Ich wollte eigentlich nicht auf deine Größe zu sprechen kommen…

Hennes Bender: …aber du bist ja selbst so klein, wir sehen uns ja auf Augenhöhe.

Genau das wollte ich sagen. Ich freue mich total, es ist mein erstes Interview auf Augenhöhe.

Hennes Bender: Das ist schön, das heißt, du hast noch nie mit Bernhard Hoëcker oder Ralf Schmitz gesprochen? Ja, wir sind alle Gartenzwerge (lacht). Natürlich ist es in der Pubertät – vor allem bei Jungs – nicht so schön, wenn man so klein ist. Aber je älter man wird, desto eher merkt man, dass es eigentlich sehr positiv ist, so klein zu sein. Man kommt überall gut rein, man sitzt in der Bahn und im Flugzeug bequem, man hat überhaupt keine Probleme mit Beinfreiheit. Ich kann mich mit meiner Größe sehr gut arrangieren – und das ist ja auch Thema in meinem Programm.

Ich komme dann auch gleich auf das Programm zu sprechen. „Alle Jubeljahre. Das Beste aus 50 Jahren“ läuft noch bis Sommer. Was war denn das Beste in deinen 50 Lebensjahren?

Hennes Bender: Oh, da gab es einige Sachen, die mit meinem Job nur indirekt etwas zu tun haben. Das Beste war natürlich meine Frau. Das sage ich nicht nur, weil ich es sagen muss, sondern weil ich es auch wirklich so meine. Sie hat mich immer unterstützt, auch in den Durstphasen, die man als Künstler natürlich mal durchlebt. Dann gab es die Geburt meines Patensohnes und unserer Patenkinder vor drei Jahren. Das Beste ist eigentlich, abgesehen davon, dass ich seit vielen Jahren von dem, was ich mache und gerne mache, leben kann. Es ist einfach sehr erstrebenswert, von etwas leben zu können, was einen erfüllt und glücklich macht – egal ob man einen künstlerischen oder handwerklichen Beruf ausübt.

Zwei, die sich auf Augenhöhe trafen: Patrizia Bär und Hennes Bender. (Foto: privat)

Wo trittst du am liebsten auf? Auf kleineren Bühnen, größeren, in Großstädten oder auf dem Land?

Hennes Bender: Das ist eigentlich egal, weil es immer eine neue Herausforderung für mich ist. Ich bin natürlich immer gerne dort, wo ich schon einmal war. Und wo ich weiß, was auf mich zukommt. Ich war vor Kurzem in Berlin in einem Theater, da drückt der Techniker einfach auf einen Knopf und sagt: „Das ist die Bender-Einstellung.“ Und alles ist genauso wie ich es haben will. Das ist natürlich absoluter Luxus, großartig. Tatsächlich spiele ich lieber in kleineren Locations. Das Tolle an meinem Job ist, dass jeder Abend anders ist und man sich jeden Abend auf etwas Anderes einstellen muss. Mein Job ist es nämlich eben nicht, Auswendiggelerntes runterzuleiern – das auch – , aber ich versuche immer auch auf die Menschen, die Umgebung und auf aktuelle Geschehnisse einzugehen.

Wenn dein Programm in der Presse angekündigt wird, heißt es immer, dass du die besten Nummern, Songs und Dönekes zum Besten gibst. Kannst du unseren Lesern erklären, was das ist?

Hennes Bender: Dönekes sind Geschichten. Das ist Ruhrgebiet für Geschichten. Das sind Sachen, die einem passiert sind. Man sieht etwas, man hört etwas und das erzählt man weiter – das ist Ruhrgebiet-typisch.

Und weiter heißt es in deinem Programm „Das Beste aus 50 Jahren. Von Shakespeare bis Spongebob“. Bei Shakespeare spielst du ja darauf an, dass du dein Debüt mit einer Hamlet-Rolle hattest. Was hat dich damals an Hamlet gereizt?

Hennes Bender: Das war eine sehr interessante Sache. Da war ich schon 22 Jahre alt. Das war eine Aufführung des Jugendclubs am Schauspielhaus in Bochum. Ich habe es nur einmal gemacht, aber egal, zählt, gildet. Ich habe da gemerkt, dass ich total gerne auf der Bühne stehe und gerne die Reaktion der Leute spüre. Vor allem, wenn sie lachen. Da habe ich angefangen, Theater zu spielen. Shakespeare, Molère, Kleinkunst, Improtheater, Kindertheater – und irgendwann bin ich beim Kabarett gelandet. Mit Shakespeare begann alles und mit Shakespeare beende ich auch das aktuelle Programm. Ich gehe das Ganze also rückwärts an.

Aber Hamlet hat keine besondere Bedeutung für dich? Siehst du Parallelen zwischen dir und Hamlet?

Hennes Bender: Nicht wirklich. Wenn man älter wird, zweifelt man und zaudert und fragt sich das schon. Hamlet ist ja eine sehr junge Figur und im Herzen ist er sehr alt, weil er eine gebrochene Figur ist. Als Schauspieler schlüpft man ja in Rollen und man hat nicht unbedingt mit diesen etwas gemein. Aber es gibt eine Rolle, und die spiele ich auch in meinem Programm bzw. die zitiere ich und die hat sehr viel mit mir zu tun. Mit mir und meinen Beruf, eine Rolle, die auch Shakespeare – könnte man meinen – für mich geschrieben hat.

Welche Rolle ist das?

Hennes Bender: Das ist der Puck im Sommernachtstraum.

Du kannst ja nicht nur gut Hamlet spielen, sondern auch Spongebob imitieren. Ich muss das einfach ansprechen, weil ich in Kindheitstagen oft Spongebob geschaut habe.

Hennes Bender: Bist du traumatisiert worden oder warst du Fan?

Definitiv Fan.

Hennes Bender: Es gibt, glaub ich, nicht so viel dazwischen. Wenn man das zum ersten Mal sieht, denkt man „Oh mein Gott, entweder ist das total genial oder total wahnsinnig.“ Aber es ist natürlich beides. Es ist laut und grell und alles Mögliche, aber es hat natürlich auch einen hohen philosophischen und gesellschaftlichen Wert. Aber ich bin Spongebob auch irgendwie dankbar, weil ich gemerkt habe, in dem Moment, in dem ich Spongebob auf der Bühne nachmache, sehr viele Menschen das sehr toll finden und auch darauf warten. Deswegen war für mich klar, dass Spongebob Teil meiner Best-of-Show sein wird.

Wie bist du überhaupt darauf gekommen, Spongebob zu imitieren?

Hennes Bender: Ich habe mit meinen Freund Thomas Nicolai rumgealbert, der auch ein begnadeter Parodist ist. Wir waren in Berlin und haben festgestellt, dass der Sprecher von Spongebob auch derjenige ist, der Ferkel spricht und auch Steve Urkel. Wir haben uns gefragt, wer diese coole Sau nur ist und festgestellt, dass er in Berlin Theater spielt. Ich bin dann dort hingegangen und habe es mir angeguckt. Bei Thomas und mir ist es so, wenn wir uns treffen, schaukeln wir uns gegenseitig hoch. Wie bei alten Schulfreunden, die sich treffen und es wird nur Quatsch gemacht und über die alten Zeiten gesprochen. Wir haben dann wirklich ein Spongebob-Battle gemacht. Und eigentlich ging es dann nur noch darum, wer den Spongebob zuerst auf der Bühne macht. Wer traut sich, wer findet irgendwie einen Weg, ein Thema, einen Kontext, um den Spongebob auf der Bühne zu machen. Und da war ich leider der Erste. Thomas war dabei, als ich das gemacht habe – und hat mich danach zur Sau gemacht (lacht). Ich konnte leider nicht mehr warten. Aber er macht ihn mindestens genauso gut wie ich.

Wenn du nicht Comedian geworden wärst oder Spongebob-Imitator, was wärst du dann geworden?

Hennes Bender: Ich hatte eigentlich vor, Grafiker zu werden. Das war auch schon so gut wie in trockenen Tüchern. Ich habe dann allerdings ein Praktikum in einer Werbeagentur gemacht und gemerkt, dass das etwas ist, was ich nicht machen möchte. Aus dem gleichen Grund habe ich mich dazu entschieden, nicht auf die Schauspielschule zu gehen. Ich wollte nicht Teil einer Theater-Maschinerie sein. Im Nachhinein war es vielleicht ein Fehler. Ich hätte es probieren sollen. Ich glaube, wenn ich heute anfangen würde, etwas im künstlerischen Bereich zu machen, würde ich Lichttechniker werden. Weil das interessiert und fasziniert mich im Moment am meisten.

Was machst du, wenn du mal Freizeit hast? Gibt es irgendwelche kuriosen Hobbys, auf die ich dich ansprechen könnte?

Hennes Bender: Nö, ich bin einfach nur ein Nerd. Ich spiele einmal die Woche mit meinen Freunden Mario Kart. Ich sage immer: „Mein Vater spielte Skat, ich fahre Kart.“ Wir sind alle über 50 und fahren immer Montagabends Mario Kart. Ich bin ein Videospiel-Nerd, ein Hörspiel-Nerd, ein Film-Nerd. Ansonsten bin ich total gerne in Ausstellungen oder ich besichtige Schlösser und Burgen.

Wie passt denn das zusammen?

Hennes Bender: Ich versuche, meine Interessen so breit gefächert wie möglich zu halten, um nicht stumpf bei einer Sache zu bleiben. Wenn man sich auf etwas Nerdiges einlässt, kann es sehr schnell monothematisch werden und ich bin einfach neugierig auf alles. Nach dem Tod von David Bowie habe ich mich ein wenig von ihm anstecken lassen. Der hat sich für so viele Sachen interessiert und er hat so viel gelesen und sich mit Menschen und Künstlern auseinandergesetzt. Das ist eine sehr gute Lebenseinstellung in diesem Beruf, weil ich lebe doch davon, mit Menschen in Kontakt zu treten. Und wir haben ja auch so eine Art Vorbildfunktion. Wir müssen mal damit aufhören, uns gegenseitig anzukeifen und anzumotzen – im Internet, digital und ungefragt – sondern uns in die Augen sehen und Tacheles reden. Und das ist das, was wir im Ruhrgebiet auch machen. Wir sagen direkt, was wir denken, manchmal auch derber, aber dann meinen wir es nicht so. Ich weiß, dass manche Menschen außerhalb des Ruhrgebiets total Probleme mit dieser Direktheit haben, aber ich liebe das einfach. Deswegen bin ich auch im Ruhrgebiet geblieben. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wir leben in einer Ära, in der wir, die in der Öffentlichkeit stehen, eine Verpflichtung haben, ehrlich und offen miteinander zu reden, ohne den anderen niederzumachen und ohne eine Idee einzureißen, nur weil es nicht die eigene ist. (pdp)

(Foto: Menazoo)