Netflix, Tiktok und die Tagesschau

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Fernsehen: Klassisch oder digital? (Foto: Freepik)

„Habt ihr die aktuelle Staffel von Homeland schon gesehen?“, fragt Elli in die Runde. „Ach, schon lange! Ich krieg‘ im Moment gerade nicht genug von Black Mirror! Geniale Serie, kann ich nur empfehlen“, entgegnet Günther. „Das läuft aber auf Netflix, oder?“, fragt Paula nach, „ich hab‘ doch nur Prime. Deswegen konnte ich auch Suits noch nicht sehen. Ich sollte mir doch endlich mal einen Account anlegen.“

Elli grübelt: „Eigentlich hab‘ ich ja gar keine Zeit mehr, die ganzen guten Serien und Filme zu schauen, ich bin ja gerade total im Podcast-Fieber. Der Böhmermann – ich könnt‘ mich jede Woche totlachen über den. Auf meiner Podcast-Warteschlange bei Spotify wartet noch 40 Stunden Material für mich. Ich komm‘ gar nicht hinterher. Wie macht ihr das?“

„Oh ja! Das kenne ich. Podcasts kann man aber ja wenigstens hören, während man noch was anderes arbeitet … also … nicht im Büro natürlich …“, Günther stockt ein bisschen, als er den Blick von Herrn Schmidt sieht, „ich höre das immer Zuhause, wenn ich die Küche sauber mache … Na ja, jedenfalls geht das mit den Filmen und Serien ja nicht. Die schau‘ ich dann immer erst abends oder nachts.“ Er gähnt. Paula stimmt zu: „Mir geht‘s ähnlich. Und dann will man ja auch informiert sein! Ich guck jeden Abend noch kurz bei Twitter und Facebook, was auf der Welt gerade so los ist. Und zack – so eine Stunde ist schnell vorbei! Und dann hab‘ ich ja immer noch nicht meinen Instagram-Account gecheckt und die ganzen WhatsApp-Nachrichten beantwortet. Apropos! Habt ihr den Status von unserer Pratikantin gestern auch gesehen? So süß!“

Herr Schmidt schüttelt seit Gesprächsbeginn den Kopf. Sein Gesichtsausdruck vermittelt irgendetwas zwischen Verwirrung und Überforderung und als Elli gerade das Stichwort TikTok in die Runde wirft, bricht er sein Schweigen: „Wovon redet ihr bitte? Man kann bei WhatsApp etwas anderes machen als Nachrichten verschicken? Und ich kenne die ganzen Fernsehprogramme überhaupt nicht, von denen ihr redet!“

„Streamingdienste meinst du. Schaust du etwa noch ganz klassisches, lineares Fernsehen?“, Elli rollt ein wenig mit den Augen.

„Wenn das bedeutet, dass ich mich ans Programm in der Fernsehzeitschrift halte: dann ja. Was ist daran falsch?“, fragt Herr Schmidt.

„Nichts. Es ist nur … selten geworden. Dass es so etwas noch gibt! Was ist mit Podcasts, Twitter …? Wie informierst du dich denn? Wie kannst du auf dem Laufenden bleiben?“, fragt Elli zurück.

„Da gibt es etwas, das sich ‚tagesschau‘ nennt. Das kommt jeden Abend um 20 Uhr. Und – haltet mich für verrückt – morgens lese ich Zeitung!“, der sarkastische Unterton ist nicht zu überhören, „einmal wollte meine Frau was ganz Modernes machen, als wir Sonntagabends erst um 20.25 Uhr auf der Couch waren. Sie wollte den Tatort über die Mediathek anschauen.“

„Wollte?“, die Kollegen schauen ihn gespannt an. „Das Internet war zu schwach. … Ja, die Digitalisierung kriegt jeden. Es sei denn, man lebt in der deutschen Provinz.“