Steckbrief
Axel Theodor Klaus Milberg
Geboren am 1. August 1956 in Kiel
Deutscher Schauspieler, Autor und Hörspielsprecher
Absolvierte eine Schauspielausbildung von 1979 bis 1981 an der Otto-Falckenberg-Schule in München
Auszeichnungen u.a.: 2008 Bayerischer Fernsehpreis, 2012 Goldene Kamera
Als Tatort-Kommissar Klaus Borowski bekannt
Am 2. Mai 2019 erschien sein erster Roman namens Düsternbrook
Geplatzte Urlaubsträume bei Familie Bundschuh: Gundula (Andrea Sawatzki) und Gerald (Axel Milberg) müssen ihre lang ersehnte Maledivenreise absagen, als Hadi (Stephan Grossmann) einen Impfdurchbruch hat und an Corona erkrankt. Die ganze Familie muss in Quarantäne!
Die Komödie „Familie Bundschuh – Unter Verschluss“ ist am Donnerstag, 1. September, um 20.15 Uhr, im ZDF zu sehen. In der ZDF Mediathek kann der Film bereits seit Donnerstag, 25. August, abgerufen werden.
Die Filme der ZDF-Fernsehfilmreihe „Familie Bundschuh“ habe ich schon immer gerne gesehen. Wie war es damals für Sie, als Sie für die Rolle des Gerald Bundschuh angefragt wurden und das Drehbuch gelesen haben?
Axel Milberg: Andrea Sawatzki rief mich an und fragte, ob ich ihren Mann spiele (lacht). Das hat mich natürlich geehrt. Denn ich war sehr beeindruckt von dem, was Andrea alles kann und macht. Dazu ist sie auch noch eine Erfolgsautorin. Da dachte ich vor allem: wow! Das war mein erster Gedanke.
Viele Zuschauer:innen finden sich in den Geschichten der Familie Bundschuh wieder, was wohl den Erfolg der Filme ausmacht.
Axel Milberg: Absolut. Zuerst war nur ein Film geplant. Als die Geschichte dann aber so einschlug und so erfolgreich war, kam die Sache richtig in Schwung und das ZDF gab weitere Geschichten in Auftrag. Ich werde sehr viel auf diese Filme angesprochen, bald mehr als auf den Tatort. Die Menschen können sich in den einzelnen unterschiedlichen Charakteren wieder erkennen, die immer auch mit ihren Schwächen kämpfen müssen. Dies als Komödie zu sehen, macht den Zuschauer:innen offensichtlich sehr viel Freude.
Stimmt. Die Fernseh-Familie entspricht gesellschaftlichen Klischees. Die Frau als Mutter, die zu Hause alles am Laufen hält und der Mann mit dem Beruf eines Finanzbeamten. Die Familie verkörpert das typische Standardleben in Deutschland und zeigt die Probleme, mit denen sich hier jeder tagtäglich herumzuplagen hat.
Axel Milberg: Genau.
Mittlerweile besteht die Familie Bundschuh, aus mehreren Mitgliedern, die alle zusammen in einem großen Haus leben. Der Grundgedanke dieses Mehrgenerationen-Wohnens ist ja eigentlich ganz toll. Ich stelle mir das Leben mit einer anstrengenden Verwandtschaft allerdings sehr schwierig vor. Wie erleben Sie denn die Dreharbeiten mit Ihrer Filmverwandtschaft?
Axel Milberg: Da erlebe ich das Gegenteil. Wir sind einander sehr zugetan, und zwar von Anfang an. Das musste nicht erst zusammenwachsen. Deshalb sind wir oft ziemlich herausgefordert, das Böse und Harte, den Egoismus und die Ichbezogenheit, was die Figuren ja auch haben, nicht zu freundlich zu spielen. Wir müssen dem gerecht werden, was Andrea Sawatzki, die Erfinderin der Figuren, immer wieder anmahnt, nämlich dass es eine bitter-böse Komödie ist. Wir müssen dann möglichst gemein zueinander sein.
Das stelle ich mir recht schwierig vor.
Axel Milberg: Ja, das ist es. (lacht)
Bis auf eine Ausnahme kam jährlich ein neuer Film heraus. Das heißt, Sie haben auch während der gesamten Corona-Zeit gedreht?
Axel Milberg: Ja genau und zwar zu den vorgeschriebenen und von uns gewollten verschärften Maßnahmen. Es wurde zu Beginn immer eine ausführliche Ansprache gehalten, wie man sich zu verhalten habe, es wurde täglich getestet, wir durften möglichst nicht zu eng beieinander stehen, mussten Mundschutz tragen, usw. Uns ist nie etwas passiert. Wir haben also weitergearbeitet und hatten damit das große Glück, uns mit unserer Arbeit von den Zumutungen der Gegenwart ablenken zu können. Auch andere Filme habe ich während dieser Zeit gedreht.
Mittlerweile haben sich die Einschränkung um einiges gelockert. Wird es am Filmset trotzdem weiterhin so strikt gehandhabt?
Axel Milberg: Ja, es wird immer noch so strikt gehandhabt. Es gibt Produktionen, die Corona-Fälle und Ausfälle von Schauspielern haben. Die stehen dann vor der Situation, dass alles still steht und trotzdem kostet. Und wer soll dann die Kosten übernehmen!? Der auftraggebende Sender übernimmt nur einen kleinen Teil. Die Maßnahmen machen also auf jeden Fall Sinn und toi, toi, toi, bei meinen Prokuktionen ist noch keiner ausgefallen.
Schauen Sie sich die Produktionen, in denen Sie mitgespielt haben, im Nachhinein an?
Axel Milberg: Nicht immer. Manchmal klappt es nicht, aber in der Regel versuche ich es. Es ist für mich immer auch wichtig, zu überprüfen, was ich besser machen kann.
Wie würden Sie die Rolle des Gerald Bundschuh charakterisieren?
Axel Milberg: Gerald Bundschuh ist ein konservativer Mensch. Doch indem er versucht, das männliche Rollenbild und Klischee aufrecht zu erhalten, entsteht eine gewisse Komik. Denn wir leben in einer Zeit, in der das traditionelle Männerbild in Frage steht. Deshalb fällt es ihm schwer, sich zu behaupten. Seinem Sohn gegenüber will er eine väterliche Position einnehmen, doch keiner nimmt ihn ernst. Seine Ehefrau ist stark und auch die Tochter, die mittlerweile aus dem Haus ist, hat ihm immer ordentlich kontra gegeben. Sein schulpflichtiger Sohn hat Kontakt zur Ökobewegung und ist fleißig dabei, seine Eltern zu korrigieren. Er äußert sich auch polititsch über die Gegenwart. Gerald Bundschuh ist daneben wie einer, der im Auto sitzt, aufs Gaspedal drückt, aber der Leerlauf ist drin. Zu Hause ist er zwar nicht überflüssig, aber er hat seine Rolle noch nicht gefunden. Er versucht sich daher im Reparieren des Hauses und finanziert das Ganze. Aber wo immer er hinkommt, nichts greift ineinander. Seine Mutter, die er über alles liebt, lebt in ihrer ganz eigenen Welt mit ihren Problemen, mit ihren kleinen Fluchtfantasien und Fehleinschätzung ihrer eigene Person. So ist dieser arme Gerald in einer Art Zwischenwelt zwischen Vergangenheit und Zukunft gefangen und kann das aber selber gar nicht reflektieren.
Er kann sich innerhalb der Familie einfach nicht positionieren.
Axel Milberg: Er ist dabei eine ganz moderne Figur. Ich denke manchmal, dass wir mit dem Film ein bisschen altmodisch daher kommen, aber das Altmodische ist gerade ein Teil der gegenwärtigen Welt – es ist eine Welt im Übergang. Die Gesellschaft ist im Aufbruch zu etwas Neuem und das kann man an der Figur des Gerald erkennen. Deshalb ist er auch Finanzbeamter. Das ist das Klischee schlechthin! Er trägt einen Pullunder. Es geht ihm um Sparsamkeit und Effizienz. Er erhebt den Zeigefinger, aber all das verhallt ungehört.
Sie spielen in sehr vielen unterschiedlichen Rollen. Als Tatortschauspieler zum Beispiel agieren Sie ganz anders als in der Rolle der Gerald Bundschuh. Wie bereiten Sie sich auf Ihre verschiedenen Rollen vor? Oder legen Sie den Schalter einfach um, wenn Sie ans Set gehen?
Axel Milberg: Es beginnt damit, dass ich eine emotionale Verbindung zu der Szene im Drehbuch aufnehme und mich frage, ob sie glaubhaft, klamaukig oder klischeehaft ist. Aus meiner Beobachtung unserer Gegenwart und der Menschen mache ich dann Verbesserungsvorschläge, die ich der Regie mitteile. Daraufhin verändern wir zum Teil etwas. Es geht mir darum, dass wir nicht einfach nur eine Fernsehgeschichte erzählen, sondern dass sich der Zuschauer wieder erkennt und sagen kann: ja, so sind wir. Das gelingt sehr oft, und zwar quer durch alle gesellschaftlichen Gruppierungen. Es sind intellektuelle genauso wie bildungsferne Gruppen, die sagen: Bei uns geht es zu, wie bei euch.
Das ist doch das beste Kompliment, das man bekommen kann!
Axel Milberg: Ja,denn ich persönlich bin nicht der Maßstab. Sondern meine Aufgabe als Schauspieler ist es, dass die Szenen in sich stimmig sind, auch für das Gefühl. Dazu gehört, dass die Figuren auch mit ihren Grenzen leben müssen. Man würde es sich oft anders wünschen, aber oft kommt eine Figur nicht gut weg und hat auch nicht die Lacher auf ihrer Seite. Bei Gerald ist genau das sehr oft der Fall. Er ist der Weißclown, während man über Hadi oder auch über die Ehefrau lacht. Immer wieder versucht er relativ humorlos, die gute alte Welt mit ihrer Ordnung aufrecht zu erhalten. Doch wir sehen ihm zu und sagen uns, das schafft er nicht – auch diesmal nicht. (lacht)
Ja, aber er ist sehr bemüht! Ist es für Sie als Schauspieler interessant und wichtig, verschiedene Charaktere zu spielen?
Axel Milberg: Für mich ist das lebenswichtig, denn nur so bleibe ich als Schauspieler hungrig. Deshalb spiele ich auch nicht in einer Serie. Ich brauche die Abwechslung. Mit der Abwechslung habe ich auch andere Spielpartner, andere Regisseure, andere Drehorte und auch andere Genres. Das war bei mir schon immer so und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit der Abwechslung habe.
Was bedeutet für Sie das Theater?
Axel Milberg: Ich spiele seit 25 Jahren nicht mehr Theater. Vorher aber fast nur. Das Theater ist und bleibt eine wichtige Grundlage für meinen Beruf. Denn bei einem guten Schauspieler ist die Fantasie immer aktiv, so dass er ein und dieselbe Szene auf verschiedenste Weise spielen kann. Die vielen verschiedenen Möglichkeiten, die toten Buchstaben auf dem Papier zum Leben zu erwecken, das lernt man nur am Theater.
Jeder kennt Sie auch als Klaus Borowski im Tatort. Ist es für Sie eine Art Heimat, wenn Sie eine Tatortfolge drehen, oder stellt auch der Tatort immer wieder eine neue Herausforderung für Sie dar?
Axel Milberg: Beides. Zum einen ist es eine Heimat, weil ich dort in einem Team und in einer Organisationsstruktur bin, die ich kenne. Und trotzdem ist es immer wieder eine neue Herausforderung, weil Autoren und Regie fast jedes Mal wechseln. Die Regisseur:innen machen selten mehrmals den Kieler Tatort. Wir arbeiten immer wieder mit neuen Regisseur:innen zusammen, die so etwas zum ersten Mal machen, weil uns der neue Blick auf unsere Geschichten interessiert. Auch die Autor:innen wechseln immer, mit Ausnahme von Sascha Arango, der für den Kieler Tatort zwar prägend ist, aber auch er schreibt immer wieder neu und sieht auch meine Figur immer wieder neu und unterschiedlich. Ich bin sehr dankbar, dass ich nicht so eingezwängt bin, muss mich aber gleichzeitig disziplinieren, dass die Figur nicht beliebig ist. Sie hat eine lange Kontinuität und bleibt dennoch immer aufregend.