Der Dritte-Person-Komplex

Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

(Foto: Designed-by-Freepik)

„Paula, jetzt reiß dich mal zusammen und konzentrier‘ dich auf deine Arbeit!“, ermahnt sich Paula selbst. „Führst du schon wieder Selbstgespräche, Paula?“, möchte Günther von seiner Kollegin wissen. „Das ist irgendwie gruselig.“

„Mit sich in der dritten Person zu sprechen, ist total angesagt und echt hilfreich“, klärt Paula Günther auf. „Das macht einen viel entspannter und konzentrierter. Außerdem gibt es den positiven Nebeneffekt, dass dir niemand ins Wort fallen kann“, zwinkert Paula Günther zu. „Das soll funktionieren?“, Günther ist skeptisch.

„Absolut! Versuchs doch einfach mal“, ermutigt Paula ihren Kollegen. 

„Ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich Selbstgespräche führe – dann lachen wir beide“, gluckst Günther.

„Du bist doof! Mal im Ernst: Eine amerikanische Forschergruppe hat jüngst untersucht, welche Auswirkungen es hat, wenn man sich in Selbstgesprächen mit dem eigenen Namen anredet. Und sie haben herausgefunden, dass Selbstgespräche hilfreich sind, um eine Art Distanz zur eigenen Person zu schaffen und intensiver über das eigene Verhalten nachzudenken“, klärt Paula auf. Man kann auch sagen, es ist ein verbales Anspornen.“

„Günther, du bist ein Genie“, versucht Günther es nun. „Ich merke noch nichts, Paula.“„Wie das so im Detail funktioniert, kann ich dir auch nicht sagen. Aber versuch‘s mal im Wechsel – sag erst etwas Negatives und dann etwas Positives zu dir“, rät Paula. „Du meinst, ich soll mich erst beschimpfen, um mich anschließend in den Himmel zu huldigen? In etwa so: Günther, du bist zu nichts nutze, Günther,  du Trottel, Günther, du kannst ja nicht einmal bis drei zählen – puh, das muss Günther jetzt erst einmal verdauen.“ Günther wirkt jetzt ganz bedröppelt. 

„Genau, und nun etwas Positives“, spornt Paula ihren Kollegen an. „Günther, ich war total im Unrecht: Günther, du bist der Beste, niemand kann dir auch nur im Geringsten das Wasser reichen, Günther, ich verneige mich vor dir und deiner Anmut. Das tut wirklich gut!“, freut sich Günther über seine eigenen Komplimente. „Hab ich es nicht gesagt“, freut sich Paula. „Paula, du hast es einfach drauf und nebenbei siehst du noch verdammt gut aus.“