Die Kunst des schönen Schreibens

Helmut Mattheis über ein bewegtes Leben in Kriegszeiten, technische Wandlung und Essgewohnheiten

Jockgrim. Es ist der 22. November, ein Tag nach Helmut Mattheis’ 100. Geburtstag. „Was das für eine Aufregung war!“, sagt er und bittet mich herein. Er erzählt vom Winter 1928, als der Rhein zugefroren war, von seinen Eltern die das Möbelgeschäft in Ludwigshafen schließen mussten und nicht zuletzt von seinem Schulwechsel, weil er in Latein und Mathe eine Fünf hatte.

Helmut Matheis ist Deutschlands ältester, noch lebender, Kalligraf. 1941 studierte er in der Münchener Akademie der bildenen Künste unter Ernst von Dombrowski. „Wir mussten vor dem Studium ein halbes Jahr arbeiten. Danach kamen zwei Jahre Wehrdienst“, so Matheis. Im 4. Semester zog man ihn ein und schickte ihn an die Ostfront. Bei einer Explosion wurde er an der Hand verletzt. „Diese Verletzung rettete mein Leben! Ich durfte wieder nach Hause und konnte weiter studieren.“ 1943 führte er sein Studium fort. „Die Akademiezeit war eine gute Zeit für mich. Da sind gute Sachen entstanden“, damit meint er nicht zuletzt die Gestaltung des Sportabzeichens, auf das er auch heute noch stolz zurückblickt. „Mein erster großer Auftrag war das Sportabzeichen. Der damalige Vorsitzende des Sportbunds, hat  mir den Auftrag gegeben.“ Als späterer Freiberufler gestaltete Matheis zahlreiche Glückwunschkarten, die damals noch hauptsächlich mit Typografie verziert wurden. Die Arbeit machte ihm Spaß, jede Karte war ein Unikat.

Helmut Matheis sieht Typografie heute noch als perfekte Verbindung aus Kunst und Handwerk. „1960 kam die Umstellung auf EDV. So wurden auch die Schriften die ich damals entworfen habe digitalisiert. Und ich hatte es nicht so mit der Digitalisierung. Irgendwann habe ich das Handtuch geworfen und mich gar nicht mehr mit Schrift beschäftigt.“ Matheis entwarf in den 50er und 60er Jahren Schriften wie „Slogan“ und „Prestige“. Schriften die auch heute noch täglich genutzt werden.

(Foto: nbr)

„1970 kam die digitale Schrift und die hat mich nicht mehr interessiert. Stattdessen habe ich mich mit der Malerei und der freien Grafik auseinandergesetzt.“ Doch nicht nur für Malerei interessierte sich Helmut Matheis:  „Ich bin früher gerne Ski gefahren! Das kann ich heute nicht mehr, deshalb beschäftige ich mich mit Schach und Musik.“ Ich frage ihn ob er mir ein Stück auf seinem Piano  vorspielen würde. „Wenn Sie wollen.“ Er spielt und singt leise dazu. Seine Nachbarin erzählt mir währenddessen, dass er einen Schachpartner sucht, die meiste Zeit würde er sonst gegen sich selbst spielen. (Interessenten melden sich unter: info@pfalz-echo.de)

Auf die Frage wie er es geschafft hat, mit seinen 100 Jahren noch so fit zu sein, sagt er: „Haferflocken mit Haferkleie“, er lacht und seine Nachbarin ruft: „Der lügt!“

„Das sind die Gene! “ Auf Fleisch versucht er trotzdem zu verzichten. „Davon wird man so dick“, sagt er. Farbe und Form sei auch an ihm immer wichtig gewesen. Zum Abschluss trägt Helmut Matheis ein Pfälzer Gedicht von Gregor Münch vor, danach winkt er und ruft „Tschüsschen!“ – bis sich die Tür hinter mir schließt.

Bis 17. Dezember findet eine Sonderausstellung zu Ehren von Helmut Mattheis im Museum der Stadt Bad Bergzabern, Königstraße 45 statt.

Alphabet nach Helmut Matheis. (Foto: nbr)