„Fliegen eröffnet einem die Welt“

Andreas Horenkamp aus Kandel ist seit 26 Jahren Pilot aus Leidenschaft

Pilot Andreas Horenkamp. (Foto: privat)

Sie sind Pilot – welche Maschinen fliegen Sie?

Andreas Horenkamp: Ich bin Verkehrsflugzeugführer, das heißt, ich darf Verkehrs- und Transportflugzeuge aller Größen fliegen. Derzeit besitze ich die Musterberechtigung für den Airbus 320 und die Boeing 737. Angefangen habe ich vor vielen Jahren als Privatpilot – das ist auch die Ausbildung, die man braucht, um entsprechend weitermachen zu können.

Wie lange dauert die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer?

Andreas Horenkamp: Je nachdem, an welcher Flugschule man seine Ausbildung absolviert und ob man bereits einen Privatpilotenschein vorzuweisen hat, muss man mit ca. einem bis eineinhalb Jahren rechnen.

Was beinhaltet die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer?

Andreas Horenkamp: Zunächst einmal sehr, sehr viel Theorie. Wir müssen auch eine dreitägige Theorieprüfung beim Luftfahrtbundesamt schreiben. Die Fächer umfassen u.a. Navigation, Human Performance, Meteorologie, Flugzeugkunde, Aerodynamik u.v.m. – das ist sehr umfassend. Die praktische Prüfung beinhaltet auch Instrumentenflug – das wird überwiegend mit Schulmaschinen gemacht, die auch in Sportflugzeuggröße sind. Dann gibt es noch einen Lehrgang, in dem man geschult wird, zu zweit im Cockpit zusammenzuarbeiten – das wird auch in einem Simulator gemacht. Neu dazugekommen, seit neun Jahren, ist, dass wir eine Englischprüfung ablegen müssen. Ich habe mich damals auch zum Sprachprüfer beim Luftfahrtbundesamt ausbilden lassen.

Existiert in der Luft eine eigene englische Sprache?

Andreas Horenkamp: Sagen wir mal so: Es gibt standardisierte Sprechgruppen. Allerdings muss man nachweisen können, dass man in freier Rede Englisch sprechen kann über drei Themen: technische Probleme, das Wetter und über Gesundheitsprobleme. Das sind genau die Dinge, die man z.B. einem Fluglotsen im Notfall in freier Rede mitteilen muss.

Wie oft sind Sie unterwegs?

Andreas Horenkamp: Wir dürfen maximal 100 Stunden in 28 Tagen fliegen. Diese 100 Stunden sind die reine Flugzeit. Mit der Vorbereitung und allem Drum und Dran entspricht das 200 Stunden – und das entspricht letztendlich einer 50-Stunden-Woche. Das ist sehr viel, aber ich habe derzeit einen Arbeitsvertrag, bei dem ich 20 Tage unterwegs sein kann und dann zehn Tage am Stück frei habe.

Wann haben Sie zum ersten Mal den Wunsch verspürt, Pilot zu werden?

Andreas Horenkamp: Mit elf Jahren. Ein Bekannter meiner Eltern hat die Pilotenausbildung damals bei der Bundesluftwaffe gemacht. Die Begeisterung für das Fliegen hat er auch bei mir entfacht. Beruflich fliege ich mittlerweile seit 24 Jahren. Mit 13 Jahren habe ich das Segelfliegen angefangen. Die Ausbildung zum Privatpiloten kann man mit 17 Jahren beginnen, den Verkehrspilotenschein konnte man früher erst mit 21 Jahren machen – das ist aber heute nicht mehr so, heute kann man mit dem Berufspilotenschein bereits mit 18 Jahren als Copilot ein Verkehrsflugzeug fliegen. Ich hatte vor Kurzem einen 19-Jährigen neben mir im Cockpit sitzen.

Kann sich potentiell jeder zum Piloten ausbilden lassen oder gibt es bestimmte Voraussetzungen, die man mitbringen muss?

Andreas Horenkamp: Man muss flugtauglich sein – das nennt sich Medical Klasse 1. Es gibt drei Stufen: 1 ist für Verkehrsflugzeugführer, 2 ist für Berufsflugzeugführer und 3 ist für Privatflugzeugführer. Wenn man Klasse 1 nicht schafft, kann man seinen Pilotentraum vergessen. Ich bin deswegen damals als allererstes zum Arzt gegangen und habe einen Gesundheits-Checkup machen lassen. Das muss man im Übrigen jedes Jahr machen, über 60-Jährige müssen alle sechs Monate zum Arzt. Die Untersuchungen führen spezielle Fliegerärzte durch. Dabei wird u.a. das Herz-Kreislaufsystem untersucht und es werden Seh- und Hörtests durchgeführt. Auch die generelle körperliche Fitness wird kontrolliert. Man kann sagen, dass 90 bis 95 Prozent der Menschen, die fliegen wollen, auch dazu in der Lage sind – rein körperlich, natürlich kommt da noch eine charakterliche Eignung hinzu. Teamfähigkeit ist immens wichtig.

Haben Piloten auch mal Flugangst, z.B. bei starken Turbulenzen?

Andreas Horenkamp: Nein, denn wenn Sie das Flugzeug führen, sind Sie der Chef. Und es ist Ihre Aufgabe, die Kontrolle zu behalten, wenn Probleme wie z. B. ein technischer Defekt auftauchen. Als Jugendlicher muss ich sagen, habe ich Flugangst gehabt. Das Fliegen ist uns nicht gegeben. Die Höhe ist ungewohnt, die Bewegungen und die Beschleunigung sind ungewohnt. Das überwindet man aber irgendwann während der Ausbildung. Heute ist es so, dass ich morgens in das Flugzeug einsteige, als wenn es mein Auto wäre.

Stimmt es, dass Pilot und Co-Pilot nie dasselbe Essen bekommen?

Andreas Horenkamp: Im Cockpit essen die Piloten aus Sicherheitsgründen nicht das gleiche Essen. Falls mit einem Essen etwas nicht in Ordnung sein sollte, wäre dann nur einer der Piloten betroffen. Allerdings trinken beide Piloten Kaffee oder Tee, der mit dem gleichen Wasser gemacht wurde.

Haben Sie noch Zeit, Ihrem Hobby als Privatpilot nachzugehen?

Andreas Horenkamp: Ich plane es, wenn ich in Rente gehe. Mit 65 Jahren muss ich aufhören, gewerblich zu fliegen – nach jetziger Regelung.

Was ist für Sie das Schönste am Fliegen?

Andreas Horenkamp: Es ist einfach phänomenal im Morgengrauen zu starten. Sie fliegen nach Osten der Sonne entgegen, Sie fliegen durch die Wolken hindurch und sehen, dass sich der Himmel über Ihnen allmählich rosa verfärbt und dann kommen Sie aus den Wolken rausgeschossen mit 800 Kilometern pro Stunde – das ist nicht zu toppen, der schönste Büroblick, den man haben kann. (pdp)