Beate Harzer (Maria Furtwängler) berät die Sozialphobikerin Denise (Carolin Kebekus). (Foto: NDR/Turner Broadcasting System Deutschland GmbH)

Steckbrief: Maria Furtwängler

  • Geboren am 13. September 1966
    in München
  • Deutsche Ärztin und Schauspielerin
  • Seit 2002 LKA-Kommissarin Charlotte Lindholm im Niedersachsen-Tatort
  • Für diese Rolle wurde sie mehrfach ausgezeichnet
  • 2011 initiierte sie gemeinsam mit ihrer Tochter Elisabeth Furtwängler MaLisa Home
  • Mit der MaLisa Stiftung erweitert sie ihr Engagement für die Stärkung von Frauen und Mädchen
  • Für ihr Engagement wurde Maria Furtwängler mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Bayerischen Verdienstorden

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„Ausgebremst – Der 50. Geburtstag“: Ihr neues Leben hat sich Beate Harzer (Maria Furtwängler) wirklich anders vorgestellt: Neun Monate nachdem sie ihre Leidenschaft für Lebensberatung entdeckt und ihren untreuen Ehemann Dirk in die Wüste geschickt hat, wohnt sie alleine in ihrer Fahrschule und steht kurz vor der Pleite. Die Free-TV-Premiere der zweiten Staffel „Ausgebremst“ wird am 30. Mai auf ARD ausgestrahlt. Alle sechs Viertelstünder der Dramedy-Serie werden auch im Anschluss in der ARD-Mediathek gezeigt.

Die Serie „Ausgebremst“ lief ja bereits im letzten Jahr mit der 1. Staffel. Wie entstand denn die Idee zu der Serie?

Maria Furtwängler: Die Idee entstand im ersten Lockdown. Wir waren ja zu Beginn alle vollkommen gelähmt und haben überlegt, was man mit dem ganzen künstlerischen Potential machen kann, das nun derart brach liegt. Wir kamen schließlich auf die Idee ein Projekt online zu entwickeln und online zu drehen, das aus der Not eine Tugend macht: Eine Frau namens Beate Harzer sitzt in München in ihrer Fahrschule und Menschen die Hilfe bei einer Seelsorge suchen, werden ihr online zugeschaltet. Das war der besondere Kniff in der ersten Staffel, Beate ist gerade dabei, ihrem Leben ein Ende setzen zu wollen und durch eine Fehlschaltung werden ihr diese Anrufe auf ihren Fahrsimulator gespielt… Das Ganze läuft also über Video Konferenz, eine Kommunikationsform, die ganz viel mit unserer momentanen Realität zu tun hat. Wir haben mit dem Sender TNT und Anke Greifeneder einen großartigen Partner gefunden! Alles ging unglaublich schnell und es war viel Vertrauen, bzw. eine echte Risikobereitschaft da, auch bei unserem zweiten Partner dem NDR mit Thomas Schreiber. Es ist ermutigend, wenn man die Pandemie mit all dem Elend, die sie einerseits mit sich bringt, andererseits auch kreativ übersetzen kann. Gleichzeitig haben wir das Format genutzt, um auf die Kulturschaffenden aufmerksam zu machen. Bis auf die Filmschaffenden steht ja der gesamte Kulturbetrieb seit einem Jahr still. Es war uns ein Anliegen, auf die Situation all derer hinzuweisen, die keine Chance auf Arbeit und Einkommen hatten. Vielleicht ist es auch deshalb gelungen in der zweiten Staffel so einen Wahnsinns-Cast zu bekommen. Alle waren voller Elan und Spielfreude – ich glaube, das sieht man dem Format auch an.

Was macht die Serie so besonders?

Maria Furtwängler: Wir haben eine Situation aufgegriffen, die momentan jeder kennt. Beate Harzer ist isoliert, macht alles über Videotelefonie, sie feiert sogar ihren 50.Geburtstag allein. Ich glaube wir alle haben mehr oder weniger schwache Geburtstage im letzten Jahr erlebt. Sie hat Angst vor der Pandemie und hat wahnsinnige finanzielle Sorgen. Wir sprechen alle diese Themen an, aber in einer humoristischen Überhöhung. 

Beate Harzer (Maria Furtwängler) feiert sogar ihren Geburtstag allein. (Foto: NDR/Turner Broadcasting System Deutschland GmbH)

Wie ich gelesen habe, wurde bei den Dreharbeiten auch viel Raum für Improvisation gelassen. Waren die Schauspieler somit also ziemlich frei in ihrer Darstellung?

Maria Furtwängler: Ja total! Wir hatten super Autoren. Die haben uns ein Gerüst gegeben und die Figuren definiert. Die Kolleg:innen haben sich wirklich sehr viel Freiheiten genommen. Sie haben das aus den Vorgaben gezogen, was sie inspiriert hat und Dinge weggelassen mit denen sie nicht so viel anfangen konnten. Das führte natürlich dazu, dass wir uns gegenseitig überrascht haben. Manchmal lief es in Richtungen bei denen wir nicht mehr genau wussten, wie wir da jetzt wieder rauskommen (lacht). Das hat total Spaß gemacht. Auch bei Axel Milberg, der einen Sexarbeiter spielt, wurde es sehr schräg und absurd. Manche glauben Improvisation ist total easy, da gehe ich mal so rein und schaue was kommt. Es ist aber genau das Gegenteil, denn ich muss meinen Charakter sehr genau kennen, um glaubwürdig aus ihm heraus reagieren zu können. Ich habe mich gut vorbereitet und mir auch reichlich Fahrschulweisheiten drauf geschafft. Dabei entstand auch die Idee, dass Beate Harzer ein Buch über ihre Erkenntnisse geschrieben hat. Und sie hat die „Fahrschule des Lebens“ mit der universellen Sprache der Verkehrszeichen erfunden…

Wie kann ich mir die Dreharbeiten vorstellen? Sie fanden ja größtenteils kontaktfrei statt. 

Maria Furtwängler: Ja, sie waren merkwürdig kontaktlos. Ich war tatsächlich sechs Tage in einer originalen Fahrschule in München Laim eingesperrt. Mein einziger Kontakt nach außen waren eben die Videocalls. Zu den Schauspieler:innen, wo auch immer sie waren ist ein EB-Team gereist, das sich darum gekümmert hat, dass wir ohne Zeitverzögerung wirklich miteinander spielen konnten. Es war eine technische Herausforderung, was aber heutzutage recht gut funktioniert.

Jeder Charakter, jede Rolle erzählt eine andere verrückte Pandemiegeschichte, wie zum Beispiel die total überforderte Mutter. Damit kann sich der ein oder andere Zuschauer bestimmt identifizieren.

Maria Furtwängler: Auf jeden Fall. Die Mutter ist absolut ausgelaugt, der Mann ist zuhause, den muss sie auch noch bekochen, sie muss sich um die Kinder kümmern und ihren Job muss sie nebenher auch noch wuppen. Und dann kommt sie eben an den Punkt, wo nichts mehr geht, und dreht durch… Manchen Personen, wie in der Serie beispielsweise die Figur von Carolin Kebekus, finden die Situation mit dem Lockdown auch ganz schön. Sie muss nicht dauernd Hände schütteln oder die Gerüche der anderen ertragen. Für Menschen, die mit sozialen Phobien zu kämpfen haben, steckt ja tatsächlich noch etwas Gutes darin. 

Eigentlich ist die Arbeit der Beate Harzer als Lebensberatung oder Telefonseelsorge gerade zur Corona-Pandemie enorm wichtig. 

Maria Furtwängler: Definitiv, letztendlich ist Beate Harzer allerdings eine Art Kritik an dieser Welt von selbsternannten Life-Coaches und Beratern, die viel Scharlatanerie betreiben. Wenn man dann eine Beate Harzer bekommt – um Himmels Willen. Bitte nicht auf andere Menschen loslassen. Das ist natürlich Überhöhung, aber ich denke schon, dass Menschen, die sich ihrer eigenen Probleme so wenig bewusst sind, besser nicht als Coaches auf andere losgelassen werden sollten.

Was unterscheidet die zweite Staffel zur ersten Staffel?

Maria Furtwängler: Die zweite Staffel ist im Gegensatz zu der ersten Staffel opulenter, wir haben besseres Licht, es sieht alles ein bisschen wertiger aus. Bei der ersten Staffel waren es von der Idee bis zur Ausstrahlung lediglich sechs Wochen. Das ging unfassbar schnell. Damals sagte TNT: „Oh, jetzt müssen wir schnell machen, denn die Pandemie ist bald vorbei.“ Wir dachten ja damals alle, das kann ja wohl nicht so lange dauern. Diese Einschränkung haben wir mittels erzählerischer Kniffe von der Not zur Tugend gemacht – auch diesmal. So war es möglich, mit tollen Schauspielern unter geringem Aufwand zu drehen, ohne dass eben alle nach München kommen mussten. Das hätten wir uns gar nicht leisten können. 

Wie Sie bereits sagten, bestand die Intention der ersten Staffel darin, die von der Corona-Pandemie stark betroffenen Kunst- und Kulturschaffenden zu unterstützen – #KunstnotHilfe. Ich habe gesehen, da kam ja schon ein beachtlicher Betrag zusammen.

Maria Furtwängler: Oh ja. Dieses Mal machen wir wieder darauf aufmerksam. Viele der Kolleg:innen haben ihre Gage auch direkt weiter gespendet. Wir möchten natürlich weiterhin auf die Situation der Kulturschaffenden aufmerksam machen und Unterstützung bieten.

Sie sind in der Serie zugleich Produzentin und Hauptdarstellerin. Ich stelle es mir interessant vor ein Projekt auch aus dieser Sicht zu begleiten.

Maria Furtwängler: Das sind nochmal ganz andere Aufgaben, klar. Der kreative Korridor wird erweitert, weil man auf sehr viele Dinge Einfluss nehmen und eben mitgestalten kann. Eine Idee von Anfang bis Ende umzusetzen ist toll, aber natürlich sehr anspruchsvoll. Ich mache, glaube ich, momentan auch alle Fehler, die man so machen kann (lacht). Im kaufmännischen Bereich habe ich beispielsweise nicht unbedingt meine Stärken, aber das gehört eben auch dazu. Nichtsdestotrotz bin ich über diese Erweiterung sehr froh. Irgendwann habe ich aber auch gemerkt, dass ich den Produzentinnen-Hut vorübergehend abgeben muss, um mich ganz auf meine Rolle einlassen zu können. Parallel jeden Tag als Produzentin und Schauspielerin 100 Prozent zu geben, schafft man nicht.    

Kommen wir noch kurz zum Tatort. Sie haben die Rolle der Charlotte Lindholm nach der langen Zeit doch sehr geprägt. Ist Ihre Rolle ein Heimspiel für Sie?

Maria Furtwängler: Charlotte ist schon ein bisschen wie nach Hause kommen. Das stimmt schon. Ich habe die Rolle zwar schon in die ein oder andere Richtung gedehnt, aber sie bewegt sich schon in einem gesetzten Korridor. So eine eingeführte Figur wie Charlotte Lindholm kann sich jetzt natürlich nicht verhalten wie eine Beate Harzer, das geht nicht. Es hat eine Kraft in diese Rolle und Haut zu schlüpfen, die mir auch schon total lieb geworden ist. Aber es ist auch mal schön, in ganz andere Welten zu tauchen. Das ist ja das Tolle an meinem Beruf. (plp)