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Der „Monnemer Türk“ Bülent Ceylan feiert am Samstag, 18. Juni, und am Sonntag, 19. Juni, jeweils um 19 Uhr, in der SAP Arena Heim-Premiere mit seinem 12. Live-Programm
„Luschtobjekt“. In der Show macht Bülent nicht nur sich selbst zum Luschtobjekt, sondern er macht sich auch über seine eigenen Luschtobjekte lustig – Füße und Nutella – und die anderer Leute. Beliebte Charaktere wie Anneliese, Harald oder Mompfred Bockenauer sind natürlich auch wieder am Start.

Steckbrief: Bülent Turan Ceylan

  • Geboren am 4. Januar 1976 in Mannheim
  • Durchbruch 2002 mit dem Bühnenprogramm Döner for one
  • Oktober 2009: Deutscher Comedypreis (Newcomer)
  • 2010: Deutscher Comedypreis als bester Comedian
  • September 2021:  Veröffentlichung seiner Autobiografie zusammen mit Astrid Herbold  (Ankommen. Aber wo war ich eigentlich?)
  • Soziales Engagement: Mannheimer Aidshilfe, Mannheimer Kinderhospiz Sterntaler, Alle Kids sind VIPs und Respekt! Kein Platz für Rassismus.

Von Patrizia Bär

„Luschtobjekt“ ist dein 12. Live-Programm. In diesem geht es um u.a. um Nippel und andere Luschtobjekte, inkl. dich selbst natürlich. Kannst du etwas konkreter werden, was die Zuschauer:innen erwartet?

Bülent Ceylan: Der Titel Luschtobjekt passt grad wie die Faust aufs Auge: Man hat Lust, wieder am Leben teilzunehmen, aber auch die Leute mal wieder zwei bis drei Stunden auf ganz andere Gedanken zu bringen – gerade in diesen schwierigen Zeiten und da sind wir Comedians auch gefragt. Wir sorgen für Balsam für die Seele in diesen Zeiten von Krieg und Corona. Ich möchte, dass die Leute aus meiner Show rausgehen und sagen, dass es ihnen gutgetan und den Kopf freigemacht hat. Luscht ist der Aufhänger meines Programms. Premiere hatte ich mit dem Programm schon im Januar 2020 – dann war lange Zeit Pause aufgrund der Pandemie. Auf jeden Fall habe ich mir damals gedacht, dass ich auch mal etwas für die Frauen spielen möchte. Sie werden oft als Luschtobjekte angesehen, jetzt möchte ich die Rollen tauschen und selbst zu einem werden (lacht). Teil des Programms ist z. B. auch Mompfred, bei dem schon lange Lockdown zuhause herrscht. Es geht aber nicht nur um Luschtobjekte, sondern auch um ganz andere Themen aus dem Alltag, auch um Rassismus. Und dann präsentiere ich auch eine neue Figur: Thor. Meine Frau hat mal zu mir gesagt: Ich hätte nicht gedacht, dass es eine noch dümmere Figur als Harald geben kann (lacht). Alles in allem ist es ein sehr upgedatetes Programm. Ich rede auch über Corona und wie die Lockdown-Zeit mit meinen Kindern war. Und am Ende singe ich sogar noch Lieder, unter anderem von Cat Stevens Father and Son. Das kommt sehr gut bei den Zuschauern an. Sie schalten oft ihre Handylicher an und alles sieht aus wie ein einziger Sternenhimmel. Auch Freiheit von Westernhagen gebe ich zum Besten. Das war schon Teil meines Programms vor dem Krieg, einfach, weil mir der Song gefiel. Jetzt ist er zu einer Botschaft geworden.

Vielen Menschen ist ja nicht gerade zum Lachen zu Mute – der Krieg in der Ukraine, die seit zwei Jahren andauernde Pandemie, die steigenden Lebenskosten – wie schwierig ist es da, sich auf die Bühne zu stellen und gute Laune zu verbreiten?

Bülent Ceylan: Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Leute ein schlechtes Gewissen haben, weil sie in diesen Zeiten lachen und sich amüsieren. Ich bin aber der Meinung: gerade jetzt! Wenn wir uns jetzt einschließen und 24 Stunden den Nachrichten folgen, sind wir so isoliert – noch viel mehr als im ersten Lockdown. Und es ist ja nicht so, dass wir nichts tun. Deutschland und Europa helfen, es ist unglaublich, wie groß die Hilfsbereitschaft ist. Und auch ich gucke, dass ich meinen Teil dazu beitrage. Und man muss ja immer dazu sagen, der ukrainische Präsident war selbst mal Comedian. Ich glaube, für ihn wäre es schlimm, wenn alle Comedians jetzt aufhören würden, aufzutreten. Er würde wahrscheinlich sagen: Jetzt erst Recht, Kollegen!

Du sagst in deinem Programm, dass Menschen viele merkwürdige Dinge lieben – Autos, Smartphones, Roboter, Bäume – welche komischen Dinge liebst du?

Bülent Ceylan: Ich finde den Gedanken lustig, dass Menschen die unterschiedlichsten Dinge lieben. Es gibt auch Ökosexuelle, die Bäume umarmen oder sich daran reiben. Als meine Frau mal für ein paar Tage nicht da war, bin ich auch mal in den Wald gegangen und habe mir einen Baum rausgesucht. Ich habe mich dann etwas daran gerieben, es hat etwas gekribbelt, aber es waren dann doch nur die Feuerameisen (lacht). Das Krasse ist, dass es ja wirklich solche Menschen gibt. Meine beiden Luschtobjekte sind Füße und Nutella. Manche Männer gucken auf Hände, andere auf Brüste, aber ich gucke mehr auf die Füße. Ich finde es schön, wenn Frauen, vor allem, wenn jetzt der Frühling kommt, ihre Füße pflegen und die Nägel lackieren. Ich kann da auch ganz locker drüber reden. Gut, ich schaue natürlich noch auf andere Dinge, der Fuß alleine bringt mir auch nichts. Aber es ist ganz interessant, seitdem ich meine Liebe preisgegeben habe, treten Frauen mit den unterschiedlichsten Wünschen an mich heran. Vor Kurzem hat mich eine Frau über Instagram angeschrieben und wollte mir ihre Socken für 100 Euro verkaufen. Ich habe aber abgelehnt, weil ich ja nicht auf Socken stehe, sondern auf Füße.

Also alle Damen, die dieses Interview lesen und nun deine Vorliebe kennen, sollten vor dem Besuch deiner Show zur Pediküre gehen …

Bülent Ceylan: Das wäre schön. Aber nicht nur für mich, der ein oder andere Mann wird sich auch darüber freuen, dass seine Frau sich mal endlich wieder die Füße macht (lacht). Es gibt wirklich Männer, die sich bei mir bedanken, weil sie sich lange Zeit nicht getraut haben, das Thema bei ihrer Frau anzusprechen – und ich habe ihnen das nun abgenommen. Ich bin jetzt aber nicht der Mensch, der das Thema Füße allzu schnell anspricht, wenn er eine Frau kennenlernt. Wobei, wenn ich drüber nachdenke, meine Frau hat mal zu mir gesagt, dass ich sie recht schnell nach dem Kennenlernen nach ihren Füßen gefragt habe (lacht). 

Die Premiere des Programms musste lange Zeit immer wieder verschoben werden aufgrund der Pandemie. Wie hast du dich in dieser Zeit geistig und auch körperlich fit gehalten für den Auftritt? – schließlich zeigst du dich ja auch oben ohne …

Bülent Ceylan: Ja, das habe ich bei der Premiere öfter gemacht, jetzt aber nicht mehr. Wie gesagt, kam Corona dazwischen und man versucht auf seine Ernährung zu achten, aber immer schafft man das auch nicht. In solchen schwierigen Zeiten, wo man auch nicht arbeitet, isst man dann doch mal ein bisschen mehr Nutella. Jetzt versuche ich wieder mehr auf die Ernährung und meine Fitness zu achten. Denn es ist wichtig, fit zu bleiben. Ich bin jetzt auf Tour und trete pro Woche manchmal in fünf unterschiedlichen Städten auf. Stimmlich muss man sich fit halten, aber auch körperlich, es ist schon anstrengend bis zu drei Stunden auf der Bühne zu stehen – und bei mir ist dort richtig Action angesagt. Da gibt es Tanzeinlagen, Gesang, Headbanging – fit sein ist da alles, nicht dass da noch ein Halswirbel rausspringt (lacht).

Gibt es Themen oder Personen, die du niemals parodieren würdest – weil dir die Sache an sich zu heikel erscheint?

Bülent Ceylan: Es kommt drauf an. Putin- oder Russen-Witze habe ich nun erstmal aus meinem Programm rausgenommen. Das passt jetzt einfach nicht. Generell hat das Parodieren für mich viel mit Feingefühl zu tun. Ich entscheide meist aus dem Bauch heraus, ob es passt oder nicht, wie es rüber kommen könnte, wie authentisch es ist. Natürlich kann man satirisch auch mit ernsteren Themen umgehen. Das macht ja auch die heute-Show – und das ist auch wichtig, aber dann muss es aktuell sein und es darf wehtun, dann aber nur dem, gegen den es gerichtet ist. Banale Witze finde ich nicht gut. Es ist echt ein schwieriges Thema und manchmal eine richtige Gradwanderung. Stellung beziehen ja, aber auch ein bisschen Feingefühl dafür entwickeln, ob ich mit meinem Witz die richtige Person treffe. Letztendlich muss aber jeder Comedian für sich lebst entscheiden, wie er oder sie damit umgehen möchte. Verurteilen tue ich deswegen niemanden.

Ich habe gelesen, dass du vor ganz ganz langer Zeit mal Philosophie und Politikwissenschaften studiert hast und mich gefragt, was du damit werden wolltest?

Bülent Ceylan: Naja, das habe ich mich damals auch gefragt (lacht). Tatsächlich wollte ich in die Medien gehen und da ist es ja üblich, dass man solche Fächer studiert. Vielleicht wäre ich auch Richtung Dozent gegangen, was Philosophie angeht, weil ich da echt gut war. Aber ich habe dann erfolgreich abgebrochen und bin Richtung Comedy und Musik gegangen. 

Wie bist du eigentlich privat durch die Pandemie gekommen?

Bülent Ceylan: In der Pandemie habe ich die Zeit genutzt, ein Buch zu schreiben. Und ich habe viel Zeit mit meinen Kindern verbracht. Meine Frau sagte mal zu mir, dass dies die wohl intensivste Zeit sei, die wir miteinander und mit den Kindern verbringen können. Natürlich war es auch sehr bedrückend, weil alles so ungewiss war, ich wusste ja nicht, wann ich wieder auf Tour gehen konnte. Aber die schönen Momente haben überwogen. Wir haben das Beisammensein genossen, waren im Wald und haben gepicknickt. Und jetzt merke ich es grad wieder: Ich bin so viel unterwegs und habe so viel zu tun, das mir schon mal die Tränen kommen, wenn ich mit meiner Familie Videotelefonie mache. Aber es ist wichtig, dass es endlich wieder losgeht. Manche Leute haben seit drei Jahren ein Ticket für meine Show, die sollten nun endlich etwas geboten bekommen. Die Zeit sollten wir nun nutzen – zumindest bis Oktober, November, bis der Lauterbach wieder alles dicht macht (lacht). Deswegen: los geht’s, let’s rock it! (pdp)