Steckbrief

Julia Koschitz

Die österreichische Schauspielerin wurde am 26. Dezember 1974 in Belgien geboren.

Koschitz ging in Frankfurt zur Schule und absolvierte in Wien ihre Schauspielausbildung.

Theater: Sie war u.a. Ensemblemitglied am Theater Regensburg und am kleinen Theater – Kammerspiele Landshut.

Beim Grimme-Preis 2014 erhielt sie eine Spezial-Nominierung für die schauspielerische Leistung in den ZDF-Filmen „Pass gut auf ihn auf!“ und „Tödliche Versuchung“.


Im deutschen Fernsehen laufen zahlreiche unterschiedliche Krimi-Formate. Was ist das Besondere an „Im Schatten der Angst“, der am 16. März im ZDF läuft?

Julia Koschitz: Ich würde den Film  gar nicht als Krimi bezeichnen – es ist ein Psychothriller, ein Drama. Der Verbrecher ist von Anfang an klar. Es geht nicht darum, herauszufinden, wer es getan hat, sondern warum er es getan hat. Das ist das, was mich an dem Buch auch so interessiert hat: es geht nicht so sehr um eine investigative Geschichte, sondern um zwei Menschen, einen Verbecher und eine Psychaterin, die sehr unterschiedlich mit ihren Abgründen und Traumata umgehen, die sich auf Augenhöhe begegnen, versuchen sich ständig auszutricksen und die sich im Endeffekt in ihrer tiefen Verletzung unglaublich ähneln.

Ist das denn ein Genre, das Sie selbst privat schauen würden? 

Julia Koschitz: Ja, schon. Komischerweise mehr als klassische Krimis. Es gibt hervorragende Krimis, das ist keine Frage, aber mich kickt es mehr, wenn ich mich weniger mit der Spannungsfrage beschäftige – „Wer könnte es getan haben?“ – als mit psychologischen Hintergründen, mit komplexen Biografien, mit Abgründen, beziehungsweise Nöten. Das interessiert mich auch am Beruf der Psychologin: die Auseinandersetzung mit den Motiven und Hintergründen für unser Tun. Verstehen zu wollen, warum wir so sind,wie wir sind. 

Würden Sie auch sagen, dass es das ist, was Ihnen am meisten Spaß macht an Ihrem Beruf? Sich in andere Menschen hineinversetzen? 

Julia Koschitz: Es ist auf jeden Fall ein großer Teil dessen, was mich an diesem Beruf reizt: Die Welt und die Menschen immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen beziehungsweise zu erleben. Jeder neue Charakter bietet immer wieder diesen neuen Blick. Und ich liebe Geschichten, ob sie jetzt im Film, am Theater in der Literatur, wo auch immer, erzählt werden. Ich finde, dass sie ein tolles Mittel sind, um uns in andere Welten, in andere Menschen hineinzuversetzen, um im besten Fall durch sie etwas zu lernen. 

Sie haben vor allem am Anfang Ihrer Karriere viel am Theater gearbeitet, vermissen Sie das?

Julia Koschitz: Momentan vermisse ich es nicht, weil ich seit einem Jahr mal wieder mit einer neuen Produktion auf der Bühne stehe. Ich habe in den letzten acht Jahren aber tatsächlich kaum Theater gespielt, weil es zeitlich nicht mehr vereinbar war. „Bilder deiner großen Liebe“ von Wolfgang Herrndorf  haben wir als  Ein-Personen-Stück geplant, dementsprechend war es leichter zu koordinieren. Ich spiele es alle vier Wochen mal, je nachdem wie es mit meinen Dreharbeiten ausgeht. Dieses Stück war mir ein Anliegen, weil ich mich mal wieder mehr mit Sprache und mit einer bestimmten Form von Abstraktion auseinandersetzen wollte. Die schauspielerischen Mittel, die man am Theater einsetzt, sind doch andere als vor der Kamera. Außerdem ist es ein unfassbar schöner Text, den Herrndorf geschrieben hat. Die Auseinandersetzung damit bleibt immer wieder spannend. 

Sie haben auch mal gesagt, dass Sie immer noch Lampenfieber spüren. Wie gehen Sie damit um? Und ist es ein Unterschied, ob ein Drehtag ansteht oder ein Tag auf der Bühne direkt vor Publikum? 

Julia Koschitz: Der Unterschied liegt weniger im Medium als in der Herausforderung. Es kann ein Abend auf der Bühne, den ich alleine über eineinhalb Stunden bestreite, weniger schlimm sein als eine Szene an einem Drehtag, vor der ich großen Respekt habe. Es kommt auf die schauspielerische Herausforderung an, aber genauso darauf, wie sicher oder unsicher man sich in und mit einer Rolle oder Szene fühlt. 

„Im Schatten der Angst“: Karla Eckhardt (Julia Koschitz) lässt sich mit Carsten Spanger (Justus von Dohnányi) in der Psychiatrie auf ein psychologisches Duell ein, das ihr alles abverlangt.(Foto: ZDF/Hendrik Heiden)

Was wäre denn eine besonders große Herausforderung? 

Julia Koschitz: Es ist zum Beispiel eine große Herausforderung, immer wieder so zu tun, als ob ich nicht wüsste, wie die Geschichte weiter geht. Wir haben alle das Drehbuch gelesen, oft sogar, haben uns gut vorbereitet und wissen genau, was wie und warum als nächstes geschieht. Als Mensch und als Figur weiß man es aber nie. Diese Vorhersehbarkeit herzustellen, indem man loslässt, Dinge passieren lässt, eine Durchlässigkeit zulässt, ist eine große Herausforderung. Es braucht Konzentration und einen gewissen Mut, weil man die Kontrolle abgibt. Das kann einen verunsichern, das ist gut so – es sollen DInge passieren, die nicht geplant waren. Das ist aufregend und macht diesen Beruf aus! 

Sie sehen das Lampenfieber also nicht als Hemmung, sondern eher als Ansporn? 

Julia Koschitz: Manchmal kann es auch hemmen, aber da muss man halt durch. 

Ist Ihnen denn mal ein echter Patzer auf der Bühne oder vor der Kamera passiert?

Julia Koschitz: Klar! Jetzt spontan erinnere ich mich aber nur an eine Situation, die wirklich sehr lange her ist – Quasi aus einem anderen Leben! (lacht) Als 12-Jährige bei einer Ballett-aufführung, wo wir, ungefähr zehn Mädchen, eine Art Walzer getanzt haben, mit ziemlich bescheuerten Kränzen in der Hand und ich war, glaube ich, die Erste, die auf die Bühne laufen sollte. Dabei hat es mich in der Kurve hingeschmissen. Entsetzlich. 

Man selbst findet das ja meist schlimmer als alle anderen.

Julia Koschitz: Ich wollte sterben, einfach nur sterben. Aber für andere ist es im Zweifelsfall wie ein kleiner Aufwachmoment: „Ach, läuft’s noch, das Stück?“(lacht)

Sie waren also als Kind auch schon auf der Bühne. Heißt das, Sie haben schon immer Ihren Traum verfolgt Schauspielerin zu werden oder gab es auch mal andere Pläne? 

Julia Koschitz: Es gab andere Pläne, die waren aber eher hinter der Bühne. Als Kind habe ich lange getanzt und wollte erst mal Tänzerin werden. Also habe ich, als ich ungefähr 12 war, Aufnahmeprüfungen auf zwei Ballettinternaten gemacht, wobei man mir schnell klar gemacht hat, dass ich nicht die körperlichen Voraussetzungen mitbringe. Ich habe dann zwar noch intensiv weitergetanzt, aber nicht mehr mit dem Ziel, es beruflich zu machen. Dann habe ich mich für Choreographie interessiert und schließlich für Bühnenbild. Aber irgendwie führte mein Weg dann doch zum Schauspiel. Gott sei Dank, weil ich mich glücklich schätze, dass ich einen Beruf ausübe, der mich nach wie vor erfüllt. 

Ich habe gelesen, dass Sie kein Auto besitzen und auch noch nie eines besessen haben. Wie nehmen Sie jetzt die Debatte um den Mobilitätswandel wahr? 

Julia Koschitz: Der Klimawandel ist ein omnipräsentes Thema in meinem Freundeskreis, mein Alltag ist davon geprägt, auch  immer wieder bei der Frage, wie man klimafreundlich unterwegs sein kann. Ich fahre privat am liebsten mit dem Fahrrad, muss aber dazu sagen, dass ich immer in Städten gelebt habe und einfach nie ein Auto gebraucht habe. Ich versuche bei diesen Fragen immer positive Effekte zu sehen, z.B. bei der Frage „Zug oder Flug?“. Ich ziehe Zugfahren mittlerweile vor, weil ich mehr Ruhe habe, lesen oder arbeiten kann. Manchmal liegen Termine aber so knapp beinander, dass ich ins Flugzeug steigen muss, darauf habe ich nicht immer einen Einfluss. Ich glaube nicht, dass die Ausnahme ein Problem ist, es geht eher darum, dass man seine Gewohnheiten ändert und ich hoffe, dass der Schwung des letzten Jahres, durch Greta Thunberg ausgelöst, erhalten bleibt und es vor allem politische Maßnahmen geben wird, um die notwendigen Veränderungen umzusetzen.

Sind Sie generell ein politisch interessierter Mensch?

Julia Koschitz: Ich würde sagen, immer mehr, wobei es nicht immer die Tagespolitik ist, die mich interessiert, sondern eine Mischung aus Geschichte, Aktuellem und dem Blick in eine mögliche Zukunft. Und klar, momentan gibt es zwei Themen, die mich besonders umtreiben. Zum einen der Klimawandel und zum anderen das Bemühen um eine anständige Aufnahme und Integration von Menschen, die unsere Hilfe brauchen. 

Gibt es etwas, auf das Sie sich in der Zukunft besonders freuen? Etwas, auf das Sie hinfiebern, beruflich oder privat?

Julia Koschitz: In diesen letzten Tagen vergeht einem ein bisschen die Freude. Aber mal abgesehen davon, dass zu hoffen ist, dass wir Corona weltweit gut überstehen, freue ich mich zum Beispiel sehr auf meine anstehenden Projekte, die alle ziemlich unterschiedlich sind, mit interessanten Geschichten, mit tollen Kollegen und Regisseurinnen und schönen schauspielerischen Herausforderungen. 

Und persönlich? 

Julia Koschitz: Ich freue mich darauf, klüger zu werden, unabhängiger – das Ziel ist zumindest schon Mal klar. (lacht)