Barrierefreiheit ist nicht nur für behinderte Menschen Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Auch andere mobilitätseingeschränkte Personengruppen, wie Eltern mit Kleinkindern oder Senioren, profitieren von entsprechenden Maßnahmen. Dieses Thema ist nach Auskunft des Tourismusbüros Kandel „im Kommen“. Für die gesamte Region Pfalz gibt es eine Freizeit-Tipp-Broschüre mit Symbolen, die bei einzelnen Zielen Auskunft zur Barrierefreiheit geben.

Auch eine spezielle Broschüre „Südwestpfalz barrierefrei“ liegt vor. „Bei der Schaffung von neuen touristischen Angeboten haben wir stets ein Auge darauf, dass diese auch barrierefrei sind“, so Martin Hartwig, Geschäftsführer des Südwestpfalz Touristik e. V. „Alle in der Broschüre beschrie-benen Angebote wurden von unserem Mitarbeiter, der selbst auf den Rollstuhl angewiesen ist, überprüft und ausprobiert.“

„Tourismus für Alle“ ist nach Auskunft von Tobias Baumgärtner, Kobra-Beratungszentrum, Landau, eine Fördermöglichkeit aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). In Rheinland-Pfalz können insgesamt zehn Modellregionen auf diese Fördermittel exklusiv zugreifen. Zwei davon sind der Kreis Südliche Weinstraße und der Kreis Germersheim.

Ebene Fahrstreifen erleichtern die Fortbewegung auf dem gepflasterten Kandeler Marktplatz. (Foto: privat)

Seit drei Jahren widmen sich die Verantwortlichen im Kreis Südliche Weinstraße und der Stadt Landau dem barrierefreien Tourismus. Der Stellenwert wird auch darin deutlich, dass die Region mit Christian Bohr einen eigenen Projektleiter für barrierefreien Tourismus beschäftigt. „Eines der Ziele, die wir uns als Modellregion gesetzt haben, ist die Ausweisung von Weinfesten für alle. Zur Idee gehört aber auch die Weiterentwicklung der bestehenden Feste und der Ausbau der barrierefreien Infrastruktur“, so Bohr. Seit diesem Jahr ist die Südliche Weinstraße Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen in Deutschland und nutzt die etablierte Plattform für die Ver-netzung, den Erfahrungsaustausch und die nationale wie auch internationale Vermarktung.

Im September haben spanische Blogger die Südliche Weinstraße besucht und sich über das bar-rierefreie Angebot informiert. Die Gäste – darunter zwei Rollstuhlfahrer und eine blinde Frau – erkundeten u.a. Schloss Villa Ludwigshöhe, das Museum in Herxheim, den Kräutergarten Klos-termühle in Edenkoben und den Zoo Landau. Unter dem Hashtag #lustaufsüw sind auf Instagram und Facebook viele Impressionen der Blogger zusammengefasst.

„Auch der Landkreis Germersheim ist als Modellregion im barrierefreien Tourismus aktiv“, so Silke Wiedrig, Geschäftsführerin des Südpfalz-Tourismus Landkreis Germersheim e.V. „Es gibt attraktive Angebote, z.B. den idyllischen Rheinradweg, jüngst prämiert als schönste EuroVeloroute. Er führt barrierearm entlang der blauen Lebensader und lädt zu Naturerleben und Erholung ein. Der Campingplatz Rülzheim ist geprüft und als barrierefrei für Menschen mit Gehbehinderung und teilweise barrierefrei für Rollstuhlfahrer ausgezeichnet.“

Vielerorts tut sich etwas. „Das war einmal eine gute Idee“: Dieses Lob spendete eine ältere Dame, die den vorjährigen Christkindelmarkt in Kandel besuchte und mit dem Rollator die neuen ebenen Fahrstreifen auf dem Marktplatz nutzte. Ein weiterer Gast, mit dem Kinderwagen unterwegs, äußerte sich positiv über die ebenen, weiß gekennzeichneten Übergänge vom Gehsteig zur Straße. Die ebenen Fahrstreifen gehen auf eine Anregung von Ernst Rassenfoß zurück, selbst Betroffener und Mitglied der FDP-Fraktion. Kürzlich wurde ein behindertengerechter Zugang zur St. Georgskirche fertiggestellt.

Tobias Baumgärtner vom Büro Kobra, Landau, ist vom Landkreis Germersheim mit dem Projekt-management beauftragt. Investitionen touristischer Anbieter wie Betreiber von Ferienwohnungen und Unterkünften, Hotellerie, Gastronomie, Direktvermarkter und Hofläden zur Verbesserung der Barrierefreiheit können über die Programme „Tourismus für Alle“ sowie LEADER gefördert werden. (ebl)