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„Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt“

Steckbrief: Roland Trettl

  • Geboren am 3. Juli 1971 in Bozen, Südtirol
  • Italienisch-deutscher Koch, Autor von Kochbüchern 
  • Begann 1987 seine Ausbildung zum Koch
  • Das von Trettl geführte Restaurant Ikarus wurde sowohl im Falstaff Restaurantguide als auch von Gault-Millau Österreich ausgezeichnet und erhielt 2004 einen Michelin-Stern
  • Miteigentümer der Spiceworld Gewürzmanufaktur in Salzburg
  • 2016 bis 2018 Coach bei der Koch-Show „The Taste“
  • Seit 2018 Gastgeber in der VOX-Dating-Doku First Dates – Ein Tisch für zwei
  • Ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt mit seiner Familie in Salzburg

Wie kommt ein Sternekoch zu der Sendung „First Dates“?

Roland Trettl: Das liegt in erster Linie am Sternekoch, der nie große Pläne in die Zukunft gemacht hat. Mich hätte man nie fragen dürfen, wo ich mich in fünf oder zehn Jahren sehe. Ich finde das Leben viel zu spannend, als dass ich mir ein geplantes Konzept umhängen lassen würde und da dann vielleicht nicht mehr rauskommen würde. Deshalb habe ich mir immer alles offengelassen. Für mich ist die Küche und die Kulinarik ein ganz wichtiger Punkt – ich liebe Essen und Trinken – aber ich bin der Meinung, dass man verschiedenste Dinge ausprobieren kann und auch soll, um letztendlich im Alter entscheiden zu können, was das Beste in der Vergangenheit war. So sieht meine eigene Einstellung aus, was allerdings noch lange nicht der ausschlaggebende Punkt dafür war, dass ich als Gastgeber zu „First Dates“ gekommen bin. Ein damaliger Senderchef und Unterhaltungschef waren der Meinung, dass ich der Richtige für dieses Format wäre. Die Sendung läuft schon seit vielen Jahren erfolgreich in England und Spanien und dort gibt es zum Teil Gastgeber und Hosts, die überhaupt nichts mit Gastronomie zu tun haben. Hier haben sie gedacht, dass es jemand sein sollte, der emphatisch und authentisch ist, seinen eigenen Stil hat und auch von der Gastronomie Ahnung hat. So haben sie mich dann gefragt. 

Du bist eigentlich das Bindeglied, das alles in der Sendung zusammen hält.

Roland Trettl: Ja, das stimmt. So sehe ich mich auch. Ich sehe mich nicht als den Hauptdarsteller, denn die Hauptdarsteller sind unsere Gäste. Das Allerwichtigste in dem Format ist für mich das Match, wenn zwei Menschen wirklich das Gefühl haben, dass sie zusammenpassen. Das ist für mich das Allerwichtigste und ich darf es begleiten. Ich habe die Möglichkeit, den Gästen etwas Gutes mitzugeben, und wenn es einfach ein Lächeln im Gesicht ist oder ein Kompliment am Anfang der Sendung ist. Das tut ihnen gut und lässt sie vielleicht etwas gestärkter an die aufregende Situation herangehen. 

Inwieweit darfst Du als Moderator in gewissen Situationen eingreifen? Gibt es manchmal Situationen, die so nicht gedreht werden sollten?

Roland Trettl: Das passiert schon, aber immer ganz vorsichtig (lacht). Ich darf den Menschen nicht verunsichern. Wenn ich beispielsweise das Gefühl habe, dass nur einer von beiden redet während der andere nur zuhört und gelangweilt erscheint, hoffe ich sehr darauf, dass einer davon auf die Toilette geht und ich somit dann ganz vorsichtig sagen kann: „Ich beobachte das Ganze und sehe, dass du viel von dir zu erzählen weißt. Konntest du denn schon etwas von deinem Gegenüber erfahren?“ Im Normalfall denken die Menschen darüber dann zumindest mal kurz nach. Ich rede auf jeden Fall nicht rein, denn wenn ich das machen würde, würde ich eine große Verunsicherung dadurch erzeugen, und das möchte ich natürlich nicht. 

Werden die Gäste vor den Sendungen gecastet?

Roland Trettl: Es wird im Vorfeld schon viel mit den Gästen gesprochen. Unsere Redakteure telefonieren viel mit ihnen. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin schickt vorab ein Bewerbungsvideo, damit man schonmal einen Eindruck zu der Person bekommen kann. Aber wir nehmen grundsätzlich jeden Menschen. Wir können natürlich auch nur hoffen, dass die Teilnahme dann auch ernst gemeint ist. Es gibt keine Menschen, die wir nicht bei uns im Restaurant haben möchten. Höchstens diejenigen, die die Situation nicht ernst nehmen und nur kommen, weil sie denken, die Sendung stellt für sie eine Bühne dar und so können sie sich im Fernsehen präsentieren. Das sind aber ganz wenige. Unser Anspruch ist es, dass Menschen zusammen kommen und das wollen ja eigentlich auch alle. Es ist nicht unser Anspruch Menschen besonders lustig, cool oder blöd dastehen zu lassen. Wir lassen Menschen dastehen, wie sie sind, und es ist nicht unsere Intention, Menschen eine Bühne zu geben, sondern Menschen die Möglichkeit zu geben einen Partner oder eine Partnerin zu finden. 

Habt ihr im Nachhinein noch Kontakt zu den Gästen, die sich bei euch verliebt haben?  

Roland Trettl: Ja, wir stehen mit Menschen, die matchen immer in Kontakt. Wir wollen schließlich auch wissen, ob es zur Verlobung oder Eheschließung kommt. Es werden immer Fotos zugeschickt – auch vom „First Dates Baby“! Das gab es tatsächlich auch schon und es liegt uns natürlich viel daran, das zu erfahren. 

Nun beginnt das Format „First Dates Hotel“. Ist das vom Prinzip ähnlich wie „First Dates“ im Restaurant?

Roland Trettl: Der Unterschied ist zum einen die Location. Wir sind in Kroatien im Warmen und im Freien und natürlich in einem Hotel. Wir wissen ja alle, wie es ist, zwei Stunden in einem Restaurant zu sitzen, sei es mit dem Partner oder der Partnerin oder einem Freund oder einer Freundin – die Zeit dort erlebt man ja ganz anders als bei einem Aufenthalt im Hotel. So ist es beim Daten natürlich auch. Die Gäste sind im Hotel und übernachten auch dort. Es bietet viel mehr Möglichkeiten jemanden kennenzulernen, auch die Möglichkeit mehrere Personen kennenzulernen. Wir sind in einem Single-Hotel und es kann schon passieren, dass einem eine Person über den Weg läuft, die einem besonders gefällt. Dort lässt man es einfach viel mehr auf sich zukommen. Im Restaurant ist klar, wer zu wem an welchen Tisch gehört. Im Hotel ist das alles viel offener. 

Das Allerwichtigste ist für Roland Trettl das Match, wenn zwei Menschen wirklich das Gefühl haben, dass sie zusammenpassen.(Foto: RTL/Philipp Rathmer)

Wie sehen Deine Vorbereitungen für „First Dates“ aus?

Roland Trettl: Ich muss keine Texte auswendig lernen und schaue mir auch gar nicht an, wer zu mir kommt. Wenn ich heute drehen würde, wüsste ich jetzt noch nicht, wer später vor mir stehen wird. Es ist mir wichtig, dass ich den Menschen direkt kennenlerne auch ohne irgendwelche Vorurteile. Ich möchte nicht wissen, dass er beispielsweise 58 Jahre alt ist und noch nie eine Frau hatte. Dann könnte es sein, dass ich mir im Vorfeld Gedanken machen würde und ihn als schrägen Typ einordnen würde. So würde ich ihm etwas anheften, was eigentlich gar nicht relevant ist. Wenn er mir das dann von sich aus erzählt, ist es etwas ganz anderes, als wenn ich das vorab auf dem Papier lesen würde. 

Schaust Du Dir die Folgen im Nachhinein selbst an? Fällt es Dir leicht, Dich selbst im Fernsehen zu sehen?

Roland Trettl: Ich schaue mir die Folgen schon an, aber nicht weil es mich interessiert, wie ich im Fernsehen wirke. Ich bin wie ich bin und nicht anders oder besonders toll. Es ist nicht so, dass ich mich nicht sehen könnte – das passt schon. Der Grund, warum ich mir die Folgen anschaue, ist der, dass ich dann Dinge sehe, die ich beim Dreh gar nicht erlebt und mitbekommen habe. Es passiert so viel in der Zeit – vor allem im Hotel. Das Anwesen ist so groß und ich entdecke doch schon das ein oder andere, von dem ich gar nichts wusste. Ich bekomme tiefe Gespräche zwischen den Gästen beim Dreh gar nicht mit – ich bin ja schließlich kein Spanner, der nur hinter ihnen steht. Aber wenn ich dann die Folge sehe, merke ich: „Wow, ich habe die beiden kennengelernt, weiß wer sie sind, hab sie eingecheckt und zum Tisch gebracht.“ Aber dass sie so tolle Gespräche geführt haben, erfahre ich erst jetzt in der Folge. 

Du lässt Dich schon auch von dem Mensch, der Dir gegenübersteht inspirieren.

Roland Trettl: Ja, klar. Von dem einem mehr, vom anderen weniger. Das ist wie im normalen Leben auch.

Horst Lichter – auch Koch – macht die erfolgreiche Show „Bares für Rares“ und Du hast mit „First Dates“ auch eine sehr erfolgreiche Show. 

Roland Trettl: Der große Unterschied ist, ohne arrogant zu wirken, dass ich ein guter Koch bin.(lacht). Horst Lichter ist definitiv ein besserer Entertainer.

Ist Roland Trettl eher der Naturbursche oder der Lebemensch?

Roland Trettl: Das eine schließt das andere nicht aus, oder? 

Der Lebemensch ist schon ein bisschen anders drauf als der Naturbursche.

Roland Trettl: Ich sage, dass ich durch die Natur der Lebemensch werde. Mir gibt die Natur die Energie, um ein Lebemensch zu sein. 

Partyzone ist für Dich also nicht notwendig.

Roland Trettl: Überhaupt nicht, aber trotzdem bin ich ein Lebemensch. Die Frage ist, wie definiert man einen Lebemensch. Ist ein Lebemensch derjenige, der fünfmal in der Woche auf irgendeiner Party ist, dann bin ich definitiv kein Lebemensch. Wenn ein Lebemensch ein Mensch ist, der immer interessiert ist, andere Dinge kennenzulernen, der gerne andere Kulturen kennenlernt, in verschiedenen Städten unterwegs ist und verschiedene Restaurants besucht – das ist für mich der Lebemensch. 

Kochen ist immer noch Deine größte Leidenschaft, oder?

Roland Trettl: Ja, eine meiner Leidenschaften. 

Ich habe gesehen, dass Du sehr vielseitig und sehr neugierig bist.

Roland Trettl: Auf jeden Fall. Ich mag es Dinge zu entdecken und neue Erfahrungen zu machen. Die Kunst ist auch eine große Leidenschaft von mir. Sie ist eine ganz andere Leidenschaft als das Essen. Das Essen esse ich und danach ist es weg. Die Kunst bleibt, sie wächst und bekommt immer mehr Energie. Das ist der große Unterschied zwischen Kulinarik und Kunst. Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt.  

Markus Eisel

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