Du lässt ein großes Stück Firmengeschichte gehen. Wie geht es dir gerade im Moment?
Markus Eisel: Emotional ist es sehr schwierig, eine solche Entscheidung zu treffen. Denn die gesamte Arbeit hat immer sehr viel Herzblut und Leidenschaft beinhaltet und ich habe das ja mit Begeisterung gemacht. Einen Zeitungsverlag aufzubauen – das war etwas, was mich sehr erfüllt hat. Wir hatten das große Glück, dass wir alles selbst haben leisten können, und ich war immer schon unheimlich stolz auf unser Miteinander im Team. Eine Leidenschaft dann nicht mehr ausüben zu können, wie es mal war, das tut dann schon weh.
Es ist auch einzigartig in der Verlagsbranche, wie ich sie kennengelernt habe, dass man alles Inhouse leistet.
Markus Eisel: Ja, aber das war schon immer das Thema, das mich beim PFALZ-ECHO fasziniert hat. Es hängt ja auch von den handelnden Personen ab, von der Kreativität der Mitarbeiter:innen, und dass wir es immer wieder geschafft haben, uns stets wieder neu zu erfinden. Es kamen immer neue Ideen und wir haben auch nie aufgehört, diese einzubringen und Neues zu versuchen. Und das, finde ich, war einzigartig und unterschied uns auch von anderen Produkten. Unsere Zeitung, das sage ich aus voller Überzeugung, war nie langweilig.
Das PFALZ-ECHO hat eine lange Historie. Was waren für dich die Highlights in dieser Zeit? Was war richtig toll, was war richtig schlimm?
Markus Eisel: Ich fange mal mit dem Schlimmen an. Das war vor allem die Anfangszeit. Ich bin schon sehr lange im Verlagsgeschäft tätig. Aber einen Verlag zu gründen und selbst auf die Beine zu stellen, das ist noch einmal was ganz anderes. Es kostet sehr viel Lehrgeld und es war ein hohes finanzielles Risiko. Wir haben den Verlag zur Zeit der Weltwirtschaftskrise 2008 gegründet. Am Anfang kamen wir ja 14-tägig raus und nach anderthalb Jahren haben wir umgestellt auf wöchentliche Erscheinungsweise. Das war eine erhebliche Umstellung im Arbeitsablauf. So richtig los ging das PFALZ-ECHO dann so nach fünf bis sechs Jahren. Da haben wir richtig gemerkt: Jetzt sind wir im Markt angekommen und haben ein Standing. Highlights waren natürlich ganz klar Dinge, die in der Firma an sich passiert sind, wie sich Mitabeiter:innen entwickelt haben, schöne Momente, die wir zusammen erlebt haben. Teambuilding-Maßnahmen und Betriebsausflüge. Die kleinen Momente sind für mich die Highlights, wie wir miteinander umgegangen sind, wie man sich hat entwickeln können, sowohl von der Geschäftsführerseite aus betrachtet als auch von Seiten der Mitarbeiter:innen. Unser zehnjähriges Jubiläum war auch ein toller Moment, auch emotional, denn hier haben sich die Mitarbeiter:innen unheimlich viel eingebracht. Darüber hinaus gab es auch besondere Momente, wenn ich zum Beispiel an einige Interviews denke, die ich habe führen dürfen, mit wirklich bekannten Leuten, die ich bewundere! Obwohl man ja als Bewunderer eigentlich kein Interview führen sollte …
Das stimmt!
Markus Eisel: Aber ich habe immer versucht, eine gewisse Distanz zu wahren. Und die Zeit nach den Interviews war dann mit die schönste. Wenn man es geschafft hat, in einer halben Stunde Interview einen Bezug zu der Person aufzubauen und sich tatsächlich manche Kontakte bis heute gehalten haben. Ich kann sagen: Meine Highlights sind die zwischenmenschlichen Momente.
Das ist auch das, was wirklich zählt …
Markus Eisel: Auf jeden Fall. Ich behaupte nach wie vor: Eine Firma zu führen heißt, ein Teil vom Team zu sein und sich nicht über alles zu stellen und zu bestimmen. Wenn das der Fall ist, brauche ich meine Leute nicht, dann bin ich ja schon der, der alles weiß. Ich hab auch immer gern losgelassen, also die Leute einfach machen lassen. Und manchmal tut es dann auch gut, der Retter zu sein.
Wie kam es zu der radikalen Entscheidung – jetzt ist Schluss?
Markus Eisel: Der Beginn dieser Entscheidung lag im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Wir hatten Corona gut überstanden, das Jahr hatte ganz gut begonnen. Wir hatten uns gerade personell wunderbar aufgestellt und haben eine sehr gesunde Struktur im Haus. Mit diesem Krieg hat alles eine andere Wendung genommen. Es gibt unbeeinflussbare Faktoren, wie Kostenentwicklungen, und da geht es uns wie unzählig vielen anderen Firmen. So sind die Kosten im Druckbereich förmlich explodiert, die Energiekosten ebenso. Zudem haben sich die Lohnkosten unserer Austräger:innen durch die Erhöhung(en) des Mindestlohnes nachhaltig verändert. Gleichzeitig stagniert das Anzeigen- und Umsatzvolumen. Viele Kund:innen sind einerseits ins Digitale abgewandert und andererseits auch nicht mehr in der Lage, eine Anzeige zu schalten. Es war klar, dass sich etwas verändern muss. Darum war es mir wichtig, viele Meinungen zu hören, mit anderen Gewerbetreibenden zu reden, Gespräche mit anderen Verlagen zu führen, ich habe externe Verteilstrukturen in Erwägung gezogen, andere Produktionswege überlegt, ganz viel gesammelt und erörtert. Die endgültige Entscheidung habe ich in einigen Gesprächen mit meinem Team getroffen, denn das war mir das Wichtigste. Die Quintessenz war jedesmal: Es ginge noch ein bisschen, aber es würde extrem viel Energie kosten. Ich bin jetzt in einem gesetzteren Alter, da ist die Energie endlich. Diese Entscheidung ist natürlich sehr emotional, aber die Realität und die sicherlich problematische Zukunftsperspektive im Zeitungsmarkt fordern leider rationales Denken. Als Unternehmer wollte ich immer komplett selbstbestimmt agieren. Das ist gelungen, denn ich bin überzeugt, dass wir zum richtigen Zeitpunkt aufhören: ohne negatives Ergebnis, ohne Verbindlichkeiten, Schulden oder Ähnliches. Und mit dem Wissen: Es war eine tolle Zeit!
Jetzt schauen wir in die Zukunft! Welche Perspektiven siehst du?
Markus Eisel: Wir sind mit Punkt-die Agentur GmbH weiterhin ein verlässlicher Partner für alle werblichen und marketingstrategischen Vorhaben – digital und analog. Wir werden mit einem anderen Verlag in anderer Konstellation eng zusammenarbeiten. Die Zukunft bringt recht viel, weil wir zudem parallel eine neue Firma gegründet haben und eine neue Schiene in den Vordergrund stellen mit Visawie: Das Regionale digital – was mir als Printler nicht immer leicht fällt, muss man auch mal sagen. Aber ich bin von der Idee und der Umsetzung völlig begeistert! Ich versuche das immer mit ein bisschen Abstand zu betrachten, damit ich nicht betriebsblind bin. In Gesprächen mit ganz unterschiedlichen Menschen war zu spüren, dass die Begeisterung und das Interesse an diesem Projekt, das wir nun umsetzen, wirklich riesengroß ist. Es macht einen glücklich, in der Mitarbeiterschaft solche Menschen zu haben, die nach links und rechts gucken, wodurch solche Ideen entstehen. Visawie war ja nicht meine Idee, sondern die von Anne Herder. Ich war vom ersten Moment an von der Idee begeistert. Was daraus entstanden ist, ist – wie sagt man so schön – mega! Mein Ziel war, mein Team zu behalten, die Mitarbeiter:innen zu beschäftigen. Das ist ganz gut gelungen und ich glaube, wir sind ganz gut aufgestellt: Also wir haben genug zu tun. Ein neues Projekt ins Leben zu rufen, ist unheimlich spannend… Aber ich glaube, es wird mein letztes sein. (lacht).
Anstregend ist es wohl auch.
Markus Eisel: Ja sicher … und wie! Bei manchen Sachen komme ich halt einfach nicht mehr so zackig hinterher. Manchmal verliert man die innere Ruhe und das verändert einen in solchen Situationen. Dass das PFALZ-ECHO nicht mehr da ist, wird mich noch ganz lang beschäftigen, so in stillen Momenten. Dann ist es wichtig zu wissen: Das PFALZ-ECHO mache ich nicht dicht, weil ich unternehmerische Fehlentscheidungen getroffen habe, sondern nur aufgrund der äußeren Einflüsse.
Wie hast du vorhin gesagt? Du lässt gern los …
Markus Eisel: Das habe ich tatsächlich schon immer so gemacht in meinem Leben. Sehr oft habe ich gewusst, wann es genug war. Aber jedes Mal hat es furchtbar wehgetan! Bei manchen Sachen, die ich aufgehört habe, obwohl ich noch voll dabei war, habe ich dann ein paar Monate später gedacht: „Warum habe ich das nicht schon früher gemacht?“ Ich glaube auch, sagen zu können, dass ich immer aufgeschlossen für neue Sachen bin. Den Spruch „Das haben wir schon immer so gemacht“ finde ich einen der schlimmsten überhaupt. Grönemeyer hat einmal gesungen „Stillstand ist der Tod, geht voran, bleibt alles anders.“ Das trifft es gut.
2008 hast du mit dem PFALZ-ECHO gestartet. Wenn du von heute aus auf dein damaliges Ich zurückschaust: Würdest du dir aus deinem heutigen Bewusstsein einen Ratschlag geben, was der damalige Markus anders machen kann?
Markus Eisel: Ach Gott, ich würde wahnsinnig viel anders machen, definitiv! (lacht) 2008 haben wir das PFALZ-ECHO gegründet und haben aus Vertriebssicht wahnsinnig viel Lehrgeld bezahlt. Wir hatten eine externe Vertriebsfirma, das war eine Katastrophe. Wir haben recht zeitnah einen eigenen Vertrieb aufgebaut. Was wir da in den letzten Jahren vertriebstechnisch auf die Beine gestellt haben, das ist aller Ehren wert. Unser Produktionsablauf hat sich im Lauf der Zeit komplett gewandelt. Es ist eine unglaubliche Qualität, Flexiblität und Geschwindigkeit erwachsen. Was ich auch sagen kann, ist, dass wir im Bereich Druck sehr viel gelernt haben. Vor allem die letzten acht Jahre mit der BNN waren in der Zusammenarbeit immer sehr vertrauensvoll. Ich hätte in der Vergangenheit bei manchen Personalien etwas besser aufpassen sollen. Aber glücklicherweise blieben wir in den letzten Jahren stabil – bis auf biologisch bedingte Wechsel (lacht). Hinterher ist man immer schlauer, aber: Man muss die Erfahrung machen, um überhaupt so weit zu kommen, zu wissen, was man nicht machen sollte. Übrigens ist eines immer gleich geblieben: Unsere Ziele in der Redaktion, mit denen wir damals gestartet sind. Zum einen: Das Konzept, mehr auf eine gute, fundierte redaktionelle Berichterstattung zu setzen, statt ein reines Anzeigenblatt zu sein. Und zum anderen: Positiv über die Region zu berichten. Das war ein ganz wichtiger Punkt, den wir bis zum Schluss beibehalten haben. Ich fürchte, das wird wohl leider wieder eine Marktlücke.
Ich danke dir für die interessanten Einblicke in die Historie! Ich wünsche uns allen für die Zukunft nur das Beste!