Die neuen Folgen von Dr. Klein tragen den Titel „Aller Anfang ist schwer“ – hält es Sie deswegen davon ab, etwas Schwieriges anzufangen?

ChrisTine Urspruch: Bei mir springt das Gedankenkarussell immer von alleine an. Ich denke oft „Was passiert, wenn ich dies oder das tue“. Ich bin ein sehr überlegter Mensch. Manchmal steht man sich dadurch ein bisschen selbst im Weg. Meiner Erfahrung nach, sollte man Dinge Schritt für Schritt angehen, sei es Probleme oder auch Entscheidungen. Wenn man dies in kleinen Schritten angeht, kann man sich selbst immer wieder bestärken und bleibt auf dem richtigen Weg.

In Dr. Klein geht es um sehr ernste Themen: Die Kinderdemenz von Laura, die Alzheimer-Erkrankung des Kollegen – kann man nach so einem Dreh abschalten? Wie nah geht einem das?

ChrisTine Urspruch: Das geht schon sehr nah. Ich setze mich intensiv mit den Themen auseinander. Gerade auch das Thema Kinderdemenz hat mich beschäftigt. Es gibt in Deutschland die NCL-Stiftung, für die mein Schauspiel-Kollege Jan Josef Liefers tätig ist. Deswegen war ich mit dem Thema vertraut. In Deutschland gibt es eine verschwindend geringe Anzahl an erkrankten Kindern, es müssten knapp 400 Fälle sein. Es war uns wichtig, dieses Thema aufzugreifen, denn in der Realität wird der Erkrankung auch von der Pharma-Industrie kaum Beachtung geschenkt. Die Erkrankung braucht unheimlich viel persönliche Initiative, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Deswegen hat mich das Thema der neuen Folgen von Dr. Klein sehr angesprochen. Dadurch, dass ich auch in der Realität einen Bezug zu der Kinderdemenz habe, kann ich mich als Schauspielerin noch einmal auf einer anderen Ebene dafür einsetzen und stark machen. Wir erzählen die Geschichte über zwei Folgen, das hat mich auch sehr gefreut. So bekommt die Kinderdemenz die Aufmerksamkeit in der Gesellschaft, die sie verdient. Natürlich beschäftigt mich das Thema immer noch ein bisschen nach Drehschluss. Es ist immer gegenwärtig, dennoch ist es nicht so, dass ich deswegen nachts wach liege.

In einer Szene sagen sie der erkrankten Laura, woran sie leidet und welche Folgen die Krankheit haben wird. Dabei haben Sie Tränen in den Augen. Musste da nachgeholfen werden oder kamen diese von alleine?

ChrisTine Urspruch: Die Tränen kamen tatsächlich von alleine. Das sind Situationen, in die ich mich versuche hineinzuversetzen und in die ich mich hineinlebe. Da schöpfe ich aus persönlichen Erfahrungen und meiner persönlichen Erinnerung. Als Kind war ich auch öfter im Krankenhaus und wurde an den Beinen operiert. Ich trage auf gewisse Art und Weise eine Parallelwelt in mir, wenn ich solche Szenen spiele. Und aus dieser kann ich dann schöpfen. Die Tränen kommen dann aus einer ganz authentischen Situation heraus.

In der Serie geben Sie nicht auf, Sie bearbeiten die Pharma-Firma so lange, bis Nora in der Studie aufgenommen wird – wie viel ChrisTine Urspruch steckt in Frau Dr. Klein?

ChrisTine Urspruch: Ich übernehme auch im wirklichen Leben die Verantwortung für mein Handeln. Ich bin niemand, der schnell klein beigibt. Wenn ich von einer Sache überzeugt bin, versuche ich diese auch umzusetzen und Verständnis dafür zu gewinnen. In Bezug darauf gibt es schon Parallelen zwischen Frau Dr. Valerie Klein und mir. Ob ich diese unkonventionellen oder die etwas außergewöhnlicheren Wege gehen würde, kann ich gar nicht so im Einzelnen sagen. Aber mir ist es schon wichtig, meine Meinung kundzutun und mir die Freiheit zu nehmen, zu meiner eigenen Meinung zu stehen.

PFALZ-ECHO-Redakteurin Patrizia Bär mit ChrisTine Urspruch. (Foto: privat)

Sie gehen Ihren Weg. Sie sind Schauspielerin geworden, sind aber nicht den typischen Weg gegangen: Sie haben keine Schauspielschule besucht…

ChrisTine Urspruch: Die Schauspielschule habe ich nicht besucht, das stimmt. Wenn man den gängigen Weg geht, macht man vier Jahre eine Ausbildung an der Schauspielschule. Ich habe das privat gemacht mit Workshops u.a. in den USA, in der Schweiz und in Deutschland. Und ich hatte Sprecherziehungsunterricht und Kamera-Acting-Workshops. Ich hatte schon immer eine große Leidenschaft für die Schauspielerei. Nach meinem Abitur fehlte mir aber der Mut, eine Schauspielschule zu besuchen. Also habe ich erst einmal Deutsch und Englisch auf Lehramt studiert. Aber während des Studiums habe ich immer alle Seminare besucht, die irgendwie und im weitesten Sinne mit Theater zu tun hatten, habe nebenbei die Schauspielerei weiter betrieben. Dann gab es einen Glücksmoment für mich und ich bekam ein Engagement am Schauspielhaus in Bonn. Das ist genau 25 Jahre her – 2018 feiere ich also 25-jähriges Bühnen- bzw. Schauspieljubiläum (lacht). Darauf bin ich sehr stolz.

Wäre auch der Beruf der Kinderärztin etwas für Sie gewesen oder gab es diesen Gedanken nie?

ChrisTine Urspruch: Doch, natürlich gab es diesen Gedanken und es gibt ihn auch immer noch, wenn ich solche Rollen spiele. Wenn ich die Drehbücher lese, steige ich in den Alltag in der Kinderklinik ein, da denke ich schon daran, wie es wäre, wenn ich den Beruf der Kinderärztin auch wirklich ausüben würde. Es ist ein sehr segensreicher Beruf. Natürlich ist der Beruf auch mit sehr viel Anstrengung verbunden und Entscheidungen, die man innerhalb kürzester Zeit treffen und tragen muss, und somit ist der Beruf der Kinderärztin auch mit großer Verantwortung verbunden. Aber ich mag den Umgang mit Kindern sehr. Man hat das Gefühl, dass man helfen kann. Eine Beziehung zu einem Kind aufzubauen, sodass es einem vertraut, das ist eine sehr segensreiche Aufgabe. Natürlich geht nicht immer alles gut aus, aber man kann doch sehr viel Hoffnung geben und sehr persönlich ansetzen. Das gefällt mir sehr gut. Ich hätte aber den Numerus Clausus für ein Medizinstudium nicht gehabt (lacht), aber mittlerweile werden die Wartezeiten ein wenig verkürzt – und wer weiß, vielleicht wäre das mein zweiter Bildungsweg (lacht).

Sie spielen die Kinderärztin Frau Dr. Klein, im Tatort sind Sie eine Rechtsmedizinerin an der Seite von Jan Josef Liefers. Bekannt wurden Sie aber als das Sams – wie passt das zusammen?

ChrisTine Urspruch: Das ist der Lauf der Dinge, so ist das im Schauspielberuf. Man bekommt ein Rollenangebot oder jemand sieht mich und hat die Idee, mich für eine bestimmte Rolle zu besetzen. Gerade von dieser Vielfältigkeit lebt mein Beruf und davon lebe ich, weil ich das total reizvoll finde. Ich möchte auch gar nicht auf eine Rolle festgelegt sein, das mag kein Schauspieler. Wir wollen ganz viele Varianten von uns zeigen. Meine erste große Kinorolle hatte ich mit dem Sams im Jahr 2000. Die Arbeit hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Mit der Rolle habe ich mir eine gewisse Aufmerksamkeit erobert. Nach dieser Rolle bekam ich zahlreiche andere Angebote.

Auf welche Rollenanfrage warten Sie noch?

ChrisTine Urspruch: Ich wünsche mir mal einen zwielichtigen Charakter, eine Ganovin oder so etwas Ähnliches, zumindest mal eine Rolle, bei der ich dunklere Seiten ausleben kann. Mittlerweile muss ich auch sagen: „Ich nehme alles!“ (lacht). Es gibt viele spannende Rollen und ich freue mich über jede interessante Rolle. Für mich ist auch immer wichtig, wer mit im Boot ist, in welcher Kombination man mit Schauspielern arbeitet. Und natürlich habe ich in mir auch die Sehnsucht, international zu arbeiten. Da versuche ich noch einen Fuß in die Tür zu bekommen. Es gibt zurzeit ja auch viele Serien, die einen internationalen Charakter aufweisen, da würde ich gerne mitmischen.

Was wünschen Sie unseren Lesern für das neue Jahr?

ChrisTine Urspruch: Ich wünsche allen PFALZ-ECHO-Lesern Gesundheit und Glück für das neue Jahr. Und ich wünsche den Lesern, dass sie ganz viel lesen und viele Geschichten kennenlernen und dadurch die Welt noch einmal von einer anderen Seite betrachten können. Ich hoffe, dass wir alle durch die Geschichten, die wir in unseren Köpfen haben, in eine friedvolle Welt hineingehen. (pdp)