Steckbrief

Regina Halmich

1994: Profi-Europameisterin im Super-Fliegengewicht

1995: Weltmeisterin der „Women International Boxing Federation“ im Super-Fliegengewicht

1998 bis 2000: WIBF-Weltmeisterin im Fliegengewicht

2007: Abschiedskampf vom Profiboxen gegen Hagar Shmoulefeld Finer (Halmich siegte nach Punkten)

Nach dem Karriereende: u. a. Co-Moderatorin und Expertin für Boxübertragungen, Moderation der 2. und 3. Staffel „The Biggest Loser“

Kampfstatistik

Kämpfe 56

Siege 54

K.-o.-Siege 16

Niederlagen 1

Unentschieden 1


Wie kamen Sie eigentlich zum Boxen? 

Regina Halmich: Wir sind hier tatsächlich in der Geburtsstätte – in den heiligen Hallen des Bulldog Gym. Damals hatte mich eine Freundin mit ins Karate genommen. Während des Trainings habe ich bei den Kickboxern zugesehen und empfand das noch spannender. Trainer Jürgen Lutz bemerkte mich und ich habe dann das Kickboxen ausprobiert. Ich war Feuer und Flamme, habe an Wettkämpfen teilgenommen und es bis zur Europameisterin gebracht. Immer mehr stellte sich dabei raus, dass ich besonders gut mit den Fäusten bin. Auf Anraten von Jürgen Lutz haben wir dann verstärkt im Boxbereich gearbeitet. Zu Beginn habe ich das Kickboxen vor meinen Eltern verheimlicht, aber dann haben sie mich unterstützt.

Was hat Sie damals am Boxen besonders gereizt?

Regina Halmich: Der Zweikampf. Der Vollkontakt. Der Wettkampfgedanke. Viele Dinge haben mich fasziniert. Es war aber vor allem mehr ein Gefühl, das mich zum Boxen gebracht hat. Ich kann es nicht anders erklären, aber ich habe einfach gemerkt, dass das mein Sport war. Ich hatte die Leidenschaft und es ging mir gut von der Hand. Ich habe darin mein Talent gefunden. Es ist immer schön, wenn man seine eigenen Talente entdecken kann. Es gibt viele Menschen, die sich nicht trauen, ihre Fähigkeiten auszuleben oder die nicht gefördert werden. Ich hatte wirklich großes Glück, dass ich entdeckt wurde. 

Zu der Zeit war der Boxsport bei Frauen noch nicht so recht „en vogue“, oder? 

Regina Halmich: (lacht) Das haben Sie schön ausgedrückt. Das stimmt, der Frauenboxsport im Amateurbereich war bis 1993 sogar verboten! Deswegen hat mich meine Umwelt auch zunächst nicht richtig ernst genommen. Ich musste mir den Respekt ers mal hart erarbeiten. Wir haben uns dem Verband in Amerika angeschlossen, da gab es das Profiboxen schon sehr lange. Don King hatte auch eine Frau unter Vertrag, es war nicht so ungewöhnlich wie in Deutschland. Die USA waren zwar ein Wagnis, aber ich hatte schon etwas Erfahrung. Im Kickboxbereich hatte ich über 35 Kämpfe, insofern war das Antreten zu Box-Wettkämpfen keine große Umstellung. Wir haben das Profi-Frauenboxen dann sozusagen nach Deutschland geholt. Meinen Namen verbinden viele mit dem Frauenboxen – bis heute. 

Mit Regina Halmich sprach Markus Eisel. (Foto: Foto Weber)

Das war natürlich auch die Zeit, in der das Boxen an sich auf dem absoluten Höhepunkt war, zum Beispiel durch Henry Maske.

Regina Halmich: Ja, absolut. Ich war eben auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Trotzdem war es doppelt so schwer. Als Vorreiterin hatte ich auch Nachteile. Ich musste mich von Anfang an beweisen und rechtfertigen, warum ich als Frau überhaupt boxe. Es waren also eigentlich immer zwei Kämpfe: Einmal im Ring und einmal außerhalb des Rings. Ich musste anfangs viel Überzeugungsarbeit leisten. Umso besser war es natürlich, als ich dann bei Universum Boxpromotion aufgenommen wurde und später beim ZDF kämpfen konnte. Das war der Durchbruch.

Hatten Sie auch Vorbilder?

Regina Halmich: Ja, Dariusz Michalczewski war ein Vorbild für mich. Ihn habe ich von Anfang an im Training beobachtet und wir waren dann beide bei Universum Boxpromotion. Ich bin immer früher gekommen und habe ihn bei seinem Sparring beobachtet. Das hat mich immer fasziniert.

Sie haben 48 Titelkämpfe bestritten. Wie kann man sich für so viele Kämpfe motivieren?

Regina Halmich: Das frag‘ ich mich heute auch (lacht). Aber im Prinzip ist es ganz einfach. Bei den ersten Titelverteidigungen musste ich mich immer wieder beweisen und zeigen, was ich kann. Durch meine Kritiker habe ich unheimlich viel Energie geschöpft. Später hatte ich dann die Aussicht, mit den Kämpfen Geld zu verdienen. Von meiner Leidenschaft leben können: Das war mein großer Ansporn. Als dann von 2002 bis 2007 das ZDF mit einstieg, war das meine ganz große Chance. Da war für mich klar: Wenn ich es jetzt richtig mache, den Fans gutes Boxen biete und die Einschaltquoten stimmen, dann kann ich damit Geld verdienen. Die Leidenschaft für das Boxen stand immer an erster Stelle, nur musste es sich finanziell irgendwann auch bezahlt machen. 

Oft sind es bei Profisportlern zwei Sachen: Erst mal der eigene Ehrgeiz, es ganz nach oben zu schaffen, und sich zweitens über so einen langen Zeitraum oben halten zu können. Das erfordert doch eine wahnsinnige Selbstdisziplin?

Regina Halmich: Absolut. Dabei ist das „oben halten“ noch viel schwieriger. Aber das ist der Schlüssel meines Lebens: Disziplin. Jeder, der mit mir zusammenarbeitet, weiß was er an mir hat. Ich halte inzwischen viele Vorträge, plane Trainings und kommentiere Boxkämpfe. Dabei bin ich zuverlässig und gebe immer mein Bestes. Das sind viele Eigenschaften, die ich vom Boxen mitgenommen habe.

Ihre Popularität ist ja immer mehr gestiegen. Verändert das einen selbst und das Umfeld?

Regina Halmich: Also mich hat es gar nicht so sehr verändert. Klar, man entwickelt sich weiter, aber eigentlich hat sich mehr das Umfeld verändert. Anfangs wurde ich durch Kritiker häufig in Frage gestellt, doch umso respektvoll waren diese am Schluss. Irgendwann wurde das Frauenboxen sogar schick. Bei meinem Abschiedskampf im ZDF waren es 9 Millionen Zuschauer. Da kann man dann nicht mehr von einer Randsportart sprechen. 

Auch so Geschichten wie mit Stefan Raab…

Regina Halmich: …Ja natürlich, das war mal was anderes. Das war nahezu der mediale Durchbruch. Ich wurde von vielen Leuten auf Stefan Raab angesprochen, auch auf der Straße. Das Format hat auch Zuschauer erreicht, die Boxen normalerweise gar nicht schauen. Direkt nach dem Kampf war die Aufmerksamkeit schon extrem. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass mich plötzlich ganz Deutschland kannte. Egal wo: Jeder hat mich angesprochen auf die Raab-Nummer. Bis heute sogar.

Nervt das manchmal, wenn man auf sowas reduziert wird?

Regina Halmich: Ich glaub‘ nicht, dass ich nur darauf reduziert werde. Die Leute wissen, dass ich eine richtig gute Boxerin war. Aber die Menschen fanden den Kampf mit Stefan Raab einfach nur geil. Ich glaube, der Ausdruck trifft den Nagel auf den Kopf. Stefan Raab hat auch seine Marketingstrategie im Vorfeld genutzt und eine richtig gute Show abgeliefert. 

Die Karriere ist ja irgendwann zu Ende. Den Schlussstrich haben Sie selbst gewählt. War es damals der richtige Zeitpunkt?

Regina Halmich: Ja, es war der richtige Zeitpunkt. Ich hätte natürlich noch einige Kämpfe machen können, aber ich habe alles erreicht, was ich wollte. Ich habe viele Kämpfe gewonnen, ich habe gutes Geld verdient und ich war gesund. Man sollte eben aufhören, wenn es am schönsten ist. Mir ist das damals wirklich schwergefallen. Die Leute finden es bis heute schade, dass ich aufgehört habe. Ich würde es jedoch nicht umgekehrt haben wollen. Deswegen glaub‘ ich, dass der Zeitpunkt richtig war. 

Fällt man nach dem Karriereende erst mal in ein Loch?

Regina Halmich: Nein, komischerweise überhaupt nicht. Ich habe den Schritt nach meiner Karriere vorher geplant. Ich habe mit meinem Anwalt und meiner Managerin gemeinsam überlegt, welche Stärken noch weiter genutzt werden können. Ich halte nun auch Vorträge bei Firmen und erzähle meine Geschichte: Wie man es schafft, immer wieder aufzustehen und sich zu motivieren. Das ist wirklich gut angekommen, ich denke, durch meine Authentizität und weil ich den Leuten etwas mitgeben kann. Stichwort Motivation. Außerdem habe ich die Abnehmshow „Biggest Looser“ moderiert, war Markenbotschafterin bei Fitness First und habe dafür sechs Jahre lang Trainingsprogramme entwickelt und Trainer ausgebildet. Heute kommentiere ich Boxkämpfe bei Sport1 und gebe auch Trainingsstunden im Ausland. Für ein paar Herzensprojekte kann ich mich auch noch begeistern. Beispielsweise bin ich seit vielen Jahren für Pink Ribbon unterwegs, um über Brustkrebsvorsorge aufzuklären. Das Kinderhilfswerk und auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten sind ebenfalls wichtig. Das Leben ist bunt gemischt und ich könnte es mir nicht schöner vorstellen. Der größte Luxus ist doch, wenn man sich eine Karriere aufbauen konnte, nach der man später vieles frei entscheiden kann.

Der Boxsport an sich ist inzwischen medial etwas zurückgefahren. Liegt das auch an den Sportlern? Gibt es keine richtigen Charakterköpfe mehr, so wie Henry Maske, die Klitschkos oder Sie?

Regina Halmich: Also, es liegt vor allem an dem Ausstieg von ZDF, ARD und RTL. Boxen wird inzwischen eher auf den Spartensendern übertragen. Das sind auch tolle Sender, haben aber kein Millionenpublikum mehr. Ein bisschen fehlt es aber auch an starken Charakteren. Heutzutage ist medial vorgegeben, was man in der Öffentlichkeit sagen darf und was nicht. Das macht viele Sportler zu glatt. Wobei es in der heutigen Zeit besonders wichtig wäre, Farbe zu bekennen und Stellung zu beziehen, gerade bei gesellschaftlichen Themen. Trotzdem: Gute Boxer haben wir auf jeden Fall! Es wird auch wieder Weltmeister geben, aber momentan können wir international nicht mithalten. 

Sie haben vielleicht schon von dem talentierten Jungen aus Hatzenbühl gehört: Leon Bauer. Denken Sie, dass er Chancen auf eine Karriere hat?

Regina Halmich: Ja, ich habe von Leon Bauer gehört und er ist talentiert, ganz klar. Aber nicht immer schaffen es Talent, sich in der Welt- oder Europaspitze auch durchzusetzen. Abgesehen davon ist das Aufrechterhalten der Karriere oft schwieriger als das Aufsteigen. Man muss also die Entwicklung sehen. Aber Leon Bauer präsentiert sich auf jeden Fall schon gut.

Gibt es etwas, das Sie gerne nochmal medial machen würden? 

Regina Halmich: Ehrlich gesagt war es nie mein Anspruch, in der ersten Reihe zu stehen. Ich brauche keine neue, große Karriere im Fernsehen. Falls ich nochmal dahingehend etwas machen sollte, dann vielleicht eine Tiersendung oder Ähnliches. Das würde mir Spaß machen. In der Hinsicht gibt es viele tolle Projekte. Ich hatte schon viele Angebote für die Fernsehlandschaft, aber ich sehe mich darin eher weniger. Es dürfen andere gerne in den Dschungel gehen (lacht). Das sind tolle Unterhaltungssendungen, bei denen ich auch gerne mal zusehe, aber für mich selbst ist das nichts. (eis)