis September 2019. „Dann hoffentlich wieder zwei Jahre Verlängerung“, so Adnan. Arbeit fand er mit Hilfe seiner Betreuerin Martina Schnorr in Bäckerei-Café Fischer in Rheinzabern. „Wir haben den neu Ankommenden Patenschaften vermittelt. Die Paten begleiten sie zu den Behörden, zum Arzt, helfen bei der Suche nach Arbeit und Wohnung. Das ist toll“, erläutert Reinhard Kalker, Vorsitzender des Beirats für Migration und Integration der Verbandsgemeinde Jockgrim. „Ohne persönliche Unterstützung wären die Leute echt verloren“, ergänzt Arbeitgeberin Judith Fischer. „Viele helfen mit. Ich mache das alles sehr gern, es kommt auch was zurück. Wenn Adnan in der Backstube ist, ist es immer lustig. Da wird auch mal getanzt. Beim Faschingsumzug hat er mitgemacht. Er war am besten verkleidet von allen.“ Adnan hat Anfang April geheiratet, eine Frau, die seine Familie in Syrien für ihn ausgesucht hat. Die Ferntrauung lief über das Konsulat. Jetzt hofft er, dass sie bald kommt.

Adnan Murei, Margot Kuhn, Judith Fischer (von links). (Foto: ebl)

Roumany Awad kam 2013 aus Ägypten. Er ist koptischer Christ. „Die Lage in Ägypten ist schlecht für die Minderheit, nicht frei, nicht einfach, kein Vergleich mit Deutschland.“ Eine Wohnung fand er in Jockgrim. „Meine Vermieterin wohnt unten, ich oben. Sie behandelt mich so gut wie einen Sohn. Ihr Sohn ist vor 30 Jahren gestorben.“ Roumany hat sich sprachlich und beruflich schon weit entwickelt, er arbeitet bei einer großen Firma im Badischen, fährt einen eigenen Pkw. „Das ist meine neue Heimat. Ich bin sechs Jahre hier, betrachte mich als Deutscher, will hier mit Freunden leben, arbeiten, mitmachen“, so Roumany.

Das sind einige Beispiele dafür, stellvertretend für viele andere, wie Integration auf dem Weg ist. Sie zeigen, dass sich der Einsatz lohnt, für alle. (ebl)

Adnan Murei (rechts) beim Fastnachtsumzug in Rheinzabern. (Foto: ebl)