62 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr, eine Stärkung der Kita-Teams, Rechtsanspruch von sieben Stunden durchgehender Betreuung, mehr Elternrechte, weniger Bürokratie, individuelle Förderung – das alles verspricht der Gesetzentwurf zur Novellierung des Kita-Gesetzes. Klingt gut, möchte man meinen – und trotzdem schlagen die Wellen seit Wochen hoch. Die Kritik an den Plänen der Landesregierung ebbt auch nach den zahlreichen Informationsveranstaltungen mit Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig nicht ab.

Dabei ist unumstritten, dass das bestehende Gesetz – das bereits in den 90ern entstanden ist – überarbeitet werden muss: Inzwischen besuchen Ein- und Zweijährige die Einrichtungen, Familienstrukturen haben sich verändert, beide Elternteile gehen arbeiten – nicht nur halbtags. Insofern ist es konsequent, im Gesetzentwurf nicht nur den Rechtsanspruch auf eine gebührenfreie Betreuung für Kinder ab zwei Jahren zu verankern, sondern auch festzuschreiben, dass die Betreuungszeit von sieben Stunden am Stück gewährleistet sein muss.

Besteht die Gefahr, dass individuelle Förderung auf der Strecke bleibt? (Foto: pixabay)

Die Kritik bezieht sich deswegen auch nicht auf die Grundgedanken des Gesetzentwurfs: „In der Gesamtwertung ist der Gesetzentwurf, trotz einzelner richtiger Ansätze, unausgegoren“, fasst beispielsweise Christine Schneider (MdL, CDU) in einem Facebook-Statement zusammen. Auch Martin Brandl (MdL, CDU) äußert sich sehr skeptisch im Gespräch mit dem PFALZ-ECHO: „Ich sehe nach dem jetzigen Stand massive Probleme bei der Umsetzung auf uns zukommen!“ Hauptkritikpunkte sind dabei zum einen der Personalschlüssel, nach dem in Zukunft elf Kinder auf einen Erzieher kommen – das gilt für Vorschulkinder genau so wie für Zweijährige. Zum anderen sieht Brandl große Hürden beim Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuungszeit pro Tag mit Mittagessen. „Dies wurde formuliert, ohne den entsprechenden Personalrahmen für die zusätzliche Betreuungszeit zu schaffen. Auch sind keine Mittel vorgesehen, um den nötigen Ausbau vieler Kindergärten um Essens- und Schlafräume zu finanzieren.“ Brandl habe viele Gespräche vor Ort geführt, die Stimmung in den Kitas sei sehr angespannt.

Auch gegenüber dem PFALZ-ECHO äußern sich Erzieher aus der Region kritisch. Viele waren beispielsweise bei der Diskussionsveranstaltung mit der Bildungsministerin Ende November in Rohrbach. Viele offene Fragen seien dort geklärt worden, und es sei gut, dass direkt Betroffene ihre Bedenken in diesem Rahmen äußern konnten. Aber ein Großteil der Kritikpunkte sei offen geblieben. Aufgrund des möglichen neuen Personalschlüssels und der Aufgabe, alle Kinder auch über die Mittagszeit zu betreuen, sehen viele auch die Gefahr, dass individuelle Förderung oder außergewöhnlich Projekte auf der Strecke blieben – schlichtweg aus Zeitmangel.

Die Landesregierung nimmt sich diese Kritik wohl zu Herzen, welche Änderungen im Gesetzentwurf konkret vorgesehen sind, bleibt aber noch offen: „(…) Ich kann versichern, dass wir all die Hinweise aufnehmen und sie in den anstehenden Beratungen berücksichtigen werden. An welchen Stellen Präzisierungen und Veränderungen gegenüber dem bisher bekannten Regierungsentwurf sinnvoll sind, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Eins kann ich aber zusichern: Am Ende wird ein modernes und wegweisendes Kita-Gesetz stehen“, teilt Alexander Schweitzer (MdL, SPD) mit. Sein partei-Kollege Wolfgang Schwarz stimmt zu: „Ich bin davon überzeugt, dass wir im Landtag am Ende über ein sehr gutes und modernes Kita-Zukunftsgesetz abstimmen werden.“

„Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung“, schreibt eine Kita-Leiterin auf Facebook, sie wünsche sich, dass die Entscheidungsträger viel Kindergartenluft schnuppern, bevor sie ihre Entscheidungen treffen: „Denn Kinder sind die Erwachsenen der Zukunft und in die sollte man investieren!“

Wie können die Bedürfnisse von Unter-Dreijährigen besser berücksichtigt werden? Das ist einer der Streitpunkte. (Foto: kaboompics.com)