Herxheim. Sie ist die berühmteste Erzählung der Welt und jedes Kind hat schon einmal von ihr gehört: die Geschichte von Weihnachten. Niemand wollte vor etwa 2017 Jahren Josef und Maria Obdach gewähren. Keiner war seinerzeit bereit zu teilen, zu helfen, sich zu kümmern. Es scheint, als passe das, was in Herxheim derzeit diskutiert wird, genau in diese Weihnachts- und Adventsstimmung: Die Verbandsgemeinde plant, einen Tafelverein bei seiner Gründung zu unterstützen. Umstritten ist einzig die Lage, wo der Verein künftig Lebensmittel an bedürftige Menschen verschenken möchte: die Tafel soll inmitten des Ortszentrums, in einem ehemaligen Modehaus untergebracht werden. Nicht überall stößt diese Idee auf Beifall.

Das Prinzip ist einfach und wurde in den USA geboren: Lebensmittel, die noch genießbar sind, sollen nicht in den Müll wandern, sondern Menschen zur Verfügung gestellt werden.
Seit 25 Jahren kümmern sich in Deutschland Tafel-Vereine um die Umsetzung dieser Idee. Mehr als 900 Tafeln gibt es in Deutschland. Auch in der Verbandsgemeinde Herxheim, wo etwa 700 Empfänger von Sozialleistungen leben, soll im Januar ein Tafelverein gegründet werden. Das Ansinnen wird von einer großen Mehrheit begrüßt. Zu einem ersten Treffen kamen rund 70 Interessierte. Eine der prominentesten Befürworterinnen ist Bürgermeisterin Hedi Braun. Sie trommelt in ihrer Verbandsgemeinde für Unterstützung und konnte den Rat davon überzeugen, die Mietkosten der ersten beiden Jahre zu übernehmen. Doch am Mietobjekt selbst, scheiden sich die Geister.

Das leerstehende Ladengeschäft des ehemaligen Modehauses Daum soll künftig von einer Tafel genutzt werden. (Foto: mda)

Wie viele Innenstädte, ist auch Herxheims Ortszentrum von zunehmenden Leerständen bedroht. Nachmieter für die vermeintlich exklusiven Lagen lassen sich nur schwer finden. Als vor wenigen Wochen in der Ortsmitte eines der größten Ladengeschäfte, das Modehaus Daum, seinen Betrieb einstellte, schienen die Begehrlichkeiten für das Mietobjekt zunächst groß. Doch Inhaberin Ingrid Daum hatte eigene Pläne: „Die Idee, unsere Räume für eine Tafel zur Verfügung zu stellen hatte ich schon länger. Ich bin sehr froh, dass uns Hedi Braun nun bei der Umsetzung unterstützt.“ Begehrlichkeiten meldete allerdings auch die Ortsgemeinde an. Laut Daum liege deren Interesse allerdings schon einige Jahre zurück. Für Herxheims Bürgermeister Franz-Ludwig Trauth böte das Objekt ideale Erweiterungsmöglichkeiten für das benachbarte Altenheim. Neue Wohnformen hätten hier etabliert und Teile des Ladengeschäfts einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden können. Kritisch sehe er diese Entwicklung zudem im Hinblick auf die Attraktivität des Ortskerns als Einkaufszentrum. Eine Sichtweise, die Gabi und Roland Willy vom einige Meter entfernten Geschenkeladen teilen: „Natürlich finden wir es gut und unterstützenswert, wenn Lebensmittel nicht weggeworfen, sondern an bedürftige Menschen verteilt werden. Um allerdings den Ortskern wiederzubeleben, wäre uns eine gewerbliche Nutzung an dieser Stelle lieber gewesen.“

Eine Einschätzung, die von Herxheimer Passanten bestätigt wird, wie eine Umfrage ergab. Hildegard Jung möchte beispielsweise den Verein gerne selbst unterstützen, die öffentliche Lage des Standortes sieht sie kritisch. Auch für Karina Lösch passe das Vorhaben zu Herxheim, auf die Befindlichkeiten der Bedürftigen müsse jedoch Rücksicht genommen werden.

Der Trubel vor der Tafel in Landau könnte bald weniger werden: Bedürftige aus der Verbandsgemeinde in Herxheim werden künftig in ihren Heimatort versorgt, wo im Ortskern eine Tafel errichtet werden soll. (Foto: mda)

Ein Seiteneingang trage dem Rechnung, findet Hedi Braun. Auch der Bundesverband der Tafeln unterstreicht, dass „wachsende Armutsprobleme sichtbar gemacht“ werden müssten und Tafeln deshalb „in die Mitte der Gesellschaft gehörten“. Einwohner der Verbandsgemeinde, die bislang auf die Tafel in Landau angewiesen waren, werden künftig also wieder zurück nach Herxheim müssen. Und selbst wenn die Einrichtung in Landau zahlreiche Zulieferer aus Herxheim verliert, wird die Initiative begrüßt. Den Standort hält der Landauer Tafel-Vorstand Gerd Findt hingegen für unangebracht: „Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Menschen, die uns besuchen, große Hemmungen davor haben öffentlich in ihrer Not gesehen zu werden.“ (mda)