Kolja Kleeberg mit Redakteurin Stefanie Müller. (Foto: privat)

Steckbrief: Kolja Kleeberg
Geboren am 12. Mai 1964 in Köln
Sein eigentlicher Name lautet Gerhard Nikolaus Kleeberg; „Kolja“ verdankt er seinem Vater
Von 1986 bis 1989 lernte er im Bonner Restaurant „Le Marron“
1998/99 zweimal Kür zum „Berliner Meisterkoch“
2002 übernahm er das Restaurant „VAU“ in Berlin
Es folgten Auftritte in zahlreichen Kochshows, beispielsweise bei Lanz kocht!, der Küchenschlacht im ZDF oder der Kocharena auf VOX.
2017 moderierte er die Kolja Kleeberg Show auf Radio Berlin 88,8


Du hast nach dem Abitur zunächst Schauspiel- und Gesangsunterricht genommen, bevor du mit dem Kochen angefangen hast?

Kolja Kleeberg: Bereits mit 15 war es mein Traum, Schauspieler zu werden, und ich habe schon während der Schule im Schultheater mitgespielt und auch Unterricht genommen. Nach der Schule habe ich dann beim Stadttheater Koblenz gearbeitet mit der Vorstellung, das sei ein guter Einstieg in die Theaterwelt. Nachdem ich dort ein Praktikum und das Volontariat absolviert hatte, bekam ich eine Festanstellung und fühlte mich sehr wohl. Doch dann wurde mir von den Kollegen geraten, mich noch an einer staatlichen Schule zu bewerben. Für eine Karriere als Schauspieler bräuchte ich ein Diplom und solle Netzwerken. Beziehungen. Und das kann man nicht, wenn man sein ganzes Leben am Stadttheater Koblenz bleibt. Allerdings ist es aber sehr schwierig, an einer staatlichen Schauspielschule aufgenommen zu werden. Beispielsweise kommen in Hannover auf elf Plätze 1200 Bewerbungen. Ich hatte mich in Bochum, Essen, Graz und Hannover erfolglos beworben und musste mich fragen, ob die Theaterwelt wirklich auf mich gewartet hat. Ich muss sagen, die Absagen waren schon kleine Schläge gegen das Selbstbewusstsein. Außerdem hat mich die finanzielle Not vieler Schauspieler abgeschreckt. Die meisten fahren am Ende Taxi, um ihr Geld zu verdienen. Deshalb habe ich mich entschlossen, etwas zu machen, mit dem ich mein tägliches Brot verdienen kann. So habe ich eine klassische Kochlehre angefangen, obwohl ich gerade zu diesem Zeitpunkt eine Zusage aus München für die Schauspielschule bekommen hatte. Da war ich bereits 22 Jahre alt.

Du hast dich dann also für die Sicherheit entschieden und den bodenständigen Weg eingeschlagen?

Kolja Kleeberg: Ja genau. Mit Kochen anzufangen, war für mich wie ein Rückgriff auf etwas, was ich schon konnte. Ich hatte das schon früh in meiner Kindheit gelernt. Da sich meine Eltern recht früh getrennt haben, habe ich mit zwölf Jahren angefangen alleine zu Hause zu kochen. Das erste Gericht war Kartoffelpüree, also „Grumbeerstambes“ (lacht), so wie es meine Großmutter immer gemacht hat. Dann kamen Nudeln und Rinderrouladen dazu und so weiter.

Trotzdem scheinst du ein Künstler durch und durch zu sein. Ist Kochen denn auch Kunst und hast du in deinen Koch-Shows deinen künstlerischen Ausdruck gefunden?

Kolja Kleeberg: Kochen ist Kunst genauso wie zum Beispiel die Malerei. Da ist ein Material, das du zu einem Produkt verarbeitest, um Emotionen auszudrücken und zu transportieren. Im Falle der Malerei ist es ein auf der Leinwand entstandenes Bild. Beim Kochen ist das genau das Gleiche, nur ist das Ergebnis schnell wieder weg (lacht). Aber die Erinnerung daran bleibt.

Du bist ja schon in vielen künstlerischen Bereichen tätig gewesen – fehlt ja nur noch die Malerei?

Kolja Kleeberg: Ich zeichne sehr gerne, zum Beispiel Gerichte. Neue Ideen vermittle ich meinen Mitarbeitern, indem ich einen Teller male und mit Pfeilen erkläre, was ich meine.
Hättest du jemals gedacht, dass du mit Kochen berühmt werden würdest?
Kolja Kleeberg: Als ich angefangen habe, war das erst mal wie ein Rückzug ins Schneckenhaus und ich habe mich hundertprozentig darauf konzentriert. Oft habe ich bis nachts einfach durchgearbeitet. Ein dreiviertel Jahr lang, auch die ganze Woche hindurch, sogar an meinen freien Tagen. Irgendwann hat schließlich die IHK meinen Chef darauf hingewiesen, dass ich auch mal Urlaub nehmen muss (lacht).

Was ist denn anstrengender, das Kochen im Restaurant oder im Fernsehen?

Kolja Kleeberg: Es ist gleich anstrengend. Im Restaurant genauso wie im Fernsehen und Radio musst du auf den Punkt genau fertig sein, im Radio sogar auf die Sekunde genau.

Du bist gerade viel im Radio – radioBerlin. Kommt jetzt auch noch eine große Musikkarriere?

Kolja Kleeberg: Ach, wer weiß, was im Leben noch so passiert! Ich habe bis jetzt weit über tausend Fernsehsendungen gemacht, womit ich anfangs gar nicht gerechnet hatte. Aber dem Ganzen liegt kein Plan zu Grunde, deswegen schauen wir einfach mal. Irgendwie ist immer alles einfach so passiert. Es passiert, was passieren soll. Meine Geschichte ist dafür ein gutes Beispiel: Ich bin Koch geworden, weil ich mich von der Schauspielerei abgewandt hatte. Als ich 1998 in Berlin und schon lange im Beruf war, kam eines Tages ein Verwandter – der in der DDR aufgewachsen war – zu mir und überreichte mir den Gesellenbrief und Zeugnisse eines Max Marzahn, der mein Urgroßonkel gewesen sein soll. Von diesem Urgroßonkel hatte ich zuvor nie etwas gehört. Der hatte 1897 in Berlin Koch gelernt, weil er von der Familie aus nicht Schauspieler werden durfte.100 Jahre vor mir! Wahnsinn, oder? Zwischen mir und ihm gab es in der Familie nie einen Schauspieler oder einen Koch. Mir kommt es so vor, als wären die Gene über 100 Jahre unterschwellig weitergegeben worden.

(Foto: Mark Bollhorst)

Das klingt recht schicksalhaft und fast schon spirituell.

Kolja Kleeberg: Ich bin zwar überhaupt kein Esoteriker, aber ich glaube, es gibt Dinge unter diesem wunderschönen blauen Himmel, die man physikalisch nicht erklären kann und die man auch nicht erklären muss.

Wie sieht es aus, wenn du zuhause bist: Willst du überhaupt noch kochen?

Kolja Kleeberg: Ich koche einfach gerne und deshalb auch zu Hause oder auch bei Freunden. Ich verstehe nicht, wieso manche Kollegen das nicht wollen. Es zwickt mir in den Fingern, wenn ich jemand anderen kochen sehe – sehr zum Leidwesen meiner Frau. Wir kochen nämlich beide gerne. Wenn sie in Ruhe kochen will, schickt sie mich tatsächlich aus der Küche, damit ich ihr nicht dazwischenfunken kann. Ich würde nämlich gelegentlich die Herdplatte niedriger oder höher stellen oder sonst irgendwie eingreifen (lacht).

Gibt es bei dir auch mal Fastfood?

Kolja Kleeberg: Tiefkühlpizza und alle anderen Tiefkühlfertiggerichte gibt es bei uns nie. Ich weiß als Fachmann, was da drin ist, damit es haltbar wird. Außerdem geht eine selbstgemachte Pizza sehr schnell und schmeckt viel besser. Aber ich gehe tatsächlich mal um die Ecke zum Döner-Laden hier bei uns in Berlin. Der macht ein wirklich gutes Hühnchen-Döner.

Hast du ein Lieblingsgericht?

Kolja Kleeberg: Das wechselt. Mal ist das ein Leberwurstbrot mit Gürkchen. Aus der Haute Cuisine liebe ich Kaviar. Mit einem Rinderfilet kann man mich jagen. Dann mag ich lieber eine Bulette, ein gutes Fleischküchle oder „Fläschkichle“, wie man hier wohl sagt. Wenn ich ein Lieblingsgericht wählen müsste, wäre das ein paniertes Schnitzel mit Pilzsoße, Pommes Frites und Erbsen mit Möhrchen. Dafür könnte ich sterben. Auch wenn das gegen jede Regel der Kunst verstößt! Ein paniertes Schnitzel bekommt keine Soße, weil sonst die Panade aufweicht. Außerdem sind ein paniertes Schnitzel und Pommes zwei gebackene Zubereitungen, die deswegen nicht in ein Gericht gehören. Aber leider schmeckt es einfach zu gut (lacht).

Du warst ja längere Zeit in Koblenz, warst du auch mal in der Südpfalz unterwegs?

Kolja Kleeberg: Als wir früher von Koblenz aus immer nach Frankreich über die Burgundische Pforte, Bezençon und Dole ins Burgund gefahren sind, sind wir auch durch die Südpfalz gekommen. Aber weil ich damals so frankophil war, war diese Durchfahrt durch Neustadt und Landau für mich eher eine Einstimmung auf Frankreich. Heute frage ich mich allerdings, besonders wenn ich mich hier so umschaue, warum mir die Schönheit der Pfalz nie aufgefallen ist. Heute kann ich ehrlich sagen, dass die Südpfalz eine wunderschöne Landschaft bietet.

Was hältst du von unserer Pfälzer Küche?

Kolja Kleeberg: Die pfälzische Küche ist bodenständig und bietet ein wunderbares Fundament für Kreativität. Sie kommt aber auch ohne Höhenflüge aus, weil sie selber Substanz hat. Ein guter Saumagen kann so lecker sein! Ich liebe das Metzgerhandwerk, weil es eben auch ein echtes Handwerk ist. Überall dort, wo Wein angebaut wird, ist Lebensfreude und auch Kulinarik zu Hause. Zum einen in der Basis und dann darauf fußend in der gehobenen Küche. Es gibt hier viele besternte Restaurants und ich weiß nicht, wie lange man eigentlich bräuchte, um all das mitzunehmen, was man in der Pfalz gerne mitnehmen möchte.

Was sagst du zu unserem Schorle? Wasser mit „Woi“, hast du’s probiert?

Kolja Kleeberg: Zum Erfrischen finde ich eine Weißweinschorle wunderbar. Ich verstehe allerdings nicht so wirklich, warum hier das Glas auf der Kerwe herumgereicht und geteilt wird. Man weiß doch nicht, wie viel man vom anderen mitbekommt. Also da hätte ich doch gerne ein eigenes Glas. Ansonsten ist nichts gegen euer „Nationalgetränk“ einzuwenden (lacht). (stm)