Landau. Wer der Hektik und dem Stress des Alltags entfliehen möchte, begibt sich in seinen Garten und genießt die Ruhe zwischen duftenden Blumenrabatten und plätschernden Wasserspielen am Teich. Aber woher einen Garten nehmen, wenn man im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses mitten in der Innenstadt wohnt?

Lange Zeit als Symbol der Spießigkeit verspottet, erfreuen sich Kleingärten nun wieder steigender Beliebtheit. Vor allem junge Familien nutzen die Möglichkeit, einen Kleingarten zu pachten, dort eigenes Obst und Gemüse anzubauen, die Seele baumeln zu lassen und auch, um Kontakte zu knüpfen.

Der Landauer Kleingartenverein „Am Ebenberg“ vertritt Rheinland-Pfalz im Dezember beim bundesweiten Wettbewerb „Gärten im Städtebau“. Die Anlage punktet bei der Jury nicht nur mit einer nachhaltigen und naturnahen Gartenkultur – auch das soziale Engagement zwischen Gartenzwerg und Brombeerstrauch wird bei den Mitgliedern großgeschrieben.

In den Gärten gedeihen Obst und Gemüse. (Foto: pdp)

Eine ältere Dame steht an einem kleinen Marktstand auf dem Gelände des Landauer Kleingartenvereins Am Ebenberg. Sie legt eine Zucchini und ein Schälchen Brombeeren in ihren Korb, kramt in ihrem Portmonnaie nach ein paar Münzen und lässt diese klirrend in die dafür vorgesehene Dose gleiten. „Wenn jemand drei reife Zucchini in seinem Garten erntet, aber nur eine für das Abendessen verwerten kann, legt er die anderen beiden in den Marktstand“, erklärt der Vereinsvorsitzende Stefan Kracht. Gegen eine kleine Spende könne sich jeder an dem Marktstand bedienen – unabhängig davon, ob man Vereinsmitglied ist. „So wirken wir nicht nur dem Verderben von überschüssigem Obst und Gemüse entgegen, gleichzeitig fördert der Marktstand das gemeinschaftliche und soziale Denken – nicht nur unserer Mitglieder“, so Kracht.

 

Auch Stefan Kracht hat eine kleine Gartenpazelle Am Ebenberg gepachtet. Dort baut er Zucchini, Tomaten, Kartoffeln, Radieschen, aber auch Pfälzer Obstsorten an:„Eben querbeet“, lacht er. Im Spätsommer freut sich der gebürtige Braunschweiger besonders auf die Ernte der Feigen. „Bevor es mich in die Pfalz verschlagen hat, kannte ich die Früchte gar nicht.“

Gemeinschaft und soziales Engagement werden in der Kleingartenanlage Am Ebenberg großgeschrieben. „Jeder Pächter ist Mitglied in einem Team“, erklärt Stefan Kracht. „Es gibt z. B. ein Team, das sich um die Rasenpflege der gemeinschaftlich genutzten Flächen kümmert, ein anderes Team gießt die Blumen und jätet Unkraut in den Gemeinschaftsbeeten und dann haben wir auch noch Mitglieder, die Feste in der Kleingartenanlage organisieren.“ Wie gut die Nachbarschaftshilfe funktioniere, habe sich auch in der Sommerferienzeit gezeigt. Wenn jemand im Urlaub war und sich nicht um seinen Garten kümmern konnte, hat dies einfach der Nachbar übernommen und die Pflanzen gewässert. „Hier hilft jeder jedem.“

Wenn im Herbst die Stangenbohnen geerntet werden, versammeln sich die Gartenbesitzer und feiern ein kleines Erntedankfest mit selbstgemachter Bohnensuppe.
Beim Kleingartenverein werden aber nicht nur das gemeinschaftliche Denken und Handeln, sondern auch der interkulturelle Austausch gefördert. „Marokkaner, Syrier, Russen, Rumänen, Deutsche, Landauer, Münchener, Hamburger, Familien, Rentner und Studenten wohnen und arbeiten hier Garten an Garten“, erzählt Kracht.

(Foto: Stadt Landau)

Im Dezember fährt Stefan Kracht zur Preisverleihung nach Berlin – und zeigt sich positiv: „Wir haben nicht nur die schönsten Blumen, sondern punkten zugleich mit Honig aus eigener Herstellung, einem gemeinsamen Spielplatz, Erklärhochbeeten, bei denen man etwas über die Pflanzen und deren Nutzung lernen kann, sozialen Projekten, bürgerschaftlichem Engagement und einer perfekten städtebaulichen Einordnung.
Etwas Geschichte: Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland sogenannte Armengärten. Sie dienten dazu, Hungersnöte zu vermeiden.

Namensgeber des heutigen Schrebergartens war der Leipziger Arzt Daniel Schreber. Er hat den Schrebergarten zwar nicht erfunden, erkannte aber schon früh die Wirkung des Kleingartens auf die Volksgesundheit.

1865 eröffnete der Schreberplatz am Johannapark in Leipzig. Dieser hatte jedoch noch nichts mit einem Garten gemein. Es gab eine Wiese, auf der Kinder spielen und turnen konnten. Der Lehrer Heinrich Karl Gesell war es dann, der die ersten Beete und Gärten als Beschäftigungsmöglichkeit für die Kinder anlegte. Aus diesen entwickelten sich später Schrebergärten für Familien.

Auch wenn der Schrebergarten heute nicht mehr für die klassische Selbstversorgung genutzt wird, wie es noch in den 60er Jahren der Fall war, sind ihm doch zwei Merkmale über die Jahre hinweg nicht abhandengekommen: der polierte Gartenzwerg und die flatternde Fahne am Mast.