Steckbrief: Benjamin Stöwe

  • Geboren am 12. Oktober 1983 in Eberswalde
  • Deutscher Synchronsprecher, Fernsehjournalist und Wettermoderator
  • Start der Laufbahn 2005 als Redakteur und Moderator beim rbb
  • Seit 2007 Synchronsprecher mit mehr als 300 Sprechrollen u.a. seit 2017 für Star Trek: Discovery (Wilson Cruz als Dr. Hugh Culber)
  • Seit 2015 Wettermoderator beim ZDF-Morgenmagazin

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Ihre journalistische Laufbahn begann sehr früh – 1991 bei der Schülerzeitung Tintenklecks. Wollten Sie schon immer journalistisch arbeiten oder gab es noch andere Berufswünsche?

Benjamin Stöwe: Ich kannte lange Zeit den Beruf des Journalisten am besten, weil meine Mutter Journalistin ist und damals Zeitung gemacht hat – wie ich als Kind immer gesagt habe. Und das wollte ich dann auch machen. Aber das ist ja auch keine Seltenheit, dass Kinder ihren Eltern nacheifern oder Eltern für Kinder die prägendsten Vorbilder sind. Deswegen war das für mich eine ganz selbstverständliche Entwicklung. Als ich dann in die Schule kam, gab es noch keine Schülerzeitung. Es gab die, wie auch immer geartete, kuriose Regel, dass Schüler der Klassen eins bis drei keine Schülerzeitung machen durften – das war ja auch sinnvoll, man muss ja erstmal Lesen und Schreiben lernen. Ich fand das aber damals schon eine ziemliche Bevormundung (lacht). Es gibt die allererste Ausgabe der Zeitung noch und die besteht überwiegend aus Dingen, die gemalt wurden. Neben dem Journalistischen hat mich aber von Beginn an auch das Theater gereizt, ich habe in der Schule auch viel im Theater mitgespielt. Der Journalismus auf der einen, das Schauspiel auf der anderen Seite – das war das Spannungsfeld, das mich in meinen Schuljahren begleitet hat.

Wissen Sie noch, worüber Sie in der ersten Ausgabe der Schülerzeitung berichtet haben?

Benjamin Stöwe: Die erste Ausgabe war tatsächlich sehr kindlich. Ganz am Anfang war ein großes Thema die Erhöhung der Milchpreise. Statt 50 Pfennig sollte die Milch plötzlich 75 Pfennig kosten.

Heute sind Sie auch Synchronsprecher, u. a. synchronisieren Sie in Star Trek Discovery den Dr. Hugh Culber – aber Sie haben auch mal Kevin von den Minions Ihre Stimme geliehen. Wie kommt man zum Synchronsprechen und zu dieser Rolle?

Benjamin Stöwe: Synchronsprechen ist ein Teil des weit verzweigten Schauspielfachs. Sprechen ist ja das Essenzielle, das, was diesen Beruf ausmacht. Ich bin kein ausgebildeter Schauspieler, aber ich habe, so ähnlich wie mit der Schülerzeitung, seit meiner Jugend schon immer Theater gespielt. Das hat mich schon immer begeistert. Als ich älter wurde, musste ich mir aber eingestehen, dass die Schauspielerei bzw. das Theater zu unsicher für mich ist. Ich hatte nicht den Mut, Schauspieler zu werden. Dann habe ich mich mit einem Regisseur unterhalten. Der war sehr traurig, weil er zahlreiche Menschen ausgebildet hat, die richtig gute Schauspieler sind, aber es einfach nicht den Markt für so viele von ihnen gibt. Er sagte mir, dass wahrscheinlich nur zehn Prozent der Leute, die er ausbildet, später auch wirklich davon leben können. Wenn man das einmal weiß, kann man das nicht mehr ausblenden. Mir war klar, dass ich mich nicht sehenden Auges in eine Situation hineinmanövrieren kann, bei der ich nicht weiß, wie sie ausgeht. Deswegen entschied ich mich für den Journalismus – ich wollte meine andere Leidenschaft aber irgendwie für mich am Leben erhalten und so kam ich zum Synchronsprechen und zu Kevin aus „Ich, einfach unverbesserlich“.

Benjamin Stöwe mit Star-Trek-Schauspieler Wilson Cruz. (Foto: honorarfrei)

Die meisten Menschen kennen Sie als Wettermoderator im ZDF-Morgenmagazin von 5.30 bis 9 Uhr. Wie schafft man es, so früh morgens aufzustehen und das Wetter mit so viel Enthusiasmus vorzutragen – auch wenn es regnet?

Benjamin Stöwe: Ich war schon immer ein leidenschaftlicher Frühaufsteher, vielleicht kommt das auch von der journalistischen Prägung meiner Familie. Wenn man tagesaktuell berichtet, steht man früh auf. Ich kenne es gar nicht anders, als früh aufzustehen – aber das auch mit Begeisterung. Gerade im Sommer. Je nach Wetterlage komme ich morgens zwischen 3 und 4 Uhr im Studio an und genieße meinen Arbeitsweg. Zu dieser Zeit ist Berlin so schön still, es weht eine leichte Brise durch die Stadt und langsam kündigt sich die Morgendämmerung an. Das ist ganz viel Motivation und ich habe richtig Freude an dem Weg zur Arbeit – selbst bei landläufig als schlecht bezeichneten Wetterlagen. Denn gerade solche Wetterlagen sind spannend und auch das kann eine Quelle für Enthusiasmus sein. Wenn unser Wetter mehr tief- als hochdruckgeprägt ist, passiert richtig was in der Atmosphäre und auf der Wetterkarte. Das sind dann die Tage, an denen wir besonders gefordert sind. Wir haben dann auch eine Verantwortung, über extreme Wetterlagen adäquat zu informieren. Obwohl das manchmal gar nicht so einfach ist, so dezidiert vorherzusagen und dann auch noch in einem Zwei-Minuten-Wetterbericht. Deutschland ist ein großes Land mit sehr vielen regionalen Unterschieden. Das Wetter ist so komplex und kleinteilig, dass der Wetterbericht, den wir morgens senden, abends schon nicht mehr in Gänze so zitiert werden kann.

Das Wetter wird im MoMa halbstündlich präsentiert. Was machen Sie zwischen den einzelnen Moderationen, die ja immer nur zwei bis drei Minuten dauern? Haben Sie dann immer eine halbe Stunde Pause?

Benjamin Stöwe: Das sieht vielleicht so aus (lacht), aber das ist nicht so. Man kann sich tatsächlich intensiv mit dem Wetter beschäftigen, was nicht nur mit den Wetterdaten zusammenhängt. Ich arbeite eng mit einer Kollegin oder einem Kollegen in der Wetterredaktion in Mainz zusammen und wir telefonieren viel miteinander, um jeweils den nächsten Wetterbericht zu planen. Wenn beim Wetter mal nicht so viel los ist, ist es aber bei den anderen Menschen, die morgens mit mir früh aufstehen. Es macht mir großen Spaß, im Dialog mit den Zuschauern zu sein und Feedback zu bekommen. Manchmal kommen, während die Sendung läuft, zwischen 800 und 1.000 Mails in der Wetterredaktion an – und wir sind hier nur zu zweit. Ich sage im Fernsehen immer „Das ist meine E-Mail-Adresse“ – und das ist auch tatsächlich meine E-Mail-Adresse und die Nachrichten landen direkt bei mir. Ich beantworte alle – auch wenn es manchmal natürlich etwas dauert. Da sind Fotos dabei, Grüße, tolle Wetterbeobachtungen. Und da staune ich immer, wo überall auf der Welt die Menschen an das Moma-Wetter denken. Neulich habe ich ein Foto von einem Piloten bekommen, das er aus dem Cockpit gesendet hat. Es ist eine sehr coole Gemeinschaft, die man morgens erreichen kann. Das macht unglaublich viel Spaß.

Der Moderator im MoMa-Studio. (Foto: ZDF/Renno Krähahn)

Das ist eine sehr schöne und positive Seite Ihres Berufs, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die nicht so erfreut sind, wenn Sie mal schlechtes Wetter vorhersagen. Passiert das oft?

Benjamin Stöwe: Die Menschen freuen sich, wenn es dann doch besser wird, als wir es morgens haben abschätzen können. Aber ja klar, es gibt auch Leute, die sich beschweren, wenn das Wetter nicht genauso eintrifft, wie wir es vorhergesagt haben. Das ist ganz normal. Die meisten Menschen haben aber Verständnis dafür, wenn wir ihnen antworten und erklären, wie es zu den Differenzen zwischen Wetterbericht und wirklichem Wettergeschehen kam. Hinzu kommt, dass jeder Mensch Wetter ganz anders wahrnimmt. Jeder Landwirt würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn es jeden Tag 35 Grad warm wäre und nicht mehr regnen würde – dann leben wir hier irgendwann in der Wüste. Neulich hatten wir es mit ziemlich stürmischen Verhältnissen zu tun an den Küsten. Wir haben dann Zuschauer-Feedback bekommen, dass an der Küste davon aber gar nichts angekommen sei. Wir haben dann nochmal nachgeschaut und gesehen, dass es an dem Tag durchaus Windgeschwindigkeiten von über 100 Kilometer pro Stunde gab. Aber jemand, der an der Küste lebt, ist solche Windgeschwindigkeiten wahrscheinlich gewöhnt.

Ich möchte Sie natürlich auch auf Ihren manchmal ausgefallenen Kleidungsstil ansprechen …

Benjamin Stöwe: (lacht) Ich finde das gar nicht so extrem. Das ist wie beim Wetter, das ist davon abhängig, was man selbst gut findet oder was man von sich selbst gewöhnt ist. Die Überraschung bei mir hält sich natürlich in Grenzen (lacht), aber ich staune immer darüber, was das bei anderen auslöst. Die Pullover, die ich in der Weihnachtszeit trage, sind sogar teilweise von den Zuschauern. Wir haben vor ein paar Jahren damit angefangen, die Pullover zu tauschen – so ist daraus ein kurioser Fundus geworden. Einige sprechen von hässlichen Pullovern – ugly Sweater sagt man – aber ich finde die ehrlicherweise gar nicht hässlich. Das sagt vielleicht mehr über mich aus, als über die Leute, die das schreiben (lacht). Es gibt so viel Tristesse auf der Welt und gerade das Wetter lebt in diesem Spannungsverhältnis zwischen den Nachrichten und dem Aufmacher der Sendung und das sind ja leider meist keine heiteren Themen. Auch das Wetter ist nicht immer heiter. Aber wenn es Tage gibt, an denen das Geschehen es zulässt, an denen wir noch ein bisschen Lebensfreude transportieren können, glaube ich und hoffe ich, dass jeder für meine auffälligen Pullover und Shirts dankbar ist. Ich tausche übrigens weiterhin gerne!

Ich habe vor unserem Gespräch über Sie recherchiert, aber gar nicht mal so viel gefunden. Was machen Sie eigentlich, wenn Sie nicht das Wetter moderieren oder Synchronsprechen?

Benjamin Stöwe: Meine Berufe sind auch meine Hobbys und ich bin jeden Tag dankbar dafür, dass ich das so machen kann. Weder beim Fernsehen noch im Synchronstudio fühlt es sich für mich nach Arbeit an. Wenn ich das nicht mache, bin ich viel zu Hause, ich bin viel bei meiner Familie. Aber ich arbeite auch sehr gerne. Dadurch, dass ich meine Arbeit schon immer mit großer Begeisterung getan habe, könnte ich es mir gar nicht besser wünschen als in der aktuellen Konstellation.

Als Journalist stellen Sie lieber die Fragen. Welche Frage würden Sie sich selbst in einem Interview stellen?

Benjamin Stöwe: Es ist nicht die originellste Frage der Welt, aber die Antwort ist ehrlich: „Bist du mit dem, was du machst, und bist du so, wie du lebst, glücklich?“ Dann würde ich sagen: Ja!