Steckbrief: Hans Sigl

  • Geboren am 7. Juli 1969 in der Steiermark.
  • Ausbildung als Schauspieler, Sänger und Tänzer am Tiroler Landestheater in Innsbruck.
  • Seit 2008 spielt er die Titelrolle in der Serie „Der Bergdoktor“ im ZDF.
  • 2020: Jurymitglied bei der Sat1-Show „Pretty in Plüsch“.
  • Regelmäßig live im Gespräch mit Prominenten bei Instagram zu sehen: @sigl_hans

Die Interviewanfrage, die ich vor ein paar Wochen an dein Management losgeschickt habe, wurde sehr ungewöhnlich beantwortet! Die Zusage kam schnell – verknüpft mit dem Wunsch nach einem Paket Pfälzer Wein für dich! Wie kam das denn zustande?

Hans Sigl: (lacht) Das war ein Spaß! Hat mein Management das wirklich so weiter gegeben? Ich hatte das eigentlich nicht ernst gemeint. … (überlegt kurz) Aber es ist eigentlich gar keine schlechte Idee, dass man sich aus der Region der Gesprächspartner jeweils etwas zuschicken lässt! Gegen Bezahlung natürlich!

Wie gut kennst du dich denn mit Wein aus? Was sind deine Vorlieben?

Hans Sigl: Im Sommer trinke ich gerne einen weißen Spritzer, wie man in Österreich sagt, und im Winter, wenn die Dreharbeiten vorbei sind, freue ich mich auf ein Glas Rotwein am Abend, der darf dann auch etwas schwerer sein.

Wann sind die Dreharbeiten für diese Saison denn abgeschlossen?

Hans Sigl: Der letzte Drehtag war der 17. Dezember. Wir haben Anfang Juni mit den Aufnahmen begonnen und inzwischen Material für acht Mal 90 Minuten gedreht!

Die „Drehfamilie“ liegt Hans Sigl (Mitte, als „Dr. Gruber“) sehr am Herzen. (Foto: ZDF/Andrea Leichtfried)

Ist der letzte Drehtag nach so einer langen Zeit ein Tag der Freude oder überwiegt der Abschiedsschmerz?

Hans Sigl: Dieser Tag ist immer mit einem Lachen und einem Weinen verbunden. Wir haben 137 gemeinsame Drehtage hinter uns, pandemiebedingt war unsere Drehzeit insgesamt verkürzt und wir konnten nur eine Woche Sommerpause machen – so war es beinahe wie ein Marathonlauf in diesem Jahr! Auch das Drumherum war eine große Herausforderung und durch die vielen Auflagen anders als gewohnt. Aber wir haben alles gemeinsam gestemmt und darauf sind wir natürlich stolz. Gleichzeitig freue ich mich jetzt aber auch auf den Urlaub und die Zeit mit der Familie. Ich weiß aber auch jetzt schon, dass mich nach ein paar Tagen wieder die Lust aufs Drehen packen wird und ich meine „Drehfamilie“ vermisse. Aber bis Ende Februar lässt es sich gut aushalten (lacht). In diesem Pandemie-Jahr sind wir besonders eng zusammengewachsen. Während „draußen“ Covid-19 die Welt in Atem gehalten hat, konnten wir gemeinsam etwas Positives schaffen – das schweißt unheimlich zusammen. Ich habe viele gute Freunde im Team und freue mich jeden Tag aufs Neue mit ihnen zusammenarbeiten zu können.

Könntest du dir denn nach so vielen Jahren als Bergdoktor überhaupt noch ein Leben ohne die Serie vorstellen?

Hans Sigl: Ja! Das kann ich. Ich bin da sehr pragmatisch eingestellt. Es wäre ein Fehler, mich einzig und alleine über diese Rolle zu definieren. Selbstverständlich liebe ich, was ich tue. Ich liebe das Drehen, die Figur, das Team – aber es gab ja auch ein Leben vor dem Bergdoktor, also gibt es auch eines danach.

Würdest du es eher als Fluch oder als Segen bezeichnen, so lange schon und so eng mit der Rolle als Dr. Gruber verbunden zu sein?

Hans Sigl: Harald Krassnitzer hatte ja viele Jahre dasselbe „Problem“ – auch er war „der Bergdoktor“, jetzt ist er „der Tatort-Kommissar“. Die Bezeichnung wird wie ein Adelstitel verwendet (lacht). Die Öffentlichkeit braucht offensichtlich solche Labels zur Orientierung. Aber ganz ehrlich: Natürlich bin ich darauf auch stolz! Ich hätte definitiv etwas falsch gemacht, wenn die Menschen nach 14 Jahren in dieser Rolle noch fragen müssten, wer ich eigentlich sei. Es ist für mich ein großes Glück, so lange schon Teil dieser Serie zu sein. Gerade in Zeiten wie diesen, wo es nicht möglich ist, Theater zu spielen oder andere Engagements anzunehmen, bedeutet das auch Sicherheit zu haben. Auch dafür bin ich sehr dankbar! Es sind unheimlich viele tolle Dinge passiert in der Zeit, seit ich dabei bin. Ich habe viel Spannendes mit den Kollegen erlebt, wir haben uns immer weiter entwickelt. Und auch wenn es oft harte Arbeit war, sehe ich die Rolle für mich vor allem als großes Geschenk!

Du hast gerade schon die Weiterentwicklung erwähnt – wie haben sich die Dreharbeiten in den letzten Jahren verändert?

Hans Sigl: Ganz am Anfang haben wir noch mit Filmrollen gearbeitet: „Wir haben noch neun Meter, reicht das für die Großaufnahme?“ Die Anspannung war dadurch aus rein technischen Gründen schon eine andere. Als Schauspieler wusste man, dass durch eine missglückte Szene auch direkt einige Meter Filmrolle verschwendet waren. Dadurch stand man deutlich mehr unter Druck als heute. Der wurde dann 2010/2011 weniger, als wir auf digitale Technik umgestellt haben. Ich persönlich finde das manchmal fast schade, weil so natürlich auch die Wertigkeit ein wenig verloren geht. Die Möglichkeiten bei der Nachbearbeitung sind nun aber selbstverständlich immens. Auch am Beispiel der Luftaufnahmen kann man sehr gut sehen, wie viel sich in den letzten Jahren getan hat. Am Anfang mussten wir dafür noch Hubschrauber mieten, die aus München angeflogen kamen. Mittlerweile packt der Tonmeister einfach seine Drohne aus.

Es hat sich also vieles vereinfacht.

Hans Sigl: Das hat es, ja. Aber im Gegenzug ist auch das Drehpensum erhöht worden. Wir haben im Moment 16 Drehtage für 90 Minuten Sendezeit zur Verfügung. Bei Herrn Krassnitzer waren es für 45 Minuten noch ganze zwölf Tage. Der Druck für uns ist also hoch, die Zeit ist knapp. Das kommt mir insofern entgegen, als dass ich gerne schnell arbeite und dankbar bin, wenn es wenig Wartezeiten für mich gibt.

Welche inhaltlichen Veränderungen würdest du als besonders entscheidend bezeichnen?

Hans Sigl: Der Sprung von 45 Minuten auf 90 Minuten pro Folge hat der Serie sehr gut getan – dadurch können die Geschichten tiefgründiger und schlüssiger erzählt werden. Die Heilung eines Leukämie-Kranken ist in 45 Minuten nur schwer glaubhaft zu vermitteln. Jetzt haben wir auch die Möglichkeit, den Figuren mehr Tiefgang zu geben – speziell in der kommenden Staffel spielt das Privatleben von Dr. Gruber beispielsweise eine größere Rolle.

Gibt es denn auch politische und gesellschaftliche Themen, die im Vergleich zu den ersten Staffeln inzwischen eher berücksichtigt werden?

Hans Sigl: Ja, durchaus. Wir behandeln auch Themen wie Transgender oder Abschiebung und versuchen immer wieder, sozial relevante Themen zu berücksichtigen. Allerdings sind uns durch das Format natürlich Grenzen gesetzt, wir können nicht immer tief genug in die oft komplexen Themen einsteigen. Außerdem fehlt dann auch ein glaubwürdiger Ansatz, denn die Geschichte sollte ja irgendwie in die Welt der Familie Gruber passen.

Welche Reaktionen kommen denn zu solchen Themen aus dem Publikum?

Hans Sigl: Ich bin von vielen Reaktionen immer wieder positiv überrascht. Wir hatten beispielsweise eine Schulklasse im Rahmen des Fantreffens hier am Drehort, die eine Folge unserer Serie als Grundlage für den Ethik-Unterricht gewählt hat. Darin geht es um eine Nierentransplantation: Eine schwangere Frau muss sich entscheiden, ob sie ihren Mann oder das Kind rettet. Diese ethische Frage haben die Schüler erörtert. Solch ein Feedback freut mich natürlich sehr!

Du bist ja auch in den Sozialen Medien sehr engagiert, was soziale und politische Themen angeht. Woher kommt dieser Antrieb?

Hans Sigl: Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und reflektiert, setzt man sich automatisch mit solchen Themen auseinander. Hinzu kommt bei mir noch, dass ich vor meiner Tätigkeit als Schauspieler auch noch beim Radio gearbeitet und moderiert habe, ich hatte schon immer eine Leidenschaft dafür, meine Meinung nach außen zu tragen und mit Menschen über relevante Themen ins Gespräch zu kommen. So entstand in diesem Jahr auch mein „Insta-Live“ Format. Ich finde es einfach toll, mich mit verschiedenen Persönlichkeiten auseinanderzusetzen, dabei auch gesellschaftliche Themen zu besprechen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Ich finde es außerdem enorm wichtig, gerade wenn man eine gewisse Reichweite hat, dass man sich zu bestimmten Themen klar positioniert: Rechtsextremismus und Intoleranz, Klimakrise, Covid-19 – dazu muss man in meiner Position auch mal ungefragt seine Meinung äußern.

Wie kommt das denn bei deinen Fans an?

Hans Sigl: Ich bekomme viele positive Rückmeldungen. Andererseits gibt es natürlich auch Gegenwind – was mir allerdings zeigt, dass es umso notwendiger ist, dass ich mich klar äußere. Denn das ist auch mein Antrieb: Ich möchte für das Gute eintreten.

Siehst du dich in diesen Fällen als Vorbild?

Hans Sigl: So würde ich das nicht bezeichnen. Ich möchte meine Reichweite nutzen, um zum Nachdenken anzuregen und Diskussionen anzustoßen. Wenn mir dann der blanke, rechte Hass entgegenschwappt, sehe ich es als umso wichtiger an, mich dagegenzustellen. Ich sehe mich nicht als Weltverbesserer, sondern freue mich über sachlichen Austausch. Vielleicht ist es auch ein Überbleibsel meines ersten Berufswunschs und es meldet sich mein didaktischer Auftrag – ich wollte ja mal Lehrer werden! (lacht)

Die klassischen Social-Media-Nutzer sind ja vermutlich nicht diejenigen, die donnerstagabends um 20.15 Uhr den Bergdoktor einschalten? Zeigt sich das in den Reaktionen auf der Plattform?

Hans Sigl: Das stimmt so nicht, denn wir liegen bei den jungen Zuschauern im Marktanteil bei über zehn Prozent – das ist fürs ZDF eine Menge! Außerdem muss man da differenzieren: Instagram hat die harmloseste Community. Danach kommt Facebook – dort ist inzwischen auch viel älteres Publikum unterwegs und es sind entsprechend auch sehr viele Fans der Serie zu finden. Die wirklich bösen Buben findet man auf Twitter – da geht es manchmal echt heftig zu.

Wo informierst du dich denn über aktuelle Themen?

Hans Sigl: Ich stehe jeden Morgen um 6 Uhr auf und höre „Bayern 2 – die radioWelt“. Danach scrolle ich digital durch die verschiedenen Zeitungen wie FAZ und Süddeutsche, manchmal auch die New York Times oder andere amerikanische Zeitschriften. Ich habe mir außerdem meinen Thread auf Facebook so aufgebaut, dass dort fast ausschließlich News-Seiten erscheinen. Ich informiere mich also zu einem großen Teil digital – und zwar vor allem über die Kanäle der bösen Mainstreammedien (lacht).

Kommen wir zu einem anderen Thema: Du bist auch als Kabarettist zu sehen. Wie kam es dazu?

Hans Sigl: Angefangen damit habe ich schon Anfang der 90er in Innsbruck, wo ich mit politischen Themen auf der Bühne stand, danach trat ich häufiger in Jazzbars auf und habe mich eher sozialkritischen Themen gewidmet, bevor sich meine Auftritte dann ins Literarische gewandelt haben. Das war allerdings bereits zu einer Zeit, wo ich als Bergdoktor schon sehr bekannt war und das Publikum eine gewisse Erwartungshaltung mitgebracht hat. Deswegen habe meine Inhalte wieder angepasst und mein letztes Programm heißt „Auf einmal war ich Arzt“. Darin erzähle ich quasi eine überhöhte Biografie meines eigenen Lebens und kombiniere das mit musikalischen Austropop-Elementen.

Bist du schon länger auch als Musiker auf Bühnen unterwegs oder hat sich das erst entwickelt?

Hans Sigl: Ich mache das schon sehr lange. Ich habe ein musisches Gymnasium besucht und zu Schulzeiten schon in einer Band gespielt. Auch während des Studiums war ich Teil verschiedener Formationen und als ich am Theater war, habe ich dankbar regelmäßig den Gesangunterricht besucht. Es war immer ein Traum von mir, so breit aufgestellt zu sein – schauspielerisch, musikalisch, kabarettistisch usw. Ich wollte in allen Genres zuhause sein. So konnte ich damals in Innsbruck auch an einigen Musical-Produktionen teilnehmen, habe Ballett getanzt – habe also schon viele Ziele erreicht von meiner To-Do-Liste! Die Musik ist bis heute geblieben. Ich musiziere unheimlich gerne, probiere neue Instrumente aus und mag die Abwechslung, die sie bietet gegenüber der Tätigkeit als Schauspieler.

Kam durch die Liebe zur Musik auch deine Position bei der Sendung „Pretty in Plüsch“ zustande?

Hans Sigl: Das weiß ich ehrlich gesagt nicht genau – vielleicht dachten sie auch einfach nur, ich könnte als lustiger Österreicher ein bisschen frischen Wind und einen anderen Blickwinkel reinbringen (lacht). Auf jeden Fall habe ich mich über die Anfrage sehr gefreut.

Zum Abschluss würde ich gerne einen Blick in die Zukunft wagen: Was erwartest du dir vom Jahr 2021 – beruflich und gesellschaftlich?

Hans Sigl: Ich setze sehr auf einen erfolgreichen Impfstoff im kommenden Jahr – und zwar nicht nur gegen Covid-19, sondern auch gegen Dummheit und Bösartigkeit. Ich wünsche mir einen „Impfstoff der Liebe“! Und natürlich hoffe ich, dass wir diese Pandemie möglichst in naher Zukunft und mit wenig gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden überstehen. Beruflich gibt es eigentlich keine offenen Wünsche mehr: Das Bergdoktor-Winterspecial wird bald gedreht, es wird einen zweiten Teil des „Höllental“-Thrillers geben, es stehen einige Lesungen an, ich baue mit einem Partner gerade ein eigenes Aufnahme- und Streaming-Studio am Ammersee auf – ich habe also viele spannende Projekte im nächsten Jahr in Aussicht.

Die 14. Staffel vom „Bergdoktor“ startet am 7. Januar im ZDF
mit einem Winterspecial.

Traditionell gibt es jedes Jahr ein Winterspecial vom „Bergdoktor“ – Hans Sigl spielt seit 13 Jahren die Rolle des Dr. Martin Gruber (links). (Foto: ZDF/Erika Hauri)