• 1966 als Michael Fritz Mittermeier in Dorfen (Oberbayern) geboren
  • Studium der Politologie und Amerikanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München
  • 1994 Magisterarbeit über das Thema Amerikanische Stand-up-Comedy
  • 1996 Start seines ersten Tourprogramms „Zapped“
  • Seit 2011 Auftritte mit Xavier Naidoo, Rea Garvey und Sasha als deutsches Rat Pack
  • Unterstützt die Aktion „Deine Stimme gegen Armut“, die entwicklungspolitische Organisation “One“ sowie das Projekt „Vulamasango“, das Kindern und Jugendlichen aus den Townships von Kapstadt hilft
  • Lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Pullach

Wir befinden uns in einer Pandemie, es gibt keine Auftritte, Energie staut sich an und dann haben Sie gedacht, schreib‘ ich halt mal wieder ein Buch?

Michael Mittermeier: Ja (lacht). Inspiriert wurde ich durch zwei Dinge. Nachdem Auftritte überhaupt nicht erlaubt waren, kam die Idee der Autokinos. Anfang Juni hatte ich wieder begonnen zu spielen. Mein erstes Open-Air habe ich vor wenig Zuschauern gespielt und eben meine Geschichten erzählt, die mir und meiner Familie gerade während des Lockdowns passiert sind und passieren. Ich habe einfach über die absurde Zeit, den absurden Alltag gesprochen. Die Menschen haben so gerne darüber gelacht. Wir alle erleben doch irgendwie dasselbe, egal wo man sich im Lockdown befindet. Klar, der eine erlebt es komfortabler, der andere weniger, aber es gibt Mechanismen, die wir alle haben. Zum anderen haben mich die Gespräche, die ich mit meiner zwölfjährigen Tochter geführt habe, sei es über Corona, über Filme oder die Welt, immer so erheitert. Dazu habe ich dann auch auf Instagram und Facebook eine Reihe erstellt – „Synapsen-Mikado – Gespräche mit einer Zwölfjährigen“. Dann stand ich Ende Juni da und hatte so viele Geschichten erlebt, worüber die Leute gerne lachen, und dachte, vielleicht schreibe ich doch ein Buch (lacht). Mit meiner Kamikaze-Idee bin ich zum Verlag und habe dort meine Idee vorgeschlagen. Es musste nun sehr schnell gehen, denn normalerweise schreibt man kein Buch im Juni, welches im Herbst veröffentlicht wird. Präsentiert man einem Verlag eine Idee, muss dieser schon ein Gefühl zu der Idee haben und dem Autor vertrauen, dass das Ergebnis auch gut wird. Ich hatte damals noch nichts vorzuweisen. Sie haben mir einfach vertraut und ich schlug vor, mal ein Kapitel zu schreiben. Meiner Meinung nach hat das Buch einen perfekten Titel. Der eigentliche Satz bekommt durch eine Sache eine völlig andere Bedeutung. Vor einem Jahr hätte der Satz etwas komplett anderes bedeutet.

Was möchten Sie den Lesern mit Ihrem Buch an die Hand geben? Was ist die Intention Ihres Buches?

Michael Mittermeier: Ich möchte einfach unterhalten. Mein Job als Comedian ist es, die Menschen auch in schwierigen Zeiten zum Lachen zu bringen. Und auf der zweiten Ebene ist es so, dass wir uns selbst ja auch in diesem schrägen und komischen Alltag, den wir momentan alle führen, wiedererkennen. Es ist wichtig, dass wir darüber schmunzeln können, denn wenn es in einem selbst im Herzen zu ernst wird, kommt meist nichts Gutes dabei heraus. Vermutlich erkennt jeder Parallelen zu Erzählungen im Buch und dem eigenen Alltag während der Corona-Pandemie bzw. des Lockdowns. 

Ihr Buch beschreibt Corona in einem lustigen Kontext, ist optimistisch und vor allem ehrlich. Das kommt bei den Lesern super an und es steht bereits auf der Bestsellerliste. Glückwunsch!

Michael Mittermeier: Ja, ich bin begeistert. Kurz nachdem es im Handel erschienen war, stand es relativ schnell ganz oben. Wahnsinn. Das Buch ist im Moment leider mein einziges Sprachrohr nach außen, denn ich darf natürlich gerade auch nicht auftreten. So kann ich aber die Menschen über das Buch trotzdem unterhalten und zum Lachen bringen.

Der Kunst- und Kulturbereich leidet ganz extrem unter den Einschränkungen. Wie gehen Sie damit um? 

Michael Mittermeier: Im Moment kann ich gar nichts bezüglich Live-Auftritten planen. Das wird uns noch lange beschäftigen. Es wird auch keine normale Tour im nächsten Frühjahr geben. Das Einzige, was vielleicht etwas planbar ist, sind Open-Airs, die im Sommer stattfinden werden. Ich glaube auch nicht, dass im Herbst 2021 eine normale Tour stattfinden wird. Kleinere oder abgespeckte Events vielleicht, aber Corona wird uns noch sehr lange beeinträchtigen. Ich fahre, wie wir gerne sagen, auf Sicht, das heißt, ich nehme auch kurzfristige Aufträge an. Allerdings müssen wir beachten, nur weil etwas stattfindet, heißt es noch lange nicht, dass die Kultur wieder lebt. Ein großes Problem ist, dass die Menschen keine Tickets kaufen, was ich auch verstehen kann, denn sie haben Angst. Selbst wenn man irgendwo einen Auftritt hat, ist noch nicht klar, ob genügend Karten dafür verkauft werden und dieser vielleicht doch ins Wasser fällt. Selbst eine Kleinkunst- oder Kabarettbühne hat irgendwann die Untergrenze erreicht, bei der sie anfängt Geld zu verlieren. 

Was würde den Künstlern momentan am meisten helfen?

Michael Mittermeier: Das Erste wäre mal, dass die Künstler und alle diejenigen, die dem Kulturbereich angehören, eine Hilfe analog der Kurzarbeit bekommen, ohne Betriebsausgaben angeben zu müssen. Das ist nämlich Bullshit. Der Kabarettist hat sein Auto, seine Wohnung und sein Essen – das sind seine Betriebsausgaben. Der hat keine Sekretärin. Einfach das Durchschnittsgehalt vom letzten Jahr ausrechnen und zugrunde legen. So geht es doch ganz unbürokratisch. Ich hoffe, dass die Hilfen wie von der Politik angekündigt auch ausbezahlt werden und 70 bis 75 Prozent vom Durchschnittsgehalt ausgeschüttet werden. Natürlich muss nach oben hin eine Deckelung festgelegt werden, denn es muss nicht sein, dass jemand, der im letzten Jahr wahnsinnig viel Geld verdient hat, davon 70 Prozent erhält. Diese Hilfen müssen schnellstmöglich ausgezahlt werden. Auch die Hilfen an Bühnen sind enorm wichtig. Denn sonst werden viele Traditionsbühnen nicht überleben. Das ist nicht zu schaffen. 

Sind Sie der Meinung, dass bei den Einschränkungen an der falschen Stelle angesetzt wird? Beispielsweise die Schließung der Gastronomie und Verbot von Veranstaltungen trotz ausgearbeiteten Hygienekonzepten?

Michael Mittermeier: Also ich habe das nicht ganz verstanden. Ich dachte, wenn wertvolle Konzepte erarbeitet werden und die Menschen sicher aufgehoben sind, dann ist das in Ordnung. Es wird immer gesagt, dass die hohen Ansteckungszahlen auf privaten Feiern, Taufen und Hochzeiten entstehen. Das Problem liegt doch woanders.

Die Kultur steht in der Nahrungskette weit, weit hinten, sogar noch hinter den Prostituierten, wie Sie in Ihrem Buch schreiben… Ist die Kultur momentan so unwichtig?

Michael Mittermeier: Auf keinen Fall. Ich merke gerade an meinen Auftritten, dass die Menschen die Kultur lieben. Oder auch wenn sie das Buch kaufen, merkt man, dass die Menschen das total schätzen. Leider hat aber die Kultur in der Politik keinen Stand. Da muss etwas geändert werden. Bildet eine „Taskforce Kultur“ und setzt euch an einen großen Tisch mit den Spitzen der Kultur, Kinos und so weiter und dann müssen Konzepte entwickelt werden, wie wir mit dem Ganzen leben und umgehen werden. Diese Konzepte werden uns mindestens noch ein Jahr oder länger begleiten. Aber sie müssen jetzt entwickelt werden, es ist eh schon wahnsinnig spät dafür. 

Sie haben vor über 30 Jahren als Stand-up-Comedian angefangen. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie in Zukunft so erfolgreich sein werden? Haben Sie sich gewünscht einer der „Großen“ zu werden?

Michael Mittermeier: Nicht wirklich. Spielte man Anfang oder Mitte der achtziger Jahre vor 100 bis 200 Leuten auf einer Kleinkunstbühne, war man damals erfolgreich. Dass ich irgendwann einmal im Stadion stehe, wie bei Rock am Ring vor 60.000 Menschen, war surreal. Diesen Gedanken gab es damals einfach nicht. Die Form der Stand-up-Comedy gab es auf diese Art früher ja auch noch nicht. Ich komme aus dem Kabarett und Kleinkunstbereich und irgendwann hat sich jeder so benannt, wie er sich benannt hat. Es ist schön, dass es so gekommen ist, aber ich wäre mit weniger Erfolg auch glücklich geworden. 

Wie bzw. wann entscheidet man, Comedian zu werden? 

Michael Mittermeier: Ich habe schon als Kind und Jugendlicher Theater gespielt und Sketche-Abende an Fasching gemacht. Irgendwann in den Achtzigern habe ich dann angefangen in Fußgängerzonen zu spielen. Ich war schon immer ein großer Kabarett- und Kleinkunstfan und habe einfach gemerkt, dass mir das echt Spaß macht. Es gab aber nicht den Tag der Entscheidung, an dem ich gesagt habe: Heute werde ich Kabarettist. Das zieht sich über eine gewisse Zeit. Als ich 1987 beim U2-Konzert von Bono auf die Bühne gezogen wurde, fällte ich nicht die Entscheidung Künstler zu werden, sondern mir wurde bewusst, dass es für mich keine Alternative gab, die ich lieber machen würde. Nebenher einen Job zu haben finde ich Quatsch. Entweder man ist Künstler oder nicht. 

Ist es Ihr Traumberuf?

Michael Mittermeier: Ja klar, sonst würde ich es nicht machen. Da kann sich jeder sicher sein: Wenn es mir irgendwann einmal keinen Spaß mehr macht, höre ich auf. 

Sie waren und sind zu Gast in diversen Fernsehshows, als Moderator tätig oder sprangen auch gerne mal spontan als Vorgruppe bei einem U2-Konzert ein. Ist es gerade die Abwechslung, die die Liebe zu Ihrem Beruf ausmacht?

Michael Mittermeier: Ich habe einfach Spaß am Ausprobieren. Ich bin keiner, der gerne stehen bleibt und mache immer wieder was Neues. So behalte ich mir ja auch den Spaß daran.  

Schreiben Sie Ihre Programme selbst? Sind das wirklich alles Anekdoten aus Ihrem Leben?

Michel Mittermeier: Das meiste schon. Ich habe noch einen Co-Autor, mit dem ich dann weiter rumspinne, indem ich an den Geschichten feile. Aber wenn ich erzähle, dass ich es selbst erlebt habe, dann ist es auch meistens so. 

Michael Mittermeier macht das Dutzend mehr als voll. Programm Nr. 13! Für alle, die auch mal gerne im Flugzeug in Reihe 13 sitzen. Und für alle Triskaidekaphobier ist ein besonderer Platz reserviert ... (Foto: Olaf Heine)
Michael Mittermeier macht das Dutzend mehr als voll. Programm Nr. 13! Für alle, die auch mal gerne im Flugzeug in Reihe 13 sitzen. Und für alle Triskaidekaphobier ist ein besonderer Platz reserviert … (Foto: Olaf Heine)

Testen Sie Ihre Gags an Ihrer Familie?

Michael Mittermeier: Nicht wirklich. Ich schreibe mir ein paar Ideen auf, gehe auf die Bühne und probiere einfach aus.  

Sie haben bereits einige Male in den USA gespielt. Wie erleben Sie Ihre Auftritte dort? Spielen Sie dieselben Programme wie in Deutschland?

Michael Mittermeier: Die Programme muss man natürlich adaptieren, denn es gibt viele Themen, über die in den USA nicht gelacht wird. Es ist eine völlig andere Energie, wenn ich in Deutschland vor deutschem Publikum spiele. In New York stehe ich vor Amerikanern, die noch nie einen deutschen Comedian gesehen haben. 

Es ist dann auch kein Problem, Ihre Gags in Englisch rüberzubringen?

Michel Mittermeier: Mein Englisch ist o.k. Es ist nicht gut, aber es ist o.k. (lacht). Ich mache es dann wett mit meinem Bühnencharisma und meiner Spielfreude. Die Nummern bringen die Zuschauer nur dann zum Lachen, wenn sie mich persönlich auch komisch finden. Ansonsten macht es eh keinen Sinn.