Steckbrief

Frank Elstner (eigentlich Timm Franz Maria Elstner)

Geboren am 19. April 1942 in Linz

Radio- und Fernsehmoderator

Prägte in den 1960er und 1970er Jahren maßgeblich das Programm von Radio Luxemburg

Erfand 1981 mit „Wetten, dass..?“ eine der erfolgreichsten Fernsehshows Europas

Auszeichnungen u.a.: 1979, Verdienstkreuz am Bande,  wurde 2006 in die Hall of Fame der Rose d’Or aufgenommen, 2019 Bambi für sein Lebenswerk

 

Ich freue mich sehr, dass ich mit Ihnen, dem Erfinder von „Wetten, dass…?“ – eine der erfolgreichsten Fernsehshows Europas, sprechen darf. Für mich war es damals ein absolutes Highlight, samstags abends mit der ganzen Familie vor dem Fernseher zu sitzen und die Show anzuschauen. Welche Gefühle kommen bei Ihnen auf, wenn Sie an die Zeit zurückdenken?

Frank Elstner: Das war eine so wunderbare Zeit für mich, meine Familie und meine Mitarbeiter, so dass ich mich immer gerne daran erinnere. Im letzten Jahr hatten wir ein Revival mit einer wahnsinnigen Einschaltquote. Das ZDF hat sich nun dazu entschlossen, mit Thomas dieses Jahr nochmal eine Sendung zu machen. Dafür drücke ich ganz fest die Daumen und ich freue mich sehr, dass „Wesen, dass…?“ immer noch lebt. 

Und das finde ich beachtlich. Ich hoffe, dass die Sendung weitergeht. Wie und wann kam Ihnen die Idee zu „Wetten, das…?“

Frank Elstner: Damals war ich Direktor von Radio Luxemburg und unter anderem mit dem Programmdirektor des Südwestfunks befreundet. Er hat den Südwestfunk verlassen und wurde Programmchef des ZDF. Seine Worte zu mir lauteten: ‚Wenn dir mal was Gescheites einfällt, dann bekommst du von mir eine Samstagabend-Show.’ Das war für mich wie ein Sporentritt. Es hat mich nach vorne geworfen und ab diesem Moment habe ich überlegt, was könnte am Samstag Abend im Fernsehen interessant sein. Ein bis zwei Jahre später, als ich eines nachts ziemlich leichten Schlaf hatte, dachte ich im Unterbewusstsein darüber nach, warum im Deutschen Fernsehen eigentlich nicht gewettet wird. Erst viel später kam mir die Erkenntnis, warum ich diese Frage gestellt habe. Ich war nämlich in diesem Jahr mit einem Zockerfreund bei einem Hunderennen in London. Er schwärmte mir von dem Rennen vor und so bin ich mit ihm ins Stadion gegangen und habe auf einen Hund gewettet. Er war eigentlich der Außenseiter, hat aber bei dem Rennen gewonnen. Das hat uns eine tolle Summe Geld beschert und Sie können sich bestimmt vorstellen, was zwei Jungs, die die Taschen voller Geld haben, in London so alles angestellt haben.

Oh ja, das war bestimmt ein Spaß!

Frank Elstner: Ungefähr zwei Jahre später habe ich mir dann im Bett die Frage gestellt, warum im Deutschen Fernsehen eigentlich nich gewettet wird. Wie von der Tarantel gestochen bin ich aufgesprungen, in die Küche gegangen, habe mir ein Glas Rotwein geholt, Papier und Stift besorgt und aufgeschrieben, was mir in den Sinn zum Thema Wetten gekommen ist. In dieser Botschaft, die ich für mich selbst geschrieben habe, war eigentlich bereits alles enthalten, was später die Sendung ausgemacht hat – die Saalwette, die Kinderwette und der ganz dick unterstrichene Satz ‚Nie um Geld spielen‘, denn das bekommt man in den öffentlich rechtlichen Sendern nicht unter.   

Ihre schulische und berufliche Laufbahn war etwas holprig. Sie haben ohne Abitur das Gymnasium verlassen.

Frank Elstner: Das ist nicht ganz richtig. Ich habe die Schule nicht vor dem Abitur verlassen, sondern ich habe das Abitur geschrieben und bin durchgefallen. Das ist ein Unterschied (lacht).

Das ist richtig (lacht).

Frank Elstner: Eigentlich wollte ich Theaterwissenschaften in Freiburg studieren, wozu es nicht kam, denn ich hatte keine Lust, nochmal die Klasse und das Abitur zu wiederholen. Ich habe mich dann bei Radio Luxemburg beworben. Die fanden mich auf Anhieb gut, im Gegensatz zu den Lehrern in Freiburg. Dann begann meine Karriere eigentlich verhältnismäßig schnell Tempo anzunehmen, weil ich in Luxemburg viel Erfolg hatte.  

Bereits als Kind waren Sie schon im Radio zu hören. Sie waren eines der meistbeschäftigten Funkkinder der Bundesrepublik.

Frank Elstner: Ja, das stimmt. Das war bei meiner Familie nicht sehr überraschend. Mein Vater war Schauspieler, meine Mutter war Schauspielerin. So war klar, dass der ‚Kleine‘ auch irgendwann mal auf einer Bühne stehen wird. 

War Schauspieler keine Option?

Frank Elstner: Nein, wenn überhaupt wollte ich Theaterdirektor oder Regisseur werden. Ich wollte immer derjenige sein, der sagt wo es lang geht (lacht). 

Und nicht derjenige, der es gesagt bekommt. (lacht) Wie ich gelesen habe, haben Sie wahnsinniges Lampenfieber. War das immer so oder haben Sie das mit der Zeit und Erfahrung abgelegt?

Frank Elstner: Mein Arzt hat mir vor 30 Jahren gesagt, du wirst nie daran sterben. Ein sensibler, leicht empfindlicher Charakter reagiert auf Lampenfieber anders, als einer, dem alles völlig gleichgültig ist.  

Was würden Sie als Ihren größten Triumph in Ihrem Berufsleben bezeichnen? 

Frank Elstner: Ich habe 138 Filme mit Nobelpreisträgern produziert und dafür kam ich in der ganzen Welt herum. Die sind natürlich nicht zu mir gekommen, sondern ich zu ihnen. Die ganze Serie ‚Die stillen Stars‘ lief im ZDF und im amerikanischen Fernsehen und ist vielleicht das Wichtigste, was ich in meinem Leben gemacht habe, denn dabei habe ich extrem viel dazu gelernt. 

Herr Elstner, die Liste Ihrer Auszeichnungen ist enorm. Welche der unzähligen Auszeichnungen bedeutet Ihnen am meisten?

Frank Elstner: Vor zwei Monaten habe ich für meine Arbeit auf dem Gebiet von Parkinson den Muhammad-Ali-Gedächtnispreis bekommen. Das hat mich wahnsinnig gefreut! Ich war ein großer Muhammad-Ali-Fan und habe als Kind heimlich nachts das Radio angemacht, um die Übertragungen seiner Kämpfe zu hören. 

Und da sind wir bei einem weiteren wichtigen Thema. Sie bekamen vor einiger Zeit die Diagnose Parkinson. Was möchten und können Sie erkrankten Menschen mitgeben?

Frank Elstner: Es ist ganz wichtig, dass jeder Mensch, der von Parkinson betroffen ist, ein paar Eckdaten kennt. Es gibt etwa 400.000 Erkrankte in Deutschland. Das können Sie nun multiplizieren mit Vater, Mutter, Geschwistern, Onkel usw. – so sind es schon Millionen Menschen, die von Parkinson betroffen sind. All denjenigen möchte ich ein bisschen mit dem Spruch, den ich als erstes im Internet gelesen habe, die Angst nehmen: An Parkinson muss man nicht sterben. Parkinson ist kein Todesurteil. Es kann noch sehr lange erlebt werden. Für Parkinson gibt es mittlerweile Medikamente, mit denen man 15 bis 20 Jahre seinen Beruf weiter ausüben kann. Zum Ersten möchte ich also die Angst vor der Krankheit nehmen. Zum Zweiten sollte die Familie ein bisschen Rücksicht auf Erkrankte nehmen, denn sie sind nicht mehr ganz so schnell und haben ein bisschen Schwierigkeiten beim Laufen oder mit dem Gleichgewicht. Je mehr man das annimmt und akzeptiert, desto normaler bleibt der Verlauf. Parkinson ist immer noch eine unheilbare Krankheit, aber es gibt gute Nachrichten. Es wurde festgestellt, dass bestimmte Sportarten die Entwicklung von Parkinson verzögern. Mit viel Sport und gesunder Ernährung kann man mit Parkinson so leben, dass ich sagen muss, mein Arzt hatte recht mit der Aussage: ‚Du hast nur ein Parkinsöhnchen.‘ 

Zunächst muss eben erst einmal die Angst nach der Diagnose überwunden werden.

Frank Elstner: Natürlich, im ersten Moment bekommt man einen großen Schreck. Ich bin zu meinem Fahrer runter gegangen und habe gesagt: ‚Scheisse, ich hab Parkinson.‘ Nachdem ich mich aber damit beschäftigt habe, konnte ich feststellen, dass die Situation auch ihre guten Seiten hat. Auf einmal habe ich mir überlegt, wo meine eigentlichen Grenzen sind, wie weit ich gehen kann, was ich als Vorbild anderen gegenüber anstellen kann. Ich habe angefangen am Boxsack zu boxen. Das ist eine sportliche Bewegung, die für Parkinson sehr gut ist. Ich schwimme wo immer ich ein Wasser sehe, mache Laufübungen, gehe an ein Giger-Gerät. Dabei handelt es sich um ein Gerät, auf dem man liegt und über sich zwei Kurbeln für Hände und Füße hat. Während ich diese Kurbeln bewege, bekomme ich gleichzeitig an einem Bildschirm digitale Bilder mit beispielsweise Rechenaufgaben eingeblendet. So arbeitet der Körper sportlich und es wird auch getestet, inwieweit ein Einfluss dabei auf das kognitive Denken besteht. 

Es freut mich, dass es doch einiges gibt, was den Verlauf der Krankheit hemmt und jeder selbst etwas dafür tun kann.

Frank Elstner: Aber das gilt eigentlich für fast jede Krankheit. 

Schaffen Sie es immer, sich die Zeit dafür zu nehmen?

Frank Elstner: Ich habe jetzt ja viel mehr Zeit als früher. Ich gehe zwar immer noch jeden Tag ins Büro, aber ich produziere nicht mehr und mache auch sonst nicht mehr allzu viel. Mal schreib‘ ich ein Buch und dafür nimmt man sich einfach ein Jahr Zeit. Heutzutage bin ich nicht mehr im Stress. 

Sie sagen es – im Alter wird man etwas ruhiger.

Frank Elstner: Und gelassener (lacht). 

Wie geht es Ihnen denn dabei, wenn Sie die Nachrichten über den Ukraine-Krieg sehen. In Ihrer Kindheit haben Sie Ähnliches durchgemacht. Sie waren als Kind ein Opfer der Vertreibung aus Tschechien nach Deutschland. Kommen da die eigenen Erinnerungen hoch?

Frank Elstner: Ja, wir waren beim berühmten Brünner Todesmarsch dabei. Den habe ich mit meiner Mutter überlebt. Ich habe für alle großes Mitgefühl, die unter diesen Umständen Ihre Wohnungen, ihr Land verlassen müssen und ihr Leben verändern müssen. Flüchtling zu sein, ist etwas ganz Schreckliches. 

Vielen herzlichen Dank, Herr Elstner, für das tolle Gespräch. Ich wünsche Ihnen alles Gute!