Herr Pauli, Sie sind Vorstand einer Brauerei. Warum hat es eine Brauerei inmitten einer Wein-Hochburg gar nicht so schwer, wie man eigentlich annehmen würde?

Roald Pauli: Durch die Vielzahl von Winzern und guten Weinen in unserer Region ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Wein in der Südpfalz höher als im Bundesgebiet. Das geht sicherlich ein Stück weit zu Lasten des Biersegments und ist aber auch nur auf den ersten Blick ein Nachteil für unsere Brauerei, da die Südpfalz eine Reihe von Vorteilen für ein Unternehmen wie unseres bietet. Die Menschen hier sind tief verwurzelt und haben einen starken Bezug zu ihrer Heimat und zu den Herstellern in der Region. In der Pfalz genießt man gerne und legt großen Wert auf hochwertige Speisen und Getränke. Mit dem Wein gibt es bei uns keine Berührungsängste – was auch daran liegt, dass wir nicht ausschließlich im Biersegment vertreten sind, sondern auch alkoholfreie Getränke herstellen und verkaufen. Insofern stehen wir auch komplementär zum Wein: Unser Bellaris Mineralwasser ist die ideale Ergänzung zum Wein und ausgesprochen gut für die Weinschorle geeignet.

Es gibt die Brauerei ja auch schon seit langer Zeit …

Roald Pauli: Wir sind seit 154 Jahren am Standort in Bellheim. Die Bellheimer Brauerei zählt damit zu den ältesten Betrieben der Pfalz. Aufgrund unserer Tradition und Historie sind wir ein fester Bestandteil in dieser Region. Hier betreiben wir fast ausschließlich unsere Geschäfte, beliefern eine Vielzahl von leistungsfähigen Gastronomiebetrieben, sind auf zahlreichen Festen vertreten und teilen mit den hier lebenden Menschen das positive Lebensgefühl. Hier in der Region sind wir Zuhause auch mit dem hierfür notwendigen Erfolg.

Wie sind Sie in Ihre Position gekommen? Was haben Sie gelernt, dass Sie heute dort stehen, wo Sie stehen?

Roald Pauli: Beruflich angefangen hat es in der Finanzbuchhaltung einer größeren Brauereigruppe. Einige Jahre später wurde mir das Finanz- und Rechnungswesens anvertraut. Danach war ich als Vorstandsmitglied für sämtliche kaufmännische Belange in dieser Gruppe zuständig, auch für die Park- Bellheimer, die in den Jahren 2003 bis 2009 Tochtergesellschaft dieser Getränkegruppe war. In der damaligen horizontalen Konzernstruktur haben sich alle Betriebe – auch unser Unternehmen – schwer getan. Der stringente Fokus auf das einzelne Unternehmen musste sich oft dem Konzerninteresse unterordnen – die eigene Unternehmensentwicklung geriet ins Hintertreffen. Als sich Ende 2009 der Eigentümer der Unternehmensgruppe dazu entschloss, sich aus dem Getränkegeschäft zurückzuziehen, konnte ich die Park & Bellheimer zum 1.1.2010 mit rund 81 Prozent mehrheitlich übernehmen. Diesen Schritt habe ich bis heute nicht bereut. Der Fokus liegt seitdem nur auf unserem Unternehmen indem wir uns auf die eigenen Belange konzentrieren. Diese Unabhängigkeit ist für unser Haus der erfolgversprechendere und auch nachhaltigere Weg. Damals war sicherlich das notwendige Glück – vielleicht auch etwas Geschick – auf meiner Seite, um die beruflichen Weichen nochmals komplett neu stellen zu können.

War der Wunsch, eine Brauerei zu führen, seit Kindheitstagen vorherrschend?

Roald Pauli: Nein, in der Kindheit träumt man nicht von Brauereien, eher von Lokführer und Lokomotiven, weil man mit diesen spielt. In der Schule haben mich naturwissenschaftliche Themen interessiert. Aber wie so oft im Leben bestimmen der Zufall und auch das Glück einen anderen Lebensweg. Für eine Brauerei Verantwortung zu übernehmen, deren Wurzeln bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen, ist eine besonders ehrenvolle Aufgabe, weil viele Generationen vor mir die Brauerei mit Geschick und Fleiß aufgebaut haben. Diese Tradition zu erhalten und in die Zukunft zu führen, an den notwendigen Stellen mit dem Modernen zu verbinden ohne seine eigenen Wurzeln zu gefährden, ist eine äußerst reizvolle Aufgabe. In der heutigen schnelllebigen Zeit üben solche Unternehmen wie unsere Brauerei mit ihrer Tradition für viele Menschen einen besonderen Reiz aus. Das gilt für mich in besonderem Maße. Unsere Unabhängigkeit sichert uns dabei die Freiräume für die weitere Entwicklung in der Zukunft. Wir erkennen heute die Notwendigkeit etwas zu tun oder zu verändern, und morgen machen wir uns auf den Weg. Im Konzern organisierte Unternehmen können so nicht arbeiten. Hier sind wir deutlich schneller und flexibler.

Welche Rolle wird das Biersegment zukünftig in der Pfalz und auch deutschlandweit spielen? Blicken Sie hier mit dem gleichen positiven Elan in die Zukunft?

Roald Pauli: Unser Kernabsatzgebiet ist die Pfalz. Hier erwirtschaften wir rund 85 Prozent unserer Umsatzerlöse. Unser Fokus wird auch in der Zukunft die Pfalz bleiben. Auf diese Region richten wir unsere unternehmerischen Aktivitäten aus. Das sichert uns im Markt einen entsprechenden Wettbewerbsvorteil. Im Umkehrschluss würde die Öffnung unseres Vertriebsgebiets weit über unsere jetzigen Grenzen hinaus zu Lasten unseres Kernmarkts gehen. Eine solche Strategie würde keinen Erfolg haben, weil wir uns im Heimatmarkt nachhaltig schwächen. Am Elan in der Zukunft wird es daher nicht mangeln, zumal wir uns nicht ausschließlich auf das Biersegment konzentrieren, sondern mit zunehmendem Erfolg unsere alkoholfreien Getränke unter der Marke Bellaris verkaufen. Wir haben uns in der Vergangenheit bewusst gegen die Kunststoffflasche entschieden und Bellaris ausschließlich in der Glasmehrwegverpackung angeboten, weil wir damit Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Produktqualität unter einen Hut bringen. Heute werden wir von unseren Kunden für diese Einstellung belohnt; Bellaris wächst im Absatz mit zweistelligen Zuwachsraten, auch weil sich die Verbraucher die berechtigte Frage stellen: Müssen wir Mineralwasser über hunderte von Kilometer aus dem Ausland nach Deutschland transportieren, bleibt da nicht der Umweltschutz auf der Strecke?

Kurz nach der Wiedervereinigung hat ein Bewohner Deutschlands im Schnitt rund 150 Liter Bier pro Jahr getrunken, inzwischen sind es etwa 100 Liter – woran könnte das liegen?

Roald Pauli: Die Konsumgewohnheiten haben sich verändert. Die demografische Entwicklung führt zu Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur – weniger Kinder bei steigender Lebenserwartung. Diese beiden Aspekte beeinflussen die Brauwirtschaft entsprechend negativ. Darüber hinaus ist der Wettbewerb in der Braubranche aufgrund der tendenziell rückläufigen Mengenentwicklung sehr ausgeprägt. Diesem Thema muss man sich mit einer klaren Strategie stellen.

Früher wie heute: Qualitätskontrolle bei Park & Bellheimer. (Foto: Park & Bellheimer)

Trotzdem sind die Biere gerade von größeren, regionalen Brauereien gefragt …

Roald Pauli: Regionalität ist ein nachhaltiger Trend im Konsumverhalten der Verbraucher. Die Menschen wollen wissen, wo ihre Ware herkommt und wer sie produziert. Das Vertrauen in die Produkte und den Hersteller spielt damit eine große Rolle. Im Blick der Menschen liegt das unmittelbare Umfeld. Hierfür entwickeln sie ein großes Interesse. All das fördert die regionale Identität. Wenn dann noch in der Region qualitativ gute Biere und Bierspezialitäten gebraut werden, steht man in der Gunst der Verbraucher auf den vorderen Plätzen.

Welche großen Herausforderungen sehen Sie noch für die Zukunft?

Roald Pauli: Die eingangs erwähnten veränderten Konsumgewohnheiten und der demografische Wandel werden uns dauerhaft vor Herausforderungen stellen. Ein Baustein, um dem zu begegnen, ist die Erweiterung unseres Tätigkeitsfelds auf den Bereich Mineralwasser und Erfrischungsgetränke. Die Grundlagen hierfür wurden vor über 40 Jahren gelegt; aus heutiger Sicht eine weise Entscheidung, da dieses Marktsegment seit Anfang der siebziger Jahre kontinuierlich wächst. Auch hier können wir unseren Kunden ein regionales und hochwertiges Sortiment anbieten.

Wie sieht es mit Fachkräften aus?

Roald Pauli: Bei Vollbeschäftigung sicherlich kein einfaches Thema. In der Südpfalz stehen wir mit vielen attraktiven Unternehmen im Wettbewerb um gute Fachkräfte.

Gerade wurde bei Ihnen die neue Fass-Abfüllanlage in Betrieb genommen …

Roald Pauli: Ein sehr interessantes Projekt von der Planung bis zur Umsetzung. Mich persönlich begeistert die Leistungsfähigkeit moderner Technologien. Im Fall der Fassabfüllanlage das Zusammenspiel vieler Einzelmaschinen mit der übergeordneten Steuerung und das mit der dreifachen Anlagenleistung von 300 Fass je Stunde im Vergleich zur alten Maschine. Auch für diese Investition haben wir uns für die derzeit modernste verfügbare Technik entschieden. Der zwischenzeitlich hohe technische Stand im Gesamtbetrieb unterstützt unsere Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit und sichert das Qualitätsniveau unserer Produkte. Dafür haben wir seit 2010 im Gesamtunternehmen rund 30 Mio. Euro investiert. Das sind doppelt so hohe Investitionsraten wie im Bundesdurchschnitt. Wir wollen als moderner Betrieb in die Zukunft blicken. (pdp)