LANDAU. Lithium ist heute der wichtigste Batterierohstoff. EMobile und Smartphones würden ohne das Alkalimetall nicht laufen. Deutschland deckt seinen Bedarf bislang vollständig über Importe. Doch auch im Oberrheingraben, insbesondere unter der Südpfalz, schlummern erhebliche Lithium- Vorkommen. Ein Start-Up mit Sitz in Karlsruhe hat sich vorgenommen, diesen Schatz zu heben.

Die Vision

„Unsere Mission ist es, den derzeit hohen CO2-Fußabdruck der Produktion von Lithium-Ionen-Akkus für Elektrofahrzeuge drastisch zu verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir ein patentiertes Verfahren entwickelt, das uns die weltweit erste CO2-freie Lithium-Gewinnung aus den Thermalwässern des Oberrheingrabens ermöglicht“, meldet die Vulcan Energie Ressourcen GmbH.

Die Geschäftsidee des Start-Up-Unternehmens ist so vielversprechend, dass der australische Bergbau-Riese Vulcan Energy Resources Limited als Partner eingestiegen ist. Autobauer wie Renault und Volkswagen haben sich den Zugriff auf das Zero Carbon Lithium bereits vertraglich gesichert. Das deutsch-australische Joint-Venture will den Rohstoff ab 2024 in der Rheinebene fördern. Die Geothermiekraftwerke in Landau und Insheim wären ideale Partner. Die Kraftwerke nutzen das 160 Grad heiße Thermalwasser,
das aus einer Tiefe von über 3.000 Metern hochgepumpt wird, für die Gewinnung von Strom und Wärme. Mit dem neuen Verfahren könnte dem Tiefenwasser zusätzlich Lithi-
um entzogen werden. Neben den Umweltvorteilen soll die Methode
von Vulcan Energie auch noch wirtschaftlicher als die konventionelle Lithium-Gewinnung sein. Im Landauer Kraftwerk hat Vulcan Energie – ebenso wie in Bruchsal – eine klei-
ne Versuchsanlage gestartet. Das Geothermiekraftwerk Insheim hat Vulcan aufgekauft.

Chancen und Risiken

In den Anfangsjahren der Geothermiekraftwerke ist es in Landau und Insheim zu bedenklichen Auswirkungen gekommen: Erdbeben, Bodenhebungen, Risse in Häusern
und Straßen. Die Anlagen mussten zeitweise abgeschaltet werden. Der Landauer Stadtrat hat unter dem Eindruck dieser Ereignisse 2014 eine Resolution verabschiedet, in der die mittelfristige Stilllegung des Geothermiekraftwerks in der Eutzinger Straße gefordert wird. Laut Bergdirektor Holsten Hübner vom zuständigen Referat im Landesamt für Geologie und Bergbau, Mainz, ist die aktuelle Betriebsgenehmigung bis 31. Januar 2026 befristet. Durch den Ukraine-Krieg ist eine neue Situation bei der Energieversorgung eingetreten. Auch unter Klimaaspekten schneidet die Geothermie gut ab. Und nun winkt als Zusatznutzen noch die Lithium-Gewinnung. Vor diesem Hintergrund schlägt die Stadt-
verwaltung vor, die bisherige Beschlusslage nochmals zu hinterfragen. Der Stadtrat Landau wird am 14. Juni über eine Kurskorrektur abstimmen. Im Vorfeld gab es am
31. Mai eine Expertenanhörung vor den Mitgliedern des Haupt- und des Umweltausschusses. Gregor Gruber vom Kraftwerksbetreiber in Landau verwies auf den reibungslosen Betrieb in den letzten Jahren. Große Teile der Stadt könnten künftig mit Erdwärme beheizt werden. Rebekka Reich, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Angewandte Geowissenschaften des KIT Karlsruhe, bestätigte, dass die Lithium-Extraktion im Labor funktioniert. Kritiker wie Werner Müller, Vorsitzender der Bürgerinitiative
Geothermie Landau, befürchten dagegen, dass durch neue Bohrungen neue Schäden auftreten. Die Anlage Insheim habe zu 164 Erdbeben geführt. Kleine Beben könnten sich einmal zufällig zu einem größeren addieren, eine Leckage im Tiefwasserkreislauf könnte das Trinkwasser vergiften. Restrisiken räumt auch Gutachter Dr. Johannes K. Gottlieb ein. Er geht jedoch davon aus, dass durch verbesserte Qualitätsstandards und ausgereifte Frühwarnsysteme Pannen wie zu Beginn der Anlagen sehr unwahrscheinlich sind.

Kein Freibrief

Oberbürgermeister Thomas Hirsch betont, dass es in der anstehenden Rats-Entscheidung nicht um einen „Freibrief“ für die Geothermie gehe. Sind die städtischen Gremien einer möglichen Lithium-Gewinnung am Standort Landau gegenüber grundsätzlich offen, müsste die Forderung einer Stilllegung des Kraftwerks zurückgenommen werden – natürlich un-
ter der Voraussetzung, dass nicht Mensch, Umwelt oder Hab und Gut Schaden nehmen und gemäß der gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsverfahren, auch für eine mögliche dritte Bohrung. (ebl)