Paula sitzt vor ihrem Bürorechner und wirkt verzweifelt. Seit einer Stunde hat sie in ihrem Internetbrowser ein Fenster geöffnet: „Möchten Sie Ihr Facebook-Konto wirklich löschen?“ Alle paar Minuten liest sie sich den Satz wieder durch. Heute morgen war sie wild entschlossen. Heute würde sie den Schritt wagen! Dieses „Soziale“ Netzwerk braucht doch kein Mensch! Ihre Freunde erreicht sie auch über andere Wege, Nachrichten laufen auch im Fernsehen und Unterhaltung bekommt man auch, wenn man endlich mal wieder ein Buch liest!
Und was man sich alles erspart, wenn man dort nicht mehr unterwegs sein muss! Vor allem genervt ist Paula von den Kommentarspalten. Obwohl sie es eigentlich besser weiß, klickt sie sich regelmäßig durch, liest die widerlichsten Aussagen und absurdesten Theorien, Beschimpfungen usw. Und manchmal kommt sie aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus. In den letzten Tagen war es besonders schlimm. Da tummeln sich erwachsene Männer, die die Todesstrafe für Vergewaltiger fordern und gleichzeitig unter jeden Artikel, der auch nur am Rande die Klima-Aktivistin Greta Thunberg erwähnt solche Sätze posten wie „Ich kotz’ gleich auf sie!“, „Das behinderte Mädchen sollte mal ruhig gestellt werden.“ „Vielleicht, sollte man der „Gretel“ mal einen Hänsel bringen. Dann ist
wahrscheinlich endlich Ruhe!“
„Da kann einem doch schlecht werden, oder?“, meint Paula deswegen in der Mittagspause, „warum tun wir uns das überhaupt noch an? Im Internet gibt’s doch eh fast nur noch Trolle.“ Die Kollegen pflichten ihr bei. „Wir können ja mal eine ‚Digital Detox‘-Woche einführen!“, schlägt Elli vor. Günther schaut sie fragend an. „Eine Woche ohne Internet“, erklärt Elli.
So sitzt Paula also nun vor ihrem Rechner und kriegt es trotzdem nicht übers Herz: „Ganz weg? Soll ich wirklich…?“ Da ploppt eine Benachrichtigung auf: „Günther hat dich unter einem Beitrag markiert.“ Und die nächste folgt gleich: „Elli hat einen Beitrag kommentiert, bei dem du markiert bist.“ Die Neugier siegt.
Das Video mit dem essenden Waschbären ist aber auch einfach viel zu lustig, um nicht gesehen zu werden.
