Die Dreharbeiten fanden an Originalschauplätzen statt. (Foto: ZDF/Martin Rattini)

Steckbrief: Jürgen Vogel

  • Geboren am 29. April 1968 in Hamburg.
  • Besuchte einen Tag lang eine Schauspielschule in München.
  • Arbeitete schon als Koch, Paketausfahrer und „Aufpasser bei einem Partyservice.
  • Seit Beginn der 90er Jahre regelmäßig im Kino und Fernsehen zu sehen.
  • Auszeichnungen u. a.: Bayerischer Filmpreis, Goldene Kamera, Adolf-Grimme-Preis, Silberner Bär
  • Filme u. a.: „Kleine Haie“ (1992), „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ (1997), „Keinohrhasen“ (2007)

Die Dreharbeiten zu dem Film „Der Mann aus dem Eis“ sind nun schon seit über drei Jahren abgeschlossen. Was ist bei Dir denn von den außergewöhnlichen Dreharbeiten bis heute hängen geblieben?

Jürgen Vogel: Es waren sehr „gesunde“ Dreharbeiten in der wahnsinnig schönen Natur von Südtirol! Auch an den freien Wochenenden haben wir die beeindruckende Kulisse genossen und sind wandern gegangen. Ich habe in dieser Zeit die Berge lieben gelernt. Als Großstädter war ich vorher eher selten auf diese Art in den Bergen unterwegs – tagelang auf solch einer Höhe! Das war schon eine prägende Erfahrung für einen Stadtmenschen, wie ich es bin. Seither fahre ich tatsächlich regelmäßig in die Berge. Das ist also auf jeden Fall eine bleibende Nachwirkung von diesem Film! Ich war beispielsweise inzwischen schon zwei Mal wieder in Südtirol. Diese Region habe ich wirklich lieben gelernt.

Waren die Dreharbeiten auch körperlich eine besondere Herausforderung?

Jürgen Vogel: Na ja, in der Höhe auf der wir waren, war der geringe Sauerstoffgehalt durchaus zu spüren. Zu der Zeit war ich aber glücklicherweise recht fit, weil ich viel joggen gegangen bin. Wir mussten täglich ungefähr eine halbe Stunde mit dem kompletten Equipment den Berg hoch wandern, um zu den Drehorten zu gelangen. Das war eine Herausforderung, aber ich habe es auch total genossen – es war ein guter Start in den Tag!

Hast Du Dich denn speziell auf diese Dreharbeiten vorbereitet?

Jürgen Vogel: Nein, speziell dafür trainiert habe ich nicht unbedingt, eher ein Zusatztraining eingelegt, denn ich mache eh viel Sport. Dass ich viel laufen gegangen bin im Vorfeld, hat mir auf jeden Fall sehr geholfen! Wir haben bewusst während der Drehzeit in niedrigeren Höhenlagen angefangen und sind nach und nach zu den höher gelegenen Drehorten aufgestiegen. Auch ein Bergführer hat uns immer begleitet und dafür gesorgt, dass wir alle körperlich gut durchhalten.

Bereits am 12. Juli war Jürgen Vogel auf ZDFneo im Film „Ein starkes Team – Die Frau im roten Kleid“ zu sehen. (Foto: ZDF/Katrin Knoke)

Hattest Du das ständige Wandern nicht irgendwann satt, keine Sehnsucht nach der Großstadt?

Jürgen Vogel: Nein, im Gegenteil! Ich fand es durchgehend total schön und habe wirklich das Wandern für mich entdeckt. Es war echt toll!

Der Film wurde an den Originalschauplätzen gedreht. Waren denn auch die Gletscherhöhlen, die man im Film sieht, echt?

Jürgen Vogel: Der Gletscher, in dem wir gedreht haben, war zwar nicht in Südtirol sondern in Österreich, aber es war ein echter Gletscher. Hier kommt man normalerweise auch gar nicht so einfach rein, außer man ist in Begleitung eines ansässigen Bergführers. In so einer Höhle zu stehen, war wirklich ein gigantisches Erlebnis, es sah unglaublich beeindruckend aus.

„Der Mann aus dem Eis“ unterscheidet sich durchaus von den Filmen, die man normalerweise im Fernsehen sieht. Haben Sie vor der Zusage zu der Rolle gezögert oder nimmt man gerade dann die Aufgabe gerne an?

Jürgen Vogel: Neue Herausforderungen machen mich immer neugierig. Auch nach so langer Zeit in diesem Business gibt es doch immer wieder Dinge, die ich vorher noch nicht gemacht habe. In diesem Fall habe ich mich über die außergewöhnliche Aufgabe gefreut und war gespannt auf das kleine Abenteuer, das ich dadurch ja erleben durfte. Es bedeutete immmerhin, dass ich auch von Zuhause relativ lange am Stück weg sein würde. Die Drehorte waren so abgelegen, dass man an den beiden freien Tagen am Wochenende nicht einfach so wieder nach Hause fahren konnte. Wir sind bis zu vier Stunden zum nächsten Flughafen gefahren. Das kam einem wie eine Weltreise vor.

Nicht nur im Hinblick auf die Drehorte ist der Film etwas Besonderes …

Jürgen Vogel: Ja. Auch das Spielen ohne Sprache fordert einen Schauspieler ganz anders als bei sonstigen Produktionen. Ohne den Dialog fehlt eine Ebene des Darstellens. Gerade das macht es aber ja zu einer besonders spannenden Herausforderung – für mich als Schauspieler und auch für den Zuschauer: Man benötigt etwas länger, um herauszufinden, um was für einen Typen es sich da handelt, den ich darstelle.

Es gab dann ja auch keinen Text, den Du lernen konntest. Wie sahen die Vorbereitungen auf diesen Film aus?

Jürgen Vogel: Ich musste zwar keinen Text lernen, aber ein Wissenschaftler hatte uns einen Katalog erstellt, in dem Laute und Wörter für bestimmte Gesten und Situationen aufgezeigt wurden. Die Ausdrucksweise der damaligen Zeit ist ein bisschen verwandt mit der italienischen und retroromanischen Sprache. Er hatte uns hierzu beraten und uns gezeigt, wie die Menschen damals in der Region Südtirol vermutlich gesprochen haben. Es fand ja schon damals Kommunikation statt und diese Art der Kommunikation galt es umzusetzen. Die Reise von Ötzi war allerdings ja auch recht einsam und es gab somit nicht viel zu reden.

Das Leitmotiv dieser Reise für Ötzi war Rache. Ist der Weg, den er damals gegangen ist, aus heutiger Sicht noch nachvollziehbar?

Jürgen Vogel: Ja, ich glaube schon. Auch heutzutage gibt es genügend Konflikte auf der Welt, welche mit dieser Spirale der Gewalt zu tun haben. Der Film erzählt auch ganz gut, wie Ötzi am Ende der Reise an einen Punkt kommt, an dem er vermutlich selbst zweifelt und es nicht ganz klar ist, ob die Entscheidung, sich zu rächen, wirklich befriedigend für ihn ist. Bringt es ihm wirklich die Erlösung? Die Frage stellt sich auch der Zuschauer, wenn er den Film sieht und Ötzi ging es damals sicherlich genauso. Solche Gedankengänge sind auch heute noch alltäglich – das Motiv Rache ist ein Teil der Menschheit, das man aber hoffentlich immer öfter schafft, mit Intellekt und Klugheit zu überwinden.

Gibt es etwas, das man heutzutage aus dem Film lernen kann?

Jürgen Vogel: Das würde ich ungerne vorgeben. Ich glaube, jeder zieht aus Filmen und Geschichten generell etwas anderes raus. Und bei diesem Film ist das gerade besonders schön: Er legt sich bewusst auf keine Moral fest.Deswegen möchte ich als Protagonist das auch gerne so offen stehen lassen.

Was hast Du persönlich aus diesem Film mitgenommen?

Jürgen Vogel: Man durchlebt in den Geschichten, die man spielt, gewisse Stadien und vieles hätte ich persönlich bestimmt auch anders gemacht als die Figur, die ich gespielt habe. Aber nichtsdestotrotz ist es super interessant, den Weg so zu gehen, wie ihn Ötzi gegangen ist, denn das ist eben auch eine Möglichkeit, die man wählen kann, und stellt für mich eine wichtige Erfahrung dar.

„Der Mann aus dem Eis“, Montag, 27. Juli, 23.15 Uhr, ZDF; sowie ab sofort bis zum 14. August in der ZDF Mediathek.

Als „Kelab“ geht Jürgen Vogel im Film „Der Mann aus dem Eis“ auf eine einsame Reise. (Foto: ZDF/Martin Rattini)