Deutschland/Frankreich. „Mich erschüttern die persönlichen Berichte, die mich zunehmend erreichen, zu tiefst. Elsässer und Deutsche, die im Elsass wohnen, werden in Deutschland aufs übelste angefeindet, Deutsche im Elsass mit Vorwürfen und Beschimpfungen überschüttet. Bis vor wenigen Wochen sind wir uns doch stets mit einem freundlichen Lächeln begegnet, das Autokennzeichen hatte keine Relevanz. Und jetzt haben wir innerhalb kurzer Zeit wieder unsichtbare Grenzen hochgezogen, opfern dieses gewachsene, grenzenlose Miteinander tatsächlich dem Unbill, den die Corona-Pandemie mit sich brachte? Das macht mich fassungslos, ich kann das so nicht hinnehmen“, so Landrat Dr. Fritz Brechtel und bittet: „Bitte halten Sie inne, bitte erinnern Sie sich an ihre Besuche im Elsass, an die Begegnungen in Deutschland mit dem französischen Nachbarn, an das Frühstück in Wissembourg, das Flammkuchenessen in Lauterbourg. Oder an die gemütlichen und geselligen Sonntage an einem Baggersee, da es egal war, ob der See dies- oder jenseits der unsichtbaren Ländergrenze liegt.“

Landrat Dr. Fritz Brechtel erinnert daran, dass die Corona-Pandemie alle gleichermaßen erschüttert und aus dem alltäglichen Trott gebracht hat, dass alle Einschränkungen hinnehmen und neue Regeln lernen müssen und alle ein stückweit in dieser Unsicherheit leben müssen. Der Kreischef und Vize-Präsident des EVTZ Eurodistrikt PAMINA vermutet, dass viel Unmut auch aus den teilweise unschönen Situationen an den Grenzübergängen resultiert und aus einer Angst heraus, nachdem sich die Pandemie so deutlich im nahen Elsass gezeigt hat. Die Schließung der Grenze, kurz nachdem das Robert-Koch-Institut das Elsass zum Risikogebiet erklärt hatte, kam es – nach den Berichten von Betroffenen – häufiger, zu heftigen Anfeindungen und Ausgrenzungen.

„Die Berichte handeln von noch harmlos Beschimpfungen und Beleidigungen und gehen über zu Sachbeschädigung und Androhung körperlicher Gewalt. Wenn nur die Hälfte der Geschichten wahr ist, wirft das ein dunkles Bild auf – ich hoffe doch sehr – einzelne Mitglieder unserer Gesellschaft“, so Landrat Brechtel. „Ich bin zuversichtlich und baue auf die Menschlichkeit, auf die Freundschaft, auf die Solidarität und auf ein geeintes Europa. Ich baue darauf, dass die allermeisten Mensch in unserer PAMINA-Region diese Wert ebenfalls zu tiefst schätzen und sich aufrichtig und beherzt gegen Anfeindungen, Pöbeleien und rassistische Haltungen und Handlungen stellen.“

Brechtel ergänzt, dass es jedem klar sein muss, dass die Corona-Pandemie die Welt verändert hat und vielleicht auch weiter verändern wird. „Wir arbeiten daran, dass Maßnahmen, die uns im Miteinander nicht guttun, nach und nach wieder gelockert werden – allerdings stets unter den wichtigsten aller Aspekten: Gesundheit und Schutz aller Menschen“, so Brechtel und ergänzt, „konkrete Lockerungen für unsere Pendler aus dem Elsass sind beispielsweise die zeitweise Öffnung der Grenzübergangs in Neulauterburg sowie der Wegfall des Einkaufverbots.“

Er appelliert: „Geben Sie uns allen dazu die notwendige Zeit und das Vertrauen, geben Sie uns und sich die notwendige Geduld und vor allem lassen Sie uns weiterhin zusammenhalten und freundschaftlich begegnen – auf deutscher und auf französischer Seite. Ich bin dankbar für die grenzen-lose Zusammenarbeit, für grenz-übergreifende Begegnungen und Strukturen im privaten und beruflichen Bereich. Bitte halten Sie mit mir daran fest. Ich glaube fest daran, dass so Hetze und alles, was uns vorübergehend zu trennen scheint, keine Chance hat. Das `Wir´ ist die stärkste Kraft im deutsch-französischen Miteinander.“ (per)