Der Moderator Holger Wienpahl ist vielen eingefleischten Fußballfans bekannt aus der-Sportsendung „Flutlicht“. Beim SWR-Fernsehen Rheinland-Pfalz steht er außerdem regelmäßig für die Landesschau vor der Kamera. Zudem moderiert der zugezogene Kaiserslauterer das ARD-Buffet.

Sie sind ja nicht nur Moderator, sondern auch Marketingstratege. Sie geben z. B. auch Seminare für Moderatoren.

Holger Wienpahl: Ich stelle mich breit auf. Das hat verschiedene Gründe. Ich bin mit Leib und Seele Moderator, aber ich weiß, dass diese Zeit endlich ist. Es ist eine Art geliehene Zeit. Darauf bereite ich mich einerseits vor, indem ich mich breit aufstelle, ich mache auch Filme und Reportagen für den SWR. Andererseits habe ich aber auch große Freude daran, anderen etwas mitgeben zu können. Ich kann andere fördern und ihnen ein bisschen was beibringen, z. B. was das Moderieren angeht, das vor der Kamera Stehen oder das Präsentieren auf einer Bühne. Und das mache ich wahnsinnig gerne.

Geht es da um die freie Rede oder um das Moderieren an sich?

Holger Wienpahl: Es geht um den Gesamtauftritt. Es geht darum, sich vor der Kamera zu bewegen, das machen immer mehr. Sei es über Webinare oder über Youtube-Videos. Zeitungen haben mittlerweile ihre Kamera- und und Einspielfilme. Auf der anderen Seite besuchen angehende Journalisten meine Seminare. Die bekommen u.a. auch Journalismus von mit beigebracht, aber auch Kameraerfahrung.

Sie sind noch jung. Können Sie das, was Sie machen, also diese Moderationsworkshops, auch genießen?

Holger Wienpahl: Total. Es ist für mich – eigentlich kann ich sagen, bei allem, was ich mache – ein absolutes Vergnügen. Es ist ein Privileg. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass ich die Gelegenheit dazu habe, so viele verschiedene Sachen zu machen. Und ich darf hemmungslos neugierig sein und meine Fragen stellen vor allen anderen und keiner ist mir böse. Das ist erweiternd, inspirierend, interessant, weil ich mit Themen zu tun habe, von denen ich nicht viel Ahnung habe – bevor ich mich mit denen beschäftige – und ich komme mit Menschen zusammen, mit denen ich sonst im Leben wahrscheinlich nicht zusammengekommen wäre. Der Moderator soll immer moderat sein, der andere ist für mich immer im Mittelpunkt. Ich versuche dem anderen eine Rampe oder Bühne zu bauen.
Ich bin selbst ein Flutlicht-Gucker und finde, Sie kommen sehr sympathisch rüber.
Holger Wienpahl: Ich verstelle mich auch nicht (lacht). Ich glaube, es ist auch meine Aufgabe, nett zu sein. Ich bin nicht der investigative Journalist, das will ich auch gar nicht sein. Das ist auch nicht mein Job.

-Foto: SWR Pressestelle/Bildkommunikation/GE

Bekommen Sie oft dieselben Plattitüden von Fußballern zu hören?

Holger Wienpahl: Ich moderiere seit 20 Jahren Flutlicht und habe in dieser Zeit viele Fragen gestellt und viele Antworten gehört. Und die wiederholen sich auch im Laufe der Zeit von verschiedenen Menschen – die Fragen und die Antworten – und trotzdem gibt es immer wieder Momente, die komplett neu sind und komplett spannend sind. Ein kleines Beispiel: Das war vor zwei Woche beim DFB-Pokal. Der Trainer von Wormatia Worms war bei mir im Studio. Und ich fand den extrem anders als andere Trainer, unfassbar bewandert und inspiriert von sich selber. Er war einfach spannend. Er hat andere Antworten gegeben als andere Trainer. Der war total authentisch – das kann man ja auch noch sein in der vierten Liga… vielleicht darf man das in der Bundesliga auch gar nicht mehr sein und muss Erwartungen erfüllen.

Sie sind Kaiserslauterer…

Holger Wienpahl: Ich lebe in Kaiserslautern.

Ist der FCK Ihr Herzensverein?

Holger Wienpahl: Ja und nein. Ja, ich mag den FCK wahnsinnig gerne, weil ich dem Verein viel zu verdanken habe. Ich war Reporter als der FCK 1991 Meister wurde und war sehr nah dran. Bei der zweiten Meisterschaft 1998 war ich für die Sportschau FCK-Experte und war auch sehr nah dran an den Spielern. Zu vielen habe ich heute noch sehr guten Kontakt. Selbst Otto Rehagel hat mich nah dran gelassen, was sehr ungewöhnlich war. Ich habe alle Erfolge und Triumphe aus dieser Zeit sehr nah miterlebt und von diesem Sog, dabei zu sein, persönlich sehr profitiert. Deswegen liegt mir der Verein am Herzen. Ich war letztens auch privat dort und habe mir das Spiel angesehen – das 0:0 gegen Karlsruhe. Aber mein Herzensverein – und den sucht man sich nicht aus – das ist der Wuppertaler SV.

Sie kommen aus Wuppertal?

Holger Wienpahl: Ja, ich komme aus Wuppertal. Und mein Schicksal war, dass der ruhmreiche WSV in der Bundesliga gespielt hat, als ich Schüler war. Als Kind bin ich dann immer mit einer Rot-Blauen Fahne im Stadion gewesen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Jetzt spielt der Wuppertaler SV in der Regionalliga?

Holger Wienpahl. Ja, wieder. Aber wir waren schon schlechter.

Der Fußball verliert mehr und mehr den Bezug zur Basis, er entfremdet sich. Ich hatte gehofft, dass der FCK ein bisschen ehrlicher wird durch den Abstieg in die dritte Liga…

Holger Wienpahl: Ich weiß gar nicht, ob es dabei um ehrlich oder unehrlich geht. Es ist einfach ein wahnsinniger Wirtschaftszweig geworden – der gesamte professionelle Fußball. Und die dritte Liga ist auch noch professionell. Ich habe aber schon das Gefühl, dass Kaiserslautern ein wenig demütiger geworden ist. Die handelnden Personen sind sehr angenehm, vom Vorstandsvorsitzenden über die Spieler – das sind keine Großmäuler. Ich bin übrigens auch ein großer Freund von Mainz 05 – viele sagen, das passt nicht zusammen – aber ich habe die Entwicklung von Jürgen Klopp als Spieler mitbekommen, sein erster Tag als Spieler war quasi mein erster Tag als Reporter. Mainz ist auf dem Boden geblieben und es ist super angenehm mit Mainz zusammen zu arbeiten. Das Verhältnis zwischen Fußballspielern, uns Fernsehmenschen und dem jeweiligen Verein ist eigentlich sehr gut. Das Problem ist geworden, glaube ich, dass heute jeder Fehltritt dokumentiert wird. Sei es über die sozialen Medien, weil es irgendjemand fotografiert. Jürgen Klopp war früher kein Kind von Traurigkeit, das weiß jeder. Der durfte das auch sein, man ließ es ihn sein. Heute wird das dir sofort vierfach um die Ohren geschlagen. Deswegen ist diese Nähe zwischen uns und dem Fußball nicht mehr so einfach, wie sie es mal war.

Sie sind sehr variabel einsetzbar. Sie moderieren die Landesschau und das Flutlicht…

Holger Wienpahl: Und die Weinkönigin (lacht).

Das ist wahrscheinlich auch das, was Sie erfüllt, oder? Dass Sie in verschiedenen Gewässern fischen können:

Holger Wienpahl: Ja, und dafür bin ich wahnsinnig dankbar. Und ich möchte so lange wie möglich auf all diesen Hochzeiten tanzen.

Haben Sie ein Lieblingsformat?

Holger Wienpahl: Nein. Ich bin ein Mensch, der bei allem, was er macht, nur nach den positiven Dingen schaut. Der Sport begleitet mich ein Leben lang. Ich bin fasziniert von denen, die es geschafft haben, Leistungssportler zu werden – ich habe das nicht gepackt. Ich weiß, wieviel Disziplin, Ehrgeiz und Talent benötigt wird, um an die Spitze zu kommen. Ich habe Sport studiert, aber ich habe es nie geschafft, Leistungssportler zu werden. Auch der Wille, erfolgreich zu sein, fasziniert mich bis heute bei allen Leistungssportlern. An der Landesschau mag ich die Menschen, ich mag die Region, in der ich lebe, ich mag Rheinland-Pfalz und ich mag es, vor der eigenen Haustür zu suchen und dort spannende Dinge zu entdecken. Und am ARD Buffet gefällt mir, dass ich mich dort so frei bewegen darf, wie in keiner anderen Sendung. Im Buffet ist wahnsinnig viel Platz für Spontanität. Die Sendung ist live und diese Spontanität kann man nicht planen. Es gibt auch keinen Teleprompter. Und dieses „Freiseinkönnen“, macht mir Spaß. Außerdem ist es für mich der größte Spaß, mit Dingen, die danebengehen, umzugehen. Man muss auch über sich lachen können. Das ist das Wichtigste dabei. Es ist nicht schlimm, zu fallen, man muss nur umgehend wieder aufstehen.

Hatten Sie während einer Live-Sendung schon einmal einen Lachflash?

Holger Wienpahl: (lacht). Es ist schon viel schiefgelaufen, aber einen richtigen Lachflash hatte ich noch nie. So, dass ich nicht mehr weiter moderieren konnte? Nein. Viel Spaß habe ich aber trotzdem. Ich habe schon einmal mit zwei linken Schuhen moderiert, weil ich den falschen eingepackt hatte; ich habe mich einmal, anstelle von Cool Spray als Deo, mit Color Spray eingesprüht – dann waren die Stellen braun anstelle von erfrischt.

War es für Sie auch mal Thema, über Sport, der über die Landesgrenzen hinausgeht, zu berichten? So wie es Tom Bartels als Kommentator macht?

Holger Wienpahl: Ich war als Reporter bei drei Olympischen Winterspielen mit dabei in Sydney, Athen und Salt Lake City. Aber ich habe in dieser Zeit festgestellt, dass ich kein Kommentator, sondern Filmemacher bin. Der Kommentator-Job ist nichts für mich. Ich habe es ausprobiert beim Fußball, aber ich habe mich schwer damit getan, mich für jedes Spiel zu euphorisieren. Wenn ein Mittelfeld-Verein aus der Oberliga oder der Regionalliga oder auch aus der dritten Liga gegen einen Abstiegskandidaten spielt, habe ich überhaupt keinen emotionalen Bezug. Ich konnte einfach nicht schreien, als wäre Deutschland gerade Weltmeister geworden. Ich habe schnell gemerkt, dass das auch langweilig für die Zuschauer ist. Und weil ich mich nicht verstellen mag, habe ich es halt gelassen. Tom Bartels ist der größte und beste Reporter, den ich kenne. Er trifft immer den richtigen Ton – und hat auch noch Ahnung (lacht).

Man sagt ja immer: „Höher, schneller, weiter“. Gibt es ein Format, das Sie noch gerne moderieren würden? Zum Beispiel die Sportschau

Holger Wienpahl: Nein. Das war auch nie mein großes Ziel. Ich hatte ein großes Ziel: Das war, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. 2000 in Sydney ist nicht zu toppen. Ich habe vier Jahre lang die Winter-Sportschau moderiert. Das war alles gut und schön, aber ich bin jetzt auch froh, dass ich mehr als den Sport machen kann. Ich liebe den Sport, aber das ist nicht alles.

Holger Wienpahl mit Markus Eisel vom Pfalz-Echo. (Foto: privat)

Sie sind angekommen…

Holger Wienpahl: Das bin ich. Wobei das nicht bedeutet, dass ich neue Aufgaben nicht spannend finden würde. Aber sich mit Anfang 50 komplett neu aufzustellen, ist Blödsinn. Was ich total gerne mache, sind Dokumentationen und Filme. Das habe ich auch gelernt. Ich habe nach meinem Studium ein Volontariat gemacht und war lange Zeit Filmemacher. Deswegen mache ich das heute, sooft ich kann. Und ich habe das große Glück, mir die Themen selbst auszuwählen. Vor Kurzem habe ich einen Film über einen jungen Mann gemacht, der bei der Rammstein-Katastrophe vier Jahre alt war und bis heute gezeichnet ist, aber sein Leben grandios in den Griff bekommen hat. Mit ihm zusammen einen Film zu machen, war einfach toll.

Das Format „WegGefährten?“ gibt es seit diesem Jahr nicht mehr. Warum?

Holger Wienpahl: Wir hatten einfach das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues und Anderes ist.

Gibt es einen konkreten Grund, warum die Sendung abgesetzt wurde?

Holger Wienpahl: Im letzten Jahr ist die Zuschauerresonanz zurückgegangen. Es gibt viele Gründe dafür. Einer ist mit Sicherheit der sportliche Misserfolg. Die Stadien waren leer, auch in Mainz und Kaiserslautern. Zum anderen ist Sonntagabend um 22 Uhr im Sport vieles schon gesagt. Außerdem wollten wir einen neuen Ansatz finden. Wir wollten mehr Geschichten erzählen, weniger das aktuelle Spielgeschehen aufarbeiten. Wir wollen nah an den Menschen herankommen. Das ist neu. Und das scheint bei den Zuschauern ganz gut anzukommen. Die Zahlen sind wieder etwas nach oben gegangen – nicht gigantisch, aber schon spürbar.

Gehen Sie nach jeder Sendung die Zahlen durch?

Holger Wienpahl: Am nächsten Tag sofort. Das ist unsere Währung (lacht). (eis/pdp)