Landau. Der Pfarrer der Katharinengemeinde Landau ist derzeit wohl der einzige Motorrad-Pfarrer in Rheinland-Pfalz. Das SWR Fernsehen hat ihn aufgrund dieses Alleinstellungsmerkmals ein Jahr lang begleitet und Ende November innerhalb des Formats „Mensch Leute“ vorgestellt. Jürgen Wienecke, der eigentlich schon im Ruhestand sein könnte, hat seine Arbeitszeit bis Mai 2021 verlängert und bleibt der Gemeinde noch kurzzeitig erhalten. Das PFALZ-ECHO hat ihn besucht und mit ihm über sein Wirken und seine Zukunftspläne gesprochen.

Gebürtig kommt der Geistliche aus Niedersachsen, „schnackt platt“ und ist erst seit 2003 in der Pfalz zuhause. Er erzählt im Gespräch von seinem Aufwachsen in der Lüneburger Heide, dass er in seiner Jugend bereits gerne an motorisierten Zweirädern herum geschraubt hat und Kirche und Schweinepreise in seiner Familie immer „Thema Nr. 1“ waren. Er unterstreicht: „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Es gibt nichts in meinem Leben, das ohne Glauben war.“

Doch was hat ihn nach Rheinland-Pfalz geführt?

Wienecke wurde damals von der Landauer Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) über die Landesgrenzen hinweg im Rahmen einer Nachfolgeregelung angefragt und berufen. Der begeisterte Motorradfahrer, der eine Yamaha DragStar 1100 sein Eigen nennt, genießt an seinem Pfälzer Zuhause besonders, dass man direkt vor der Tür wundervolle Motorradstrecken findet. Er hat sich von seinem Vorgänger, der viel Gemeindearbeit mit dem Motorrad geleistet hat, gerne dazu inspirieren lassen, dessen Schaffen als Biker-Pfarrer fortzuführen. Seinen ersten Biker-Gottesdienst hielt er im Mai 2004 auf dem Martha-Saalfeld-Platz in Landau, unter Mitarbeit der Projektgruppe „Gottesdienste für Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer innerhalb der Evangelischen Kirche der Pfalz“. Er erklärt: „Ein solcher Gottesdienst ist nicht mit den gängigen vergleichbar. Normalerweise ist es in der Kirche so, dass anhand eines alten Textes erklärt wird, wie das mit der Liebe Gottes und der Auferstehung ist. In diesem Fall ist das anders, da muss der Geistliche schon in der Vorbereitung von seinem Gegenüber her denken.“ Die Projektgruppe wurde mit den Jahren immer kleiner, bis Wienecke alleine übrigblieb. Er hält bis heute die Stellung, organisiert seit Jahren auch einen Motorrad-Stammtisch und eine jährliche, gemeinsame Ausfahrt.

(Foto: Dreyer)

Seine Ehefrau und die vier Kinder haben seinen Beruf immer mitgetragen und Wienecke spürt nun nach 40 Jahren als ordinierter Pfarrer, dass es genug sei. Jetzt möchte er keine Verpflichtungen mehr haben und mehr Zeit mit der Familie verbringen. Seine Frau hat sich über diesen Entschluss gefreut und tritt mit ihm gemeinsam im kommenden Jahr in den Ruhestand ein. Dann stehen ein Umzug in ein neues Domizil und Reisen mit dem eigenen Wohnmobil an. Auch für die Enkel ist dann mehr Zeit. Motorrad möchte Wienecke weiterhin fahren, doch nur noch in der Freizeit und er will nicht mehr als Organisator und Verantwortlicher agieren. In seinem Kopf plant er schon Verabredungen für die Zeit „danach“. Zudem hat er jüngst etwas Neues für sich entdeckt: Pfarrer Wienecke kocht! „Ich kann nicht kochen und wollte diese Aufgabe nie übernehmen, doch jetzt mit der Hochleistungsküchenmaschine macht es mir richtig Spaß.“

Bis jetzt gibt es noch keinen Nachfolger für den Motorrad-Pfarrer, klasse wäre, wenn sich wieder ein Biker findet, der das Werk fortführt. Das sei aber kein zwingendes Einstellungskriterium. Bis Mai wird Wienecke in jedem Fall noch die Stellung halten.
Pandemiebedingt bietet seine Kirchengemeinde derzeit Online-Gottesdienste an. So kann via Laptop, Tablet oder Smartphone doch noch ein Miteinander stattfinden. Auch für Heilig Abend wird eine entsprechende Lösung anvisiert. (dre)

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