Ein bisschen psycho schadet nicht

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Keine Angst vor dem eigenen Schatten. (Foto: Günther Gumhold/pixelio.de)

„Bin ich psycho“, fragt Paula ihre Kollegin Elli am Dienstagmorgen im Büro. Paula wirkt etwas aufgekrazt, sie nippt bereits an ihrer vierten Tasse Kaffee – schwarz , hat tiefe, dunkle Ringe unter den Augen und der noch sichtbare Kissenabdruck auf ihrer linken Wange zeugt davon, dass sie eine unruhige Nacht hinter sich hat. Elli beendet ihre Musterung, zieht die Augenbraue hoch und fragt, ohne auf Paulas eigentliche Frage zu antworten: „Wie kommst du darauf?“
„Naja“, startet Paula nun die Erklärung für ihre merkwürdige Frage, „ich habe dir doch gestern erzählt, dass ich nach der Arbeit noch in einen Buchladen gehen möchte. Da war ich dann auch. Eigentlich wollte ich mir doch ein Buch zum Entspannen kaufen – du weißt schon, eine junge Frau, die Urlaub in einem romantischen Strandhaus macht und sich dann in einen Surfer verliebt, bla,bla. Ich sag aber nur: Laaaaaangweilig. Schmalz, Schmetterlinge, Sonnenuntergänge – Gähn!
„Also hast du kein Buch gekauft?“, erkundigt sich Elli. „Doch, aber ich habe mich für einen Psychothriller entschieden“, erzählt Paula. „Den, von dem Günther vor Kurzem so geschwärmt hat.“
Vor dem Buch hatte Günther aber auch gleichzeitig gewarnt. Man dürfe keine schwachen Nerven haben, wenn man das Buch lesen möchte. Ihn würde die Geschichte bis in seine Träume verfolgen… er kontrolliere seit der Lektüre des Buches dreimal, ob die Haustür verschlossen sei. Einmal sei er sogar nachts schreiend und schweißgebadet aufgewacht, hatte seine Frau Elli und Paula anvertraut. Günter ist einfach nicht mehr derselbe, seitdem er das Buch gelesen hat.
„Oje, du Arme“, bemitleidet Elli Paula. „Und du hast die ganze Nacht nicht geschlafen, weil du solche Angst hattest? Das erklärt einiges…“
„Naja, eigentlich hatte ich Band eins nach zwei Stunden durchgelesen, weswegen ich kurz vor Ladenschluss noch einmal in die Buchhandlung bin und mir Band zwei bis fünf gekauft habe. Und die habe ich dann auch heute Nacht gelesen…“
„Das ist wirklich krank“, pflichtet Elli ihr bei, die in ihrem Leben, wenn‘s hochkommt, vielleicht drei Bücher gelesen hat.
„Aber Angst?“, ignoriert Paula Elli und schüttelt den Kopf. „Die Bücher waren zwar spannend, aber ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, weswegen Günther sich so anstellt. Teilweise fand ich die sogar ganz lustig.“
„In diesem Fall kann ich deine Eingangsfrage mit einem klaren JA beantworten, Paula“, entgegnet Elli ihrer Kollegin. „Aber keine Bange: Ein bisschen psycho schadet nicht.“