Das Handwerk floriert, aber es mangelt an Nachwuchs

Zum Ausbildungsstart sind in der Südpfalz noch viele Plätze im Handwerk unbesetzt – dabei bieten die Berufe viel Abwechslung und sehr gute Aufstiegschancen

Omar Mohamed Ahmed kommt gebürtig aus Somalia, seit drei Jahren lebt er in Deutschland und macht jetzt eine Ausbildung zum Elektriker. (Foto: pdp)

Immer mehr Unternehmen können ihre freien Ausbildungsplätze nicht besetzen, manche bekommen keine einzige Bewerbung. Als Grund gelten u. a. das hohe Interesse an einem Studium und die tendenziell schrumpfenden Jahrgänge, ausgelöst durch den fortschreitenden demografischen Wandel. Das Handwerk ist von diesem Trend besonders betroffen. Im Bereich der Kreishandwerkerschaft Südpfalz/Deutsche Weinstraße sind zum 1. August 2019 370 neue Auszubildende in den Beruf gestartet (Stand 6. August 2019). Wir haben mit vier Azubis gesprochen.

„Wir haben keine statistisch verlässlichen Zahlen, wie viele Ausbildungsplätze tatsächlich unbesetzt sind, aber ich weiß, dass viele Betriebe noch gerne besetzen würden. An dieser Stelle bleiben sie dann jedoch oft stehen“, sagt Klaus Seiferlein, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Südpfalz – Deutsche Weinstraße. „Oft gehen die Betriebe nicht den Schritt weiter, sich persönlich um Auszubildende zu bemühen. Die Jugendlichen klopfen heute nicht mehr einfach bei den Betrieben an die Tür und geben ihre Bewerbung ab – wer ausbilden will, muss aktiv für das eigene Handwerk im Betrieb werben“, betont Seiferlein. „Die Königsdisziplin ist, selbst auszubilden. Ich sage immer: Nur die Leute, die ich selber ausbilde, stehen mir mittelfristig als Nachwuchs zur Verfügung.“

Eric Steimer aus Knittelsheim ist im 2. Ausbildungsjahr als Schreiner bei der Schreinerei Schmitt in Rheinzabern. Nach der Schule einen Bürojob auszuüben, konnte sich der 17-Jährige nicht vorstellen: Ich hatte schon vor meinem Ausbildungsbeginn drei Praktika in Schreinereien absolviert“, erzählt der Lehrling. „Und mit Holz habe ich eigentlich schon immer viel gewerkelt, gemeinsam mit meinem Vater und meinem Onkel, der auch Schreiner war. Aufmerksam auf den Ausbildungsplatz bei der Schreinerei Schmitt ist Eric Steimer über das Internet geworden. „Ich habe explizit nach einer Schreiner-Ausbildung in der Region gegoogelt und bin schnell fündig geworden“, erinnert sich Steimer und ist glücklich mit seiner Entscheidung.

Schreinerlehrling Eric Steimer. (Foto: pdp)

Zum 1. August in ihre Ausbildung als Glaser Fachrichtung Fensterbau gestartet sind Timo Eichhorn (16) und Marcel Schwarz (15) bei Löffel Fenster in Herxheim. „Ich habe mich für eine Ausbildung im Handwerk entschieden, weil mir in der Schule das Fach Technik und Naturwissenschaften schon immer gut gefallen hat und ich schon früh gemerkt habe, dass mir das Handwerkliche gut liegt“, sagt Timo Eichhorn. „Im Büro zu sitzen, ist nicht so meines.“ Auch Marcel Schwarz hat sich schon in der Schulzeit für die Fachrichtung begeistert, zudem hatte er durch seine Familie Berührungspunkte mit dem Handwerk: „Mein Vater war Maurer, mein Opa Elektriker“, berichtet der 15-Jährige. Bereits während der Schulzeit konnte Schwarz einmal in der Woche im Rahmen eines Praktikums in den Betrieb und den Beruf des Glasers reinschnuppern – über einen Zeitraum von einem Jahr.
„Ich habe die gleiche Klasse besucht wie Marcel. Irgendwann hat er mich mal gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mal mit in den Betrieb zu kommen“, erinnert sich Eichhorn. „Ich bin mitgekommen, es hat mir Spaß gemacht und dann habe ich mich beworben.“
Omar Mohamed Ahmed kommt gebürtig aus Somalia, seit drei Jahren lebt er in Deutschland. Knapp ein Jahr lang hat Omar ein Praktikum bei der Firma Avril Elektrotechnik in Landau absolviert, zum 1. August nun hat er seine Ausbildung zum Elektriker begonnen. Ganz neu war der Beruf für den 20-Jährigen nicht. „Ich habe schon in Somalia meinem Vater bei kleineren elektrischen Arbeiten geholfen – es war quasi ein Hobby von mir.“ Ein Hobby, das Omar nun zu seinem Beruf machen möchte.
Um mehr junge Menschen wie Eric Steimer, Timo Eichhorn, Marcel Schwarz und Omar Mohamed Ahmed für das Handwerk zu gewinnen, muss ausreichend Informationsarbeit geleistet werden: „Viele Jugendliche kommen überhaupt nicht auf die Idee, einen handwerklichen Beruf zu erlangen. Das hat auch damit etwas zu tun, dass handwerkliche Tätigkeiten in Familien oder im persönlichen Umfeld zurückgehen“, erklärt Klaus Seiferlein die Problematik. „Wer also nie etwas vom Handwerk gehört hat und nichts über das Handwerk weiß, der will da auch nicht hin. Die Kernaufgabe besteht darin, zunächst einmal deutlich zu machen, dass es uns gibt. Dann muss das Interesse der Jugendlichen geweckt und ihnen aufgezeigt werden, dass Handwerk modern, innovativ und vielschichtig sein kann. Unsere Aufgabe ist es, technisch versierte und interessierte Jugendliche für das Handwerk zu gewinnen – vielleicht kann es eine Alternative zum Ingenieur-Studium sein.“ Denn im Handwerk sind zwei Fähigkeiten gefordert: Intellekt und praktisches Geschick – Fähigkeiten, die Eric Steimer, Timo Eichhorn, Marcel Schwarz und Omar Mohamed Ahmed besitzen – gepaart mit ihrem großen Enthusiasmus für ihre Berufswahl. (pdp)

Wer noch (auch kurzfristig) auf der Suche nach einem Ausbildungs- oder Praktikumsplatz ist, wird hier fündig: https://www.khsdw.de/deine-zukunft-im-handwerk/ausbildungs-und-praktikumssuche/