Eigentlich wollte Christine Eixenberger „nur mal schauen, was passiert“, als sie zu einem Casting für die ZDF-Herzkino-Reihe „Marie fängt Feuer“ ging. Und ehe sie sich versah, hatte sie die Hauptrolle in der Tasche. Im bayerischen Raum ist die 30-Jährige vor allem auch als Moderatorin und Kabarettistin bekannt. Mit ihrem aktuellen Soloprogramm „Lärmbelästigung“ bringt sie ihre Erfahrungen aus ihrer Referendariatszeit auf die Bühne.

Man kennt Sie im süddeutschen Raum vor allem aus dem Kabarett – die Schauspielerei ist ganz neu für Sie…
Christine Eixenberger: 2009 hatte ich mal eine kleine Zwei-Satz-Rolle bei einem Kurzfilm – „Calamari Blues“. Danach habe ich im Schauspielbereich lange nichts gemacht, weil ich gerade dabei war, mein Kabarett-Standbein aufzubauen, bis dann die Rolle in „Marie fängt Feuer“ kam. Vor zwei Jahren habe ich meinen jetzigen Agenten beim Kabarett in München kennengelernt. Er sagte mir, dass er gerne mit mir zusammenarbeiten würde. Als dann für „Marie fängt Feuer“ gecastet wurde, habe ich mich für die Rolle der Angie, also der besten Freundin von Marie, beworben. Und plötzlich haben die mich umbesetzt und mir die Hauptrolle gegeben.

Das war für Sie bestimmt eine große Überraschung.
Christine Eixenberger: Auf jeden Fall. Bedenken waren natürlich da – auf Seiten der Produktionsfirma, des Senders und auch auf meiner – weil ich vorher ja noch nie Film gemacht habe und auch kein bekanntes Gesicht war. Und bekannte Gesichter ziehen ja Zuschauer. Das ZDF will natürlich auch, dass die Einschaltquote stimmt. Aufgrund meiner Unerfahrenheit, bekam ich dann doch noch einmal die Aufgabe einige Gefühlslagen vorzuspielen – Wut, Trauer, Freude. Und es hat geklappt.

Unter vier Augen mit Christine Eixenberger in einem Münchener Café.
 (Foto: privat)

Ich stelle es mir wahnsinnig schwierig vor, auf Knopfdruck zu weinen. Auf der Schauspielschule lernt man das, aber die haben Sie ja nie besucht.
Christine Eixenberger: Das ist richtig. Ich habe mich auch ohne Regisseur auf die Rolle der „Marie“ vorbereitet, weil ich es als Chance empfunden habe, diese Rolle aus mir selbst heraus zu entwickeln und so viel Authentizität wie möglich hineinzulegen. Die Rolle ist natürlich grundsätzlich „sehr nah an mir dran“. Ich bin, wie Marie, auch ein Mädel vom Land. Als die erste Szene kam, in der ich weinen musste, habe ich eine Schauspielkollegin gefragt, welche Tricks man auf der Schauspielschule lernt. Die Kollegin hat mir geraten, einfach in die Emotionen reinzugehen, keinen Druck aufzubauen, es einfach laufen zu lassen.

Sie wurden also ins kalte Wasser geworfen?
Christine Eixenberger: Ich habe schon bei der Probe einfach mal losgeweint, man geht die Szenen ja vor dem Dreh einmal durch, und da habe ich mich gefühlsmäßig schon so reingesteigert. Dann konnte man letztendlich beim Dreh gar nicht sehen, dass ich so flenne, weil die Kamerafahrt von Weitem losging. Als sie dann bei mir war, hatte ich mich schon ausgeheult (lacht). Das ist schon ein Lernprozess. Aber ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meiner Leistung. Wenn ich die bisher abgedrehten Weinszenen analysiere, sehe ich im Verlauf schon eine schauspielerische Steigerung.

Es ist ja auch weitergegangen. Auf den ersten Film folgte ein zweiter, dann ein dritter und vierter…
Christine Eixenberger: Da habe ich mich auch total gefreut. Mittlerweile haben wir vier Filme abgedreht: 2016 waren es zwei, 2017 auch zwei. Und 2018 müssen wir mal schauen, da darf ich noch nichts sagen (lacht).

Wie genau steigert man sich in so eine Weinszene rein?
Christine Eixenberger: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Selbstdruck zu nichts führt. Ich stelle mir meist vor, dass es wirklich um einen Familienangehörigen von mir geht. Und wenn man sich in eine Situation einfach reinfallen lässt und sich mit der Figur identifiziert, dann funktioniert das auch. Das ist genauso wie bei einem guten Film, da kann ich auch mitweinen. Aber Respekt vor meinen Schauspielkollegen, die 15 Mal hintereinander die gleiche Szene spielen und immer wieder total echt weinen können.

Ich dachte immer, dass sich die Schauspieler etwas in die Augen tropfen?
Christine Eixenberger: Es gibt tatsächlich die Möglichkeit, dass man mit einem – ich sage immer – „Pustestift“, echte Tränen erzeugt. Das ist so ein Stick, durch den bläst man mentholhaltige Luft in das Auge. Aber bei mir hilft das leider gar nicht, dann trocknen eher die Augen aus, es passiert also genau das Gegenteil (lacht).

Wie war es für Sie, Ihre erste Bettszene zu spielen?
Christine Eixenberger: Ich war total nervös, weil ich nicht wusste, wie so etwas abläuft. Aber mein Kollege, Stefan Murr, ist echt super. Der macht das schon seit vielen Jahren und ist vollkommen routiniert. Der Regisseur hat mich auch beruhigt, indem er gesagt hat, dass ja nur wenige Leute beim Dreh anwesend wären und nicht das komplette Team zusehen würde. Seine Drehanweisung lautete: Jetzt ziehst du die Hose aus, dann die Jacke, dann legst du dich ins Bett, rollst dich einmal über Stefan drüber, dann wälzt ihr euch wieder zurück. Fertig. Innerhalb von 25 Minuten war dann diese Szene abgedreht. Das war halb so schlimm – es war eher eine Riesengaudi!

Sie sagten, dass es Parallelen zwischen Marie und Christine gibt. Welche sind das im Konkreten?
Christine Eixenberger: Es ist vor allem die Parallele zu meiner Jugendzeit. Marie ist, genauso wie ich, auf dem Land groß geworden. Wir beide wissen daher, wie es ist, wenn jeder jeden kennt. Dieses herzliche, manchmal aber auch kleinkarierte Umfeld kenne ich aus meiner eigenen Vergangenheit sehr gut.

Gibt es auch Parallelen im Charakter?
Christine Eixenberger: Marie ist eine sehr ehrliche Haut und wahnsinnig geradeheraus. Sie ist nicht auf den Mund gefallen und wenn ihr etwas nicht passt, dann sagt sie es auch. Das ist definitiv eine Parallele zwischen Marie und mir. In den neuen Filmen hat sich herausgestellt, dass Marie seit Ewigkeiten ein Geheimnis mit sich herumträgt: Marie hat eine 15-jährigen Sohn. In dem Film hat sie ihrem Umfeld erzählt, dass der Vater ihres Sohnes tot sei und dann taucht er doch auf einmal auf. Sie hat alle angelogen, auch ihren Lebensgefährten Stefan. Um ihre Familie, vor allem ihren Sohn zu schützen. Aber gerade das gefällt mir an der Figur: Sie ist nicht so glattgebügelt und es ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Das Ende von „Marie fängt Feuer“ ist immer sehr offen. Natürlich gibt das unter den Zuschauern Anlass zu Kritik, weil dieser an einen abgeschlossenen Kosmos und ein Happy End gewöhnt ist. Aber so ist es halt auch im wahren Leben nicht immer.

In „Marie fängt Feuer“ engagieren Sie sich bei der Freiwilligen Feuerwehr und sind immer da, wo es gerade brennt. Ist das im Leben von Christine Eixenberger auch so?
Christine Eixenberger: Ich würde mich wahnsinnig gerne in einem Ehrenamt engagieren, gerne auch bei der Feuerwehr, weil es mich echt interessiert. Leider überschneiden sich die Übungsstunden der Feuerwehr in meinem Wohnort mit meinem Kabarett. Und meine Devise ist: Ganz oder gar nicht. Deswegen habe ich das erst einmal hintenangestellt.
Sie haben Rechtsanwaltsgehilfin gelernt, dann angefangen Jura zu studieren, dann

Die sympathische Schauspielerin startet richitg durch. (Foto: ALAN OVASKA)

Grundschullehramt – ist davon noch etwas aktuell?
Christine Eixenberger: Hauptberuflich bin ich Kabarettistin und Schauspielerin. Ich habe zwar durchaus Erfahrungen im Schulbetrieb sammeln können, gleichzeitig zum Kabarett und der Schauspielerei kann ich das jedoch zeitlich gerade nicht leisten. Aber wer weiß, vielleicht komme ich dahin irgendwann mal wieder zurück.

Können Sie sich vorstellen, wieder Lehrerin zu werden?
Christine Eixenberger: Ich habe mich bewusst dazu entschieden, mich selbstständig zu machen. Und ich würde gerne dabei bleiben. Aber man muss sich schon im Klaren darüber sein, dass mein Berufsfeld, kein sicheres ist. Es gibt so viele Schauspieler und auch viele richtig gute – da kann es schon passieren, dass du irgendwann einmal nicht mehr gefragt bist. Da darf man nicht zu blauäugig sein, denke ich. Und im Kabarett ist es das Gleiche. Die Sicherheit, die man als Lehrer hat – sicherer Arbeitsplatz, feste Urlaubszeiten – das habe ich in meinem jetzigen Beruf so nicht, das ist ganz klar. Aber dafür darf ich einen Beruf machen, den ich leidenschaftlich liebe. Was will man denn mehr. Ich bin dafür mehr als dankbar.

Schauspielerei und Lehramt – das ist ein großer Gegensatz…
Christine Eixenberger: Ja und nein. Bei der Schauspielerei und beim Kabarett gibt es aber schon Parallelen zum Lehrerberuf: Beides ist Entertainment.

Woher nehmen Sie Ihre Ideen für die Kabarettprogramme?
Christine Eixenberger: Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal sind es zum Beispiel Sprüche, die ich im Alltag aufschnappe. Oder Situationen. Ich sitze unheimlich gerne in Cafés und schaue einfach, was die Menschen machen.

Was gefällt Ihnen denn besser: das Kabarett oder die Schauspielerei?
Christine Eixenberger: Ich glaube, dass es die Kombination aus beidem ist. Ich bin froh, dass ich relativ zeitnah die Möglichkeit hatte, in beide Bereiche reinzuschnuppern. Beim Solokabarett bist du ja alleine auf der Bühne und hast keinen Spielpartner. Wenn also etwas schiefläuft, dann musst du da alleine rauskommen. Aber das hat viel für sich. Ich mache den Beruf ja nicht umsonst so gerne. Man ist total intim mit seinem Publikum und bekommt sofort Rückmeldung. Beim Film ist es ganz anders. Zum einen arbeitet man im Team. Sei es das Filmteam oder die Schauspielkollegen. Dann gefällt mir auch dieser Prozess von dem geschriebenen Wort zu dem, was du letztendlich vor der Kamera machst. Man kann oft mit sehr wenig Mimik alles sagen. Auf der Bühne hingegen ist das sehr schwierig. Ich habe bis zu 350 Zuschauer. Da muss einfach alles stimmen. Ich muss perfekt ausgeleuchtet sein, damit auch noch der Zuschauer in der letzten Reihe mitkriegt, was sich in meinem Gesicht abspielt. Ich kann aber nicht sagen, dass mir das eine besser als das andere gefällt. Ich genieße es sehr, dass ich beides machen kann. Und ich würde es auch gerne so beibehalten.

Schauspielerin, Kabarettistin und Moderatorin. (Foto: ALAN OVASKA)

Sie sind also zufrieden mit Ihrem bisherigen Lebens-und Berufsverlauf?
Christine Eixenberger: Ich hatte wahnsinnig viel Glück. Ich war wohl bisher zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ich habe früher öfter mal darüber nachgedacht, in die Schauspielerei zu gehen, habe aber nicht konkret, etwas dafür getan. Ich sage immer, genauso wie meine Eltern es mich immer gelehrt haben: „Es kommt, wie es kommen muss.“ Ein Schicksalsfanatiker bin ich nicht. Aber ein gewisses Maß an Gelassenheit tut gut. Wenn es also mit dem Film so gut weiterläuft wie aktuell, bin ich happy und wenn nicht, dann passiert bestimmt irgendetwas anderes Gutes.

Sie sind am Anfang Ihrer Karriere. Gibt es eine Rolle, die sie reizen würde, zu spielen?
Christine Eixenberger: Ich habe mal darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn ich eine Rolle spielen würde, die überhaupt nicht an mir angelegt ist. Das könnte zum Beispiel die Rolle eines gestörten oder kranken Menschen sein. Jemanden zu spielen, der zum Beispiel an einer psychischen Erkrankung, wie einer Depression leidet, hat einen sehr hohen Anspruch. Das würde mich aber total reizen. Im Vorfeld der Dreharbeiten muss man viel recherchieren und mit Menschen sprechen, die in solch einer Situation sind. Sich in diese Menschen reinzudenken ist mit Sicherheit nicht einfach, auch, weil die Gefahr besteht, dass man die Schicksale der Menschen zu nah an sich heranlässt und keine Grenze mehr zwischen Film und Wirklichkeit ziehen kann.

Ich bin gespannt, was man in Zukunft noch von Ihnen hören und sehen wird.
Christine Eixenberger: Ich auch (lacht). Ich liebe auf jeden Fall Herausforderungen und freue mich auf alle Rollen, die da noch auf mich zukommen.