Hilfe in der Not 

Asklepiosklinik in Kandel hat ukrainischen Kriegsverletzten aufgenommen

Kandel. Wenn ein Mensch Hilfe sucht, ist es nötig, anzupacken. Die Asklepiosklinik in Kandel hat genau das getan und einen flüchtigen Patienten aufgenommen, der im Krieg verletzt worden ist. Frank Lambert, Geschäftsführer der Asklepiosklinik Südpfalz, und Thomas Zeller, leitender Oberarzt und kommissarischer Leiter der Unfallchirurgie in Kandel, haben mit dem PFALZ-ECHO gesprochen.

Wie kam es dazu, dass Sie einen Patienten aus der Ukraine aufgenommen haben? Und was hat die Asklepios-Klinik in Kandel dafür qualifiziert?

Frank Lambert: Wir als Asklepios-Kliniken haben uns seit Beginn dieses schlimmen Krieges im Februar über das Bundesgesundheitsministerium dazu bereit erklärt, ukrainische Kriegsversehrte aufzunehmen und zu behandeln. Auch losgelöst von den Fragestellungen, wie es mit der Kostenklärung aussieht. Das war uns ein Anliegen. Wir sind insofern froh, dass wir an dieser Stelle helfen können. Wie es konkret gelaufen ist, das schildert Herr Zeller.

Thomas Zeller: Über Asklepios wussten wir schon von der Bereitschaft, Patienten zu versorgen. Wir sind in der Unfallchirurgie hier im Haus ein lokales Traumazentrum und in diesem Traumazentrum sind wir eingebettet in das Traumanetzwerk Pfalz. An diesem sind mehrere Kliniken beteiligt, die miteinander vernetzt sind, von Ludwigshafen, Kaiserslautern, Zweibrücken, Landau und Neustadt bis zu uns als südlichstem Zipfel. Innerhalb dieses Netzwerkes haben wir das schon einmal gedanklich durchgespielt und uns die Frage gestellt, was passiert, wenn Patienten kommen, die versorgt werden müssen, und wer wie viele Patienten aufnehmen kann. Vergangenen Freitag war es dann tatsächlich so weit und unser Koordinator aus dem Netzwerk hat uns darüber informiert, dass am Montag ein Airbus mit 47 Patienten ankommt. Von diesen 47 kamen zehn ins Traumanetzwerk Pfalz und die Frage stand im Raum, wer jemanden davon aufnehmen kann. Da haben wir uns nach Rücksprache mit Herrn Lambert spontan bereit erklärt, eine:n Patient:in aufzunehmen. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche Voraussetzungen dieser Patient hat, was er braucht. Aber wir sind ja als Traumazentren in unterschiedliche Levels eingeteilt, so dass die Koordinatoren schon abschätzen können, wer welches Verletzungsmuster versorgen kann. So kam dann ganz kurzfristig montagabends um halb neun tatsächlich der Patient hier an. Ich bin selbst ins Haus gefahren und habe mir angeschaut, wie die Lage ist und was wir tun müssen. Das war die Entstehungsgeschichte.

Es wurde also schon vorher geplant, welche Klinik aus dem Traumanetzwerk welche:n Patient:in aufnehmen kann. Und es handelt sich auch tatsächlich bei allen um Kriegsverletzte?

Thomas Zeller: Wir wussten vorher nichts über das Geschlecht des Patienten und in unserem Fall ist es so, dass es kein Soldat ist, sondern ein Zivilist, der durch eine Bombe verletzt wurde und auch bereits mehrere Monate in Mariupol im Krankenhaus gelegen hatte. Er brauchte noch eine weitere Operation und zu dieser Versorgung haben sie ihn aus der Ukraine nach Deutschland eingeflogen.

Das ist eine berührende Gschichte, dass es so möglich ist, zu helfen.

Thomas Zeller: Wir haben gesagt wir helfen sofort. Es war klar: Wir beteiligen uns. Was aber an dieser Geschichte ebenfalls berührend ist, ist die Tatsache, dass der Patient, mit dem man sich relativ gut auf Russisch verständigen kann, Frau und Tochter hat, die bereits nach Deutschland geflüchtet waren und jetzt hier wohnen, aber er wusste nicht, wo. Er hat keinen Kontakt mehr zu ihnen. Da dachte ich auch: Das ist heftig. Ich glaube aber, inzwischen hat er Kontakt mit ihnen, weiß aber nicht genau, wo sie sich aufhalten.

Aber ich schätze, eine Zusammenführung wird möglich sein, wenn er gesundet ist, oder?

Thomas Zeller: Absolut! Wir haben hier jetzt auch wieder etwas gelockerte Besuchsgebote und das wäre grundsätzlich möglich. Aber das muss man sich mal vorstellen: Die Frau sagt ihm nicht, wo sie genau ist, aus Angst, sie würden abgehört …

Diese Ängste müssen mittlerweile tief sitzen.

Thomas Zeller: Sie kriegen wohl Telefonkarten, wenn sie ausreisen, wenn sie fliehen, dabei haben sie aber Angst, dass diese irgendwie angezapft werden und ihr Aufenthalt über die Karten ausgelesen werden kann. Der Mann weiß also, dass seine Familie in Deutschland ist, aber zumindest mir verrät er nicht, wo genau.

Die Sprachbarriere überbrücken Sie mit Russisch?

Thomas Zeller: Er selbst spricht sehr gut Russisch und wir haben hier viele Mitarbeiter, die Russisch sprechen. Außerdem spricht er ein paar Sätze Deutsch und tatsächlich auch ein bisschen Englisch, so dass die Kommunikation gar kein Problem ist. Er ist aber glücklicherweise auch nicht so schwer krank, dass er sich nicht bewegen könnte, er ist mit Gehstöcken mobil und daher klappt das wunderbar. Ich denke allerdings, wir haben ihn insgesamt sicher noch mindestens drei bis vier Wochen hier in der Klinik.

Muss er nach seiner Genesung denn wieder zurück oder kann er hier bleiben?

Thomas Zeller: Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, das weiß ich noch gar nicht. Wir werden ihn hier erst einmal medizinisch versorgen und dann müssen wir erst mal schauen: Geht er hier in Deutschland zu einer Familie? Geht er zu seiner Familie, die bereits hier ist? Wollen sie zurück? Diese Fragen haben wir im Moment noch nicht gelöst.