Landau/Kandel. Selten war ein internationaler Vertrag so umstritten wie das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP). Seit der Wahl von Donald Trump pausieren die Verhandlungen, aber sie dürften bald wiederaufgenommen werden. Was würde dieses großenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelte Abkommen für unsere Region bedeuten? Wie sähen die Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft der Südpfalz aus? Das PFALZ-ECHO sprach mit Befürwortern und Kritikern.

Eher positiv sieht es Julian Popov aus Minfeld, Vorsitzender der Jungen Liberalen im Kreis Germersheim. „Ich finde ein Freihandelsabkommen mit den USA nach wie vor wichtig. Wenn man richtige Rahmenbedingungen aushandelt, bringt das einen Mehrwert für beide Seiten. Man sollte es nicht von vornherein ablehnen, aber sich auch nicht alles eintrichtern lassen und seinen eigenen Standpunkt vertreten.

Er verspricht sich von TTIP Verbesserungen für die Bürger in der Region: Zum Beispiel könnten die Verbraucher im Einkaufregal auf einmal 20 Produkte finden, wo vorher nur zwei waren. „Eine größere Auswahl bedeutet mehr Entscheidungsmöglichkeiten und ein Stück mehr Freiheit. Das finde ich wichtig.“ Auch für das Mercedes-Benz-Werk Wörth, an dem viele Arbeitsplätze hängen, sieht er Vorteile: „Da würde noch mehr Nachfrage kommen, weil wir in der Automobiltechnik den Amerikanern überlegen sind. Das wären zusätzliche Exporte.“

Einfluss auf die Region

Was hat so ein globales Freihandelsabkommen mit einer Kommune wie Kandel oder etwa auch Landau zu tun? Die ansässigen attac-Ortsgruppen sagen: Jede Menge! „Jeder Bürger nutzt die öffentliche Daseinsvorsorge. Das sind Schulen und Universitäten, Müllabfuhr, Krankenhäuser, Straßen und Bahnen, geförderte Kulturangebote, sowie Wasserversorgung und Ähnliches. In etlichen Beispielen zeigt sich, dass die Daseinsvorsorge nicht mit Profitinteressen verknüpft werden darf. Sonst wird es unter dem Strich für den Bürger teurer und demokratische Strukturen werden beschnitten“, erklärt Daniel Deutsch als Vertreter der attac-Ortsgruppe Kandel. „Hier aber wittern große Konzerne Profitmöglichkeiten und möchten mit Hilfe dieser Abkommen in den kommunalen Markt vordringen. Da schnappt die Falle zu! Von der Kommune einmal privatisierte Projekt können nicht wieder kommunalisiert werden.“

Das unterstreichen Manfred Heckl und Ralf Heydolph von der attac-Ortsgruppe Landau und verweisen als Präzedenzfall auf das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta, das am 21. September vorläufig in Kraft treten soll. Das Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement) gefährde den verfassungs- und unionsrechtlich verankerten Grundsatz der Demokratie. Durch die weitgehende Marktöffnung auch im Bereich kommunaler Dienstleistungen und das Verbot der gezielten Förderung lokaler Belange werde die im Unionsrecht und im Grundgesetz verankerte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung unverhältnismäßig verletzt. Auch könnten Konzerne gegen kommunale Umweltauflagen oder Beschlüsse aus den Gemeinderäten klagen, wenn diese Auflagen und Beschlüsse Profite schmälern könnten.

„Sicherlich gibt es auch in diesen Abkommen (TTIP, Ceta) das eine oder andere, was nötig ist“, räumen die attac-Sprecher ein. Sie stellen aber infrage, dass es „ein solches riesiges geheimes undemokratisches Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA und Europa und Kanada“ überhaupt nötig ist, um Missstände zu beheben. Gerade weil es auch ein Freihandelsabkommen sei, aus dem jeder Staat der darin ist, eigentlich nicht wieder heraus kann. Daher fordern sie die Bürger auf, sich selbst über TTIP und Ceta zu informieren. „Wir  wünschen uns einen gerechten Welthandel, in dem die Menschen – auf der ganzen Welt – im Mittelpunkt stehen!“ (ebl)