Neue Wege für den 1. FC Kaiserlautern mit dem westfälischen Trainer und Wahl-Pfälzer Marco Antwerpen. (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Steckbrief: Marco Antwerpen

  • Geboren am 5. Oktober 1971 in Unna
  • Seit Februar 2021 Cheftrainer der 1. FC Kaiserslautern
  • Spielerkarriere u. a. bei SC Fortuna Köln und Preußen Münster
  • Vorherige Vereine als Trainer: Würzburger Kickers, Eintracht Braunschweig, Preußen Münster, Viktoria Köln, Rot Weiss Ahlen sowie SV Burgsteinfurt

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Herr Antwerpen, wie gefällt es Ihnen denn in der Pfalz?

Marco Antwerpen: Ich bin ja jetzt schon längere Zeit hier. Wir haben uns also bereits eingelebt und dementsprechend gefällt’s uns hier in der Pfalz sehr gut!

Ich kenne Sie als Drittligaspieler, Sie haben in Münster gespielt. Gab es denn einen Trainer, der Sie besonders geprägt hat?

Marco Antwerpen: Das kann ich so genau nicht sagen. Ich denke, man nimmt von jedem Trainer etwas mit. Aber dass es jetzt jemanden gab, der mich taktisch oder analytisch entscheidend geprägt hat, das kann ich eigentlich nicht behaupten.

Aber den einen oder anderen, der Sie besonders gefördert hat in der Fußballwelt, gab’s schon … 

Marco Antwerpen: Ich hatte Peter Vollmann über einen längeren Zeitraum als Trainer: Zunächst bei Preußen Münster, dann bei Fortuna Köln und dann noch einmal bei Preußen Münster – also gleich dreimal. Wir kamen also offensichtlich ganz gut miteinander klar.

Der Trainerberuf war nicht zwingend Ihr Traum?

Marco Antwerpen: Nein. Eigentlich überhaupt nicht. Fußball zu spielen, das ist schon das, was man als Traumberuf bezeichnen kann. Aber in diese Trainergeschichte bin ich mehr oder weniger hineingerutscht. Ich hatte dann eine gute und erfolgreiche Zeit als Trainer bei Rot Weiß Ahlen, bin mit den Jungs in die Regionalliga aufgestiegen, woraufhin meine Frau sagte: „Versuch doch mal, noch weiter zu kommen“. Dann hatte ich beschlossen, einen Eignungstest zu machen, den man ja braucht, wenn man Trainer werden möchte, und sagte mir, wenn ich das beim ersten Mal schaffe, dann bleib ich dabei. Und so war es auch. Mit der ersten Bewerbung bin ich dann sofort in den DFB-Lehrgang gekommen, und dann dachte ich mir, ich schau mal, wie weit ich komme.

Es ist schon ein Unterschied, ob man beispielsweise bei Rot Weiß Ahlen die Junioren trainiert oder eben einen Traditionsverein, wie den 1. FCK.

Marco Antwerpen: Natürlich. Ich kann aber sagen, dass der Weg dahin über die verschiedenen Stationen aus meiner Sicht schon der Richtige gewesen ist. Angefangen bei Viktoria Köln, nicht zu viele Zuschauer, alles ein bisschen genügsamer, aber auch mit den nötigen sportlichen Ambitionen. Dann weiter über Preußen Münster, was ja auch schon ein Traditionsverein ist, wenn auch nicht zwingend überregional. Mit Eintracht Braunschweig wurde es dann schon ein bisschen größer. Und der 1. FC Kaiserslautern wird überregional natürlich nochmal ganz anders wahrgenommen,.

20.000 Zuschauer im Stadion – da steht man schon in einem anderen Fokus. Ist einem das in diesem Moment bewusst?

Marco Antwerpen: (lacht) Ja, das sollte einem schon bewusst sein, wenn man hier Trainer wird. Ich wusste schon vorher, was das hier für eine Aufgabe wird.

Danach kann ja eigentlich als Traditionsverein nur noch Bayern kommen, oder?

Marco Antwerpen: (lacht) Julian Nagelsmann hat allerdings einen Fünf-Jahres-Vertrag, da müsste ich ein bisschen Geduld mitbringen. Aber Spaß beiseite, ich bin hier sehr glücklich, also mache ich mir keine Gedanken darüber, was als nächstes kommt … 

Sie haben bestimmt Ihre eigene Trainer- und Spielphilosophie und eine Vorstellung, wie die Mannschaft sich entwickeln soll. Jetzt ist aber auch der Fußball unglaublich schnell- bzw. kurzlebig geworden. Ist es denn überhaupt noch möglich, solche Pläne langfristig zu entwickeln, Zwei- oder Dreijahrespläne aufzustellen? Wie gehen Sie diese Sache an?

Marco Antwerpen: Ich sehe eigentlich keinen so großen Unterschied zu den früheren Zeiten, als ich noch selbst gespielt habe. Man musste als Trainer auch damals schon schlichtweg Erfolg haben, und das wird sich auch nie ändern. Es ist wichtig, dass Trainer, Verein und Spieler auch gut zusammen passen. Bei den Vereinen, die langfristig mit ihren Trainern zusammenarbeiten, stimmt die Beziehung untereinander. Trotzdem steht auch hier immer der Erfolg über allem. Das ist eben ein ganz wichtiges Kriterium. Die Rückrunde in der vergangenen Saison war für uns sehr schwierig, wir hatten nur ein Ziel, das war der Klassenerhalt. Dem haben wir alles untergeordnet. Jetzt probieren wir etwas zu entwickeln, was uns auch mittelfristig weiter bringt. Nicht immer hat das etwas mit einer bestimmten Spielphilosophie zu tun. 

Der Kader ist relativ groß?

Marco Antwerpen: Unser Kader ist normal, würde ich sagen. Wir hatten und haben ja mehrere Langzeit-Verletzte, da waren wir sehr froh, noch  Spieler im Kader zu haben. Aber trotzdem ist die Größe noch überschaubar. Es ist ja auch keine Bestrafung, wenn die Jungs, die nicht so zum Einsatz kommen, mal zur  zweiten Mannschaft gehen, sondern sie sollen dort Spielpraxis sammeln. 

Es ist bestimmt nicht leicht, die Spieler in einem 22- oder 25-Spieler-Kader bei Laune zu halten. Nicht jeder kann eben spielen …

Marco Antwerpen: Schon, aber das muss ja nicht immer nur der Trainer machen.  Es gibt ja beispielsweise auch noch den Mannschaftsrat, der in diese Fragen immer mit einbezogen wird. Auch die Spieler selbst müssen dafür sorgen, dass das Klima innerhalb der Mannschaft ein vernünftiges ist, dass man zusammen Erfolg haben kann. Entscheidungen, die wir treffen, versuchen wir deshalb auch immer transparent zu halten, und den Jungs zu sagen, warum sie wo spielen. 

Marco Antwerpen – bislang mit glücklicher Hand: „Es ist wichtig, dass Trainer, Verein und Spieler auch gut zusammen passen. Bei den Vereinen, die langfristig mit ihren Trainern zusammenarbeiten, stimmt die Beziehung untereinander.“ (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Werden Sie dabei auch mit Trotzrekationen konfrontiert ?

Marco Antwerpen: Trotzreaktion ist vielleicht der falsche Begriff. Zuerst mal macht Fußballspielen Spaß. Man kann ja auch in der zweiten Mannschaft spielen, gute Leistungen zeigen und damit auf sich aufmerksam machen. Wir haben eine enge Verzahnung von Oberliga- zu Drittligamannschaft. Wir versuchen auch immer, mit einem Trainer bei den Spielen der zweiten Mannschaft dabei zu sein, um zu sehen, was unsere Spieler da unten leisten. Es gab, glaube ich, bisher nur ein U23-Spiel, bei dem keiner von uns dabei war. Aber auch dann kommen die Infos vom Trainer der Zweiten zu uns.

Heute wird doch auch anders trainiert als damals. Früher wurde in der Vorbereitung mehr gerannt, Waldläufe usw. Heute ist mehr Technik gefragt?

Marco Antwerpen: Ja, das hat sich schon ein wenig geändert. Vieles wird heute eher auf dem Platz gemacht. Trotzdem kann nichts einen Waldlauf ersetzen, um Kilometer in die Beine zu bekommen oder Ausdauer zu trainieren. Das alles auf den Platz zu verlegen, ist schwierig, aber das muss jeder für sich entscheiden. Wir machen in der Vorbereitung auch Waldläufe.

Das Training ist kürzer, aber dafür intensiver?

Marco Antwerpen: Das kann man so nicht sagen. In der Vorbereitung oder auch mal Anfang der Woche gibt es auch heute noch sehr lange Trainingseinheiten. Aber je näher wir an den Spieltag kommen, umso kürzer und dadurch weniger belastend werden die Trainingseinheiten. 

Im Moment ist Länderspielpause. Trainieren Sie dann intensiver? Setzen Sie in dieser Zeit andere Akzente?

Marco Antwerpen: Hatten wir auch schon gemacht, ja. Aber gerade  in dieser Woche sind uns einige Spieler wegen eines grippalen Infekts ausgefallen, wir hatten zudem noch das Testspiel in Metz, das ist auch zu berücksichtigen, und dementsprechend hatten wir eigentlich eine ganz normale Trainingswoche. 

Die Inzidenzzahlen steigen wieder und die Wahrscheinlichkeit, dass wieder – wie im vergangenen Jahr – „Geisterspiele“ ausgetragen werden müssen, steigt. Haben sich diese Spiele ohne Zuschauer auf die Mannschaftsmentalität ausgewirkt?

Marco Antwerpen: Das ist pauschal nicht zu beantworten, denn jeder Spieler nimmt das anders wahr. Und ich glaube nicht, dass ein Spieler nicht die volle Leistung bringt, nur weil keine Zuschauer auf den Rängen sind. Aber dass die Fans nochmal extra pushen können, das ist auch klar.

Und die mentale Belastung?

Marco Antwerpen: Die Drucksituation kommt ja daher, dass man ein Spiel gewinnen möchte, und nicht durch die Zuschauer. Aber auch das ist nicht zu verallgemeinern. Vielleicht spürt der eine oder andere Spieler mehr Druck, weil eben Zuschauer im Stadion sind. Ganz viele Spieler pushed das natürlich mehr, wenn 20.000 oder 30.000 auf den Rängen mit dabei sind, als dass es sie belastet. 

Ich frage deshalb, weil ich denke, dass die Erwartungshaltung der Fans – gerade in Kaiserslautern – schon sehr hoch ist. Viele sind fanatisch …

Marco Antwerpen: Klar. Die Zuschauer sind sehr emotional. Sowohl im Positiven – wenn’s gut läuft – als auch im Negativen. Den Unmut der Zuschauer nach einem verlorenen Spiel bekommt man schon direkt ab, ebenso natürlich auch die Freude. Aber wir sind ja froh darüber, dass die Emotionen da sind. Meistens zumindest.(lacht)  Das macht einen Traditionsverein auch aus – was es nicht immer unbedingt einfacher macht, das muss fairerweise gesagt sein. 

Die Liga ist zurzeit recht kompliziert. Jeder kann momentan jeden schlagen.

Marco Antwerpen: Ja, weil man eben auch nicht vergessen darf, dass die Etats, die zur Beurteilung immer hinzugezogen werden, alle Teams in die Lage versetzen, in der Dritten Liga immer zumindest 13, 14 oder 15 Spieler zusammen zu stellen, die über ein gutes Leistungsniveau verfügen, mit welchem du in der Liga gut mithalten kannst. Erst in der Breite des Kaders kann es im Vergleich dann Unterschiede geben. 

Gibt es Favoriten dieses Jahr? Magdeburg?

Marco Antwerpen: Also, ich sehe das nicht unbedingt so. Momentan sieht es zwar gerade so aus, als ob sie sich abgesetzt hätten, die Saison ist aber auch extrem lang. Aber irgendwann kommt auch der Druck ganz oben dazu, diesen ersten Platz zu verteidigen. Lassen wir uns mal überraschen, ob sie dieses Niveau auch durchhalten können.

Was macht Marco Antwerpen in zehn Jahren?

Marco Antwerpen: Oh. Solche Fragen beantworte ich ungern, denn ich habe dann immer das Gefühl, ich befinde mich in einem Bewerbungsgespräch. (lacht)

Gibt es keine Ambitionen, vielleicht einmal Sportdirektor zu werden oder sich vom Trainerjob zu lösen?

Marco Antwerpen: So weit nach vorne zu denken, ist schlichtweg unmöglich. Im Fußball plant man von Spiel zu Spiel. Ich mach‘ jetzt mal am Samstag das nächste und dann sehen wir weiter.